Ein Traum in roter Seide
würde er sie von vorn sehen. Sie konnte nicht vergessen, dass er auf dem Bett lag und bei ihrem Anblick bestimmt darüber nachdachte, wie er sie geliebt hatte. Sie erinnerte sich an seine leidenschaftlichen Worte. Sie versetzten sie in eine ganz andere, ihr bisher unbekannte Welt, die ihr seltsam dunkel und erotisch vorkam.
„Halt dich an mir fest, Liebes. Lass mich nicht los ... O ja, Kleines, ja
... So ist es gut... Beweg du dich jetzt... O ja ... Wunderbar ... Mach weiter ... Oh, mach weiter ..." So und so ähnlich hatte es sich angehört.
Als sie ihr rotes Kleid aus dem Schrank nahm, zitterte ihre Hand.
Michelle fühlte sich sehr verletzlich, und sie musste sich praktisch zwingen, das Kleid nicht anzuziehen, sondern es sich mit gelassener Miene über die Schulter zu legen.
„Ich dusche rasch", verkündete sie und warf Tyler einen kur zen Blick zu, ehe sie zur Tür ging.
„Soll ich dir in der Zwischenzeit einen Kaffee machen?" fragte er.
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Sie blieb auf der Türschwelle stehen und sah ihn an. Er hatte sich auf dem Bett aufgerichtet und musterte Michelle nachdenklich und neugierig. Plötzlich konnte sie ihm nichts mehr vorspielen. Ihr ohnehin nur schwaches Selbstvertrauen bot ihr keinen Halt, und sie musste sich am Türrahmen festhalten. O nein, was dachte er wohl jetzt? An was erinnerte er sich? Was wollte oder erwartete er?
„Nein, nicht nötig", erwiderte sie angespannt. „Ich mache mir selbst einen, sobald ich fertig bin."
„Weglaufen hilft nicht, Michelle", erklärte er ruhig. „Es ist passiert, und es war herrlich."
Michelle versteifte sich. Sie beschloss, seine Bemerkung zu ignorieren. Sie konnte sich sparen abzustreiten, dass sie fantastischen Sex gehabt hatten. Aber sie wollte es auch nicht zugeben, denn Tyler brauchte keine Streicheleinheiten. Er war auc h so schon viel zu sehr von sich überzeugt.
„Ich weiß genau, was passiert ist", antwortete sie. „Ich habe auch nicht vor wegzulaufen, sondern will nur duschen."
„Und danach?"
„Möchte ich frühstücken. Anschließend kannst du dich anziehen und nach Hause fahren. Dann können wir beide hoffentlich da weitermachen, wo wir vorgestern aufgehört haben."
Er lachte auf. „Und wo genau haben wir aufgehört?" fragte er leicht gereizt. „Wollen wir weiterhin so tun, als wären wir nur Freunde?
Wollen wir uns wieder die ganze Zeit streiten und das Knistern zwischen uns ignorieren, das immer da war?"
Sekundenlang war Michelle verblüfft. Doch als sie über seine Worte nachdachte, musste sie zugeben, dass er teilweise Recht hatte. Sie war sich seines Sex-Appeals immer sehr bewusst gewesen. Und vielleicht hatte sie ihn auch aus einer gewissen Eifersucht heraus immer wieder angegriffen und beleidigt.
„Die vergangene Nacht hat mir bewiesen, dass es stimmt", fuhr er fort, ehe sie antworten konnte. „Du hast mich genauso begehrt wie ich dich, Michelle. Ich habe dich schon immer be gehrt, das habe ich dir gesagt. Ich meine es ernst."
„Warum?" Sie wollte jetzt die ganze Wahrheit wissen.
Er zuckte die Schultern. „Wer kann schon erklären, weshalb zwei Menschen sich zueinander hingezogen fühlen? Vom ersten Moment 68
an habe ich dich ungemein sexy gefunden. Und das bist du auch, wie sich herausgestellt hat." Er lächelte. Dann stand er auf und ging auf sie zu.
„Nein, normalerweise bin ich nicht so." Sie bekam Herzklopfen.
„Jedenfalls bist du es bei mir." Er packte sie an den Schultern. Und als sie zu ihm aufsah, senkte er den Kopf und küsste sie auf die Lippen.
Ja, er hat Recht, er gibt mir das Gefühl, sexy zu sein, dachte sie, während eine erregende Wärme ihren Körper erfasste.
„Wir können nicht so tun, als wäre nichts geschehen, Michelle", sagte er. „Es sollte kein One-Night-Stand sein, und ich werde nicht zulassen, dass es einer wird."
„Nein", stimmte sie wie betäubt zu.
„Wir werden uns weiterhin sehen. Ich werde mit dir zum Essen und zum Tanzen gehen, ins Theater und auch wieder ins Bett. Du sollst wieder Freude am Leben haben."
„Freude?" wiederholte sie verständnislos.
„Ja. Weißt du noch, was das ist?"
„Ich..."
„Es wundert mich nicht, dass du es nicht mehr weißt." Er zog die Worte in die Länge. „Kevin hat dir jede Freude genommen. Ich werde dafür sorgen, dass dir das Leben wieder Spaß macht, oder ich will nicht mehr Tyler Garrison heißen!"
Michelle blickte ihn schweigend an. Sie konnte sich vorstellen, dass es Spaß machen würde, mit Tyler zusammen zu sein, wenn sie sich
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