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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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klein erschienen war. »Sie muss jünger sein«, sagte Lucia. »Wie alt ist sie?«
    »Neun.«
    »Und wie heißt sie?«
    »Sophie. Sie heißt Sophie.«
    Lucia nickte. Der Name gefiel ihr, aber sie verkniff es sich, ihm das zu sagen.
    »Also, wie gesagt«, fuhr Elliots Vater fort, »ich arbeite hier. Ich muss hier arbeiten. Wenn wir aus London wegziehen könnten, würden wir es tun, aber wir können es uns nicht leisten. Und weil wir nicht wegziehen können, müssen wir uns eben hier so gut wie möglich einrichten.«
    »Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Immobilien. Die öffentliche Infrastruktur. Schulen, Detective. Es gibt nicht gerade viele Alternativen, also machen wir das Beste aus dem, was wir zur Auswahl haben.« Er machte eine Pause und seufzte. »Es ist eine gute Schule. Die Rankings, die Tabellen: Verglichen mit den Alternativen ist es die beste, die wir ihm ermöglichen konnten. Deshalb haben wir im Einzugsbereich ein Haus gekauft. Elliot zuliebe. Elliot und auch Sophie zuliebe.«
    »Sophie? Aber Sie sagten doch, sie wäre neun. Das sagten Sie doch, oder?«
    »Sie ist erst neun, aber sie wird ja älter. Das ist bei Kindern so, Detective.«
    Lucia ignorierte den spöttischen Unterton in seiner Stimme. Sie tippte mit dem Fingernagel an ihren Becher.
    »Sie planen einen Trägerwechsel«, fuhr Elliots Vater fort, jetzt weniger aggressiv. »Die Schule. Wussten Sie das? Es ist die Rede von privaten Geldgebern, mehr Autonomie. Sie ist in irgendein Regierungsprojekt eingebunden.«
    »Ein Projekt?«, fragte Lucia. »Was für ein Projekt?«
    »Es nennt sich Pfadfinder-Projekt. Eine öffentlich-private Kooperation. Die Schule ist eine der ersten. Sie ist also die beste, die uns zur Verfügung steht, und sie wird sogar noch besser. Und selektiver. Sie werden sich die Schüler aussuchen können. Wenn wir Elliot runternehmen, haben wir keine Garantie, dass Sophie aufgenommen wird.«
    Lucia schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
    »Weil sie Geschwister sind. Wenn der Bruder schon an der Schule ist, müssen sie die Schwester auch aufnehmen.«
    »Das meine ich nicht«, entgegnete Lucia. »Ich meine, ich verstehe nicht, warum Sie das wollen. Fachlich gesehen, ist es eine gute Schule. In Ordnung. Aber Ihr Sohn wurde angegriffen. Er wurde zusammengeschlagen, mit dem Messer verletzt und gebissen. Warum sollten Sie auch noch Ihre Tochter dort hinschicken wollen?«
    Elliots Vater legte die Hand auf den Nasenrücken. Seine ohnehin schon blutunterlaufenen Augen, unter denen sich dunkle Ringe abzeichneten, glänzten jetzt. Er kniff sie zusammen, öffnete sie dann weit und wischte eine einzelne Träne weg.
    »Wir dachten halt …«, sagte er und stockte. Er räusperte sich. »Wir dachten, nach dem, was passiert ist. Ich meine, der Junge, der gestorben ist, der von dem Lehrer erschossen wurde. Das war ja einer von denen. Ich weiß, ich weiß: Niemand hat etwas gesehen. Aber jeder kannte ihn, nicht wahr?«
    »Donovan«, sagte Lucia. »Donovan Stanley.«
    Elliots Vater nickte. »Wir wollten es ja erst nicht tun. Ihn da wieder hinschicken, meine ich. Aber nach dem, was passiert ist … Wir dachten, es hätte jetzt ein Ende.«
    »Sie dachten, er wäre in Sicherheit.«
    Wieder nickte er, diesmal nachdrücklich. »Und als wir uns dann die Alternativen angesehen haben, Detective. Die anderen Schulen. Manche von denen … Das wollte man einfach nicht. Das ging einfach nicht. Und da war ja natürlich noch Sophie. Wir mussten ja auch an Sophie denken.«
    Fresse haltn, du spast, sonst fickn wa dich. LOL
    »Schnittwunden. Blutergüsse. Nichts, was nicht auch beim Fußball hätte passiert sein können.«
    »Hat er denn Fußball gespielt?«
    »Nein. Aber darum geht es jetzt nicht.«
    »Worum geht es denn?«
    »Es war nichts Ernstes, darum geht es.«
    »Sie haben also nichts unternommen?«
    »Doch! Herrgott noch mal. Für wen halten Sie uns eigentlich? Natürlich haben wir etwas unternommen.«
    »Was denn?«
    »Zuerst einmal haben wir mit Elliot geredet. Und wir haben mit der Schule geredet.«
    »Was hat Elliot gesagt?«
    »Nichts. Aus ihm war nichts herauszubekommen. Das heißt, er hat gesagt, er wäre hingefallen.«
    »Und in der Schule? Mit wem haben Sie da gesprochen?«
    »Mit dem Direktor. Ich habe mit ihm gesprochen. Ich habe ihm erzählt, was unserer Meinung nach vorgefallen ist. Und ich habe ihn gebeten, ein Auge auf Elliot zu haben.«
    »Und was hat der Direktor gesagt?«
    »Er meinte, ich solle mir keine Sorgen

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