Ein toter Taucher nimmt kein Gold
haben jetzt Harpunen …«
»Drei Meter entfernt«, sagte Ellen.
»Wenn Sie es geschafft haben, komme ich auch hin, und wenn der Teufel selbst Wache hält! Aber wir sollten Blut vermeiden – das ganze Rudel kommt sonst zurück. Was die zwei verspielten Burschen hier wollen, ist mir schleierhaft. Wenn sie unbedingt töten wollten, hätte auch die Säge sie kaum abgeschreckt. Auf keinen Fall bei Ihnen, Ellen.« Chagrin wurde sehr ernst. »Bei Hans war's noch die Überraschung vor dem neuen Ton unter Wasser, bei Ihnen hatten sie sich schon daran gewöhnt. Ellen, Sie sind neben dem Tod hergeschwommen …«
Und sie antwortete leise: »Ich hatte auch Angst wie nie in meinem Leben. Selbst damals nicht …«
Damals – damit meinte sie die Sache mit den alten Sauerstoffflaschen. Chagrin ging nicht weiter darauf ein, zum als sich gerade jetzt Pascale von oben meldete.
»Hallo! Hallo! Antwort!«
»Wir sind ganz Ohr, du Aas!« sagte Chagrin, bevor Damms etwas rufen konnte.
»Hans ist wieder auf den Beinen. Aber wacklig. Er übernimmt das Mikrofon …«
Und dann Faerbers Stimme, kaum verständlich:
»Ellen … Ellen …«
»Ja, Liebling«, antwortete sie.
»Alles in Ordnung?«
»Alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen. Wie geht es dir?«
»Wie geht es euch? Das ist wichtiger. Ich atme – das ist das Herrlichste, was es auf dieser Erde gibt.«
»Wir kommen gleich 'rauf, Hans«, sagte Chagrin. »Ellen zuerst. Dann fahr drei Meter vor und laß den Käfig langsam herab. Bring ihn so nahe wie möglich an das Loch heran.«
»Ich fahre sofort, René.«
Die Verbindung wurde unterbrochen. Faerber manövrierte das Schiff drei Meter vorwärts. Der große Drahtkäfig schleifte über den Boden und kam einen halben Meter vor dem Ausstieg zum Stehen. Chagrin, der das Manöver beobachtete, war zufrieden.
»Bravo!« rief er nach oben. »Den ziehen wir jetzt 'ran und steigen ein wie in einen Fahrstuhl. Das war Maßarbeit, Hans!«
Die Haie blieben im Hintergrund. Neugierig, lauernd, abwartend. Im Käfig ratterte die Elektrosäge. Chagrin zog den Käfig an das Loch heran und wandte den Kopf zurück.
»Mademoiselle, bitte einsteigen.« Er half ihr aus dem Ausstieg und zog die beiden Harpunen aus dem Korb. Dann stopfte er die leeren Sauerstoffflaschen in den Käfig und gab an Faerber das Signal zum Hieven.
Eine halbe Stunde später saßen sie alle unter dem Sonnensegel und tranken eisgekühlten Fruchtsaft. Die Hitze war mörderisch, das Meer dampfte.
In dem kleinen Boot vor der Küste saß das Halbblut Paulus und meldete durch sein Walky-Talky an Pedro Dalingues: »Sie haben nur sich selbst aus dem Meer geholt. Jetzt sitzen sie herum, trinken und faulenzen. Was soll ich tun?«
»Zehn Rosenkränze beten, du Schafskopf!« schrie Pedro. Ihm war es unbegreiflich, was die da draußen eigentlich taten. Vielleicht hatte Santilla doch recht: Es war nicht mehr zu holen als ein paar Taucherausrüstungen. Ein mieses Geschäft, so beschissen wie die ganze Sumpfgegend von Quintana Roo.
»Wir haben heute gesehen, daß wir aufeinander angewiesen sind«, sagte Chagrin. »Auch auf dich, Pascale. Jeder von uns lebte schon nicht mehr, wenn es den anderen nicht gegeben hätte. Das sollten wir nie vergessen, solange wir zusammenbleiben …«
Das sagte ein Mann, der nichts anderes als Mord im Sinn hatte. Er wartete nur ab, bis seine Zeit gekommen war …
Die Haie blieben.
Sie betrachteten sich als Gäste, jagten ihre Beute woanders und kamen dann zurück wie treue Jagdhunde. Sie umkreisten die Nuestra Señora, beäugten mit ihren kleinen, gefährlichen Augen jede Bewegung im Wasser und sorgten für ständige Spannung.
Faerber unterbrach das Tauchen für Tage, bis Damms seine Skizze angefertigt hatte. Was dabei herauskam, war eine schöne Zeichnung einer unter Wasser auseinandergebrochenen und vom Sand begrabenen spanischen Karavelle mit genauen Maßangaben und einigen roten Kreisen im Heck. Jeder wußte, was die roten Kringel bedeuteten.
4,5 Milliarden Mark!
Chagrin beugte sich über die Skizze und betrachtete sie lange. Dann sagte er: »Nach dieser Rekonstruktion gibt es also einen Durchgang von den Laderäumen zum Heck und den Luxuskabinen.« Er strich mit dem Zeigefinger über die Zeichnung. »Hier war der Kommandantenraum. Darunter die Offizierskajüten. Neben dem Kommandanten die Räume von Ehrengästen. Fuhren keine mit, hatten besonders wertvolle Gold- oder Juwelenkisten die Ehre, Erster Klasse zu segeln. Wenn es uns also gelingt,
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