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Ein toter Taucher nimmt kein Gold

Ein toter Taucher nimmt kein Gold

Titel: Ein toter Taucher nimmt kein Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durch die unteren Laderäume nach oben zu kommen – oder, da das Heck abgeknickt ist und tiefer im Meeresboden liegt, schräg nach unten weiter vorzustoßen –, müssen wir zwangsläufig an den Schatz gelangen.«
    »Und der Schatz ist da«, sagte Damms mit der Ruhe des Gelehrten, der einen Vortrag hält. »Er hatte keine Möglichkeit, wegzutreiben, er konnte nirgendwohin, er blieb im Heck und verschwand in einem völlig stillen Wasser, wo er versandete. Das Meer hat den Millionenschatz eingemacht.«
    »Dann los!« rief Chagrin fröhlich. »Öffnen wir das Einmachglas und essen wir die goldenen Trauben!«
    »Das Heck liegt in einer gefährlichen Schräglage«, sprach Damms weiter. »Es ist einem starken Druck ausgesetzt. Daß der ganze Holzbau gehalten hat, verdanken wir der völligen Bewegungslosigkeit des Wassers an dieser Stelle. Keine Strömung, keine Strudel. Die Jahrhunderte deckten es wie mit Daunen zu.«
    »Himmel! Er kann auch poetisch werden!« rief Chagrin. »Schlitzen wir das Federbettchen auf.«
    »Das werden wir.« Damms' Stimme blieb gleichförmig und ruhig. »Ich mache nur darauf aufmerksam: Wenn dort die Decke zusammenbricht, kommen einige hundert Tonnen Sand herunter. Da hilft auch eine Leine um den Bauch nicht mehr! Ist das klar?«
    »Ganz klar! Wir wußten im voraus, daß die spanischen Konquistadoren uns keinen gedeckten Tisch servieren.« Chagrin schob die Skizze zu Faerber hinüber. »Aber es ist doch zu schaffen?«
    »Auf den Mond zu fliegen ist schwieriger.« Damms rollte das Blatt zusammen, wie früher die Briefe zusammengerollt wurden. 1540. Ein Herrschaftsjahr Karls V. Des stolzen Königs der Spanier, in dessen Land die Sonne nie unterging … »Und die Haie?« fragte er.
    »Wir werden vom Käfig aus arbeiten«, sagte Faerber. »Er setzte genau neben dem Einstieg auf, und das wird er immer. Vom Käfig ins Schiff und zurück – das ist ein sicherer Weg.«
    »Arbeit hinter Gittern.« Chagrin lachte rauh. »Leute, werdet bloß nicht abergläubisch!«
    Am nächsten Morgen begann die neue Phase der Bergung. Zuerst ging Faerber mit dem Korb hinunter, dann folgten drei Ersatzatmungsgeräte, Werkzeuge, Waffen, Leinen. Die Transportstahlnetze und vier Greifer sanken an den kleineren Winden ins Meer und wurden unten von Faerber neben dem Einstieg ins Schiff verankert. Erst als alles Material auf dem Meeresboden war und Chagrin glaubte, nichts vergessen zu haben und für alle möglichen Vorfälle abgesichert zu sein, ließen sich Damms und er in die Tiefe kurbeln. Ellen und Pascale bedienten die Motorwinden und das Funkgerät; nichts zeigte an, daß ihr Haß noch unter der Oberfläche schwelte, daß sie nur einen Waffenstillstand geschlossen hatten.
    Sie lagerten alle Geräte in der Totenkammer. »Von denen klaut keiner mehr etwas«, sagte Chagrin. Er war in Hochstimmung. Jetzt lief alles so, wie er es sich vorgestellt hatte. Sogar die Haie waren nur noch Statisten. Faerber hatte, wie vereinbart, das Kommando übernommen und schwamm durch den Vorraum hinter dem Mannschaftsraum zur Treppe, die hinunter zu den Laderäumen führte. Er hielt den großen runden Scheinwerfer vor sich und beleuchtete eine Welt, die vor 432 Jahren versunken war.
    Die unteren Türen waren eingedrückt. Hier lagen die Skelette verstreut herum, Flüchtende, die die Treppe nach oben nicht mehr erreicht hatten. Die Ladung, lauter Fässer, war weggefault. Nur einzelne Metallringe bewiesen, daß hier Fässer gelagert worden waren. In der Ecke fand Damms ein morsches Brett. Spanische Eiche. Auch er wußte nicht, was in den Fässern gewesen war. »Vielleicht Gewürze«, sagte er. »Samen. Oder Zuckerrohrschnaps. Auf jeden Fall Ware, die die Jahrhunderte nicht überstanden hat.«
    Sie schwammen in den großen Laderäumen herum und begegneten seltsamen, fahlen, farblosen Fischen, Riesenmaden gleich. Bewohner der ewigen Dunkelheit. Woher sie kamen, untersuchten sie nicht. Irgendwo mußte ein Einschlupf sein, vielleicht in den Kanonenscharten, aus denen die Eisenrohre beim Untergang des Schiffes herausgerissen worden waren. Dann – nachdem sie drei hallenartige Räume durchschwommen hatten – kamen sie an die Stelle, die Damms eingezeichnet hatte.
    Dort war das Heck in den sich senkenden Meeresboden abgeknickt. Faerber blieb stehen und leuchtete in das schräg abfallende Dunkel hinein. Ein breiter Gang, die Verbindung zu den Staatsräumen der Zephyrus.
    »Gratuliere, Peter«, sagte Chagrin ehrlich. »Ihre Skizze ist fast

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