Ein Traummann auf Mallorca
sich in sein Haus holte, ohne sich zumindest in groben Zügen über ihre Vergangenheit erkundigt zu haben …
Aber was, wenn nicht?
Eine Konfrontation zwischen Javier Santiago und ihrem Vater war jedenfalls das Letzte, wonach ihr im Augenblick der Sinn stand. Zumal Graham in seinem derzeitigen Zustand vermutlich kaum in der Lage sein würde, sich gegen Javier zu behaupten. Außerdem wollte sie nicht, dass ihr Vater erfuhr, dass sie ausgerechnet für seinen Erzrivalen arbeitete. Die beiden Männer mochten einander nicht besonders gut kennen, aber eines wusste Charlene genau: Graham würde furchtbar wütend reagieren, wenn er die Wahrheit herausbekäme.
Er würde die Tatsache, dass sie für Javier Santiago arbeitete, als Verrat bewerten. Was einem Vernichtungsschlag gleichkam – jedenfalls für das zarte Pflänzchen des Zutrauens, das sich in den vergangenen Wochen zwischen ihnen entwickelt hatte.
Trotzdem lehnte sie nicht ab, als sie kurz darauf das Haus erreichten und Javier ihr die Beifahrertür seines Wagens aufhielt. „Steig ein, Charlene“, befahl er sanft. „Und keine Sorge, heute Nachmittag bin ich nur dein Fahrer und deine moralische Unterstützung – nicht dein Chef!“
Während der Fahrt nach Palma erwähnte er das, was am Strand zwischen ihnen vorgefallen war, mit keinem Wort. Dennoch gelang es Charlene nicht, sich einzureden, dass der Kuss ohne Folge bleiben würde. Ein deutliches Zeichen war, dass Javier ganz von selbst zum vertraulichen Du übergegangen war. Noch viel deutlicher aber signalisierte ihr das heftige Hämmern ihres Herzens, das jedes Mal einsetzte, wenn sie ihn ansah, dass sich etwas verändert hatte.
Sie unterdrückte ein Stöhnen. In was für eine Situation hast du dich da bloß wieder hineinmanövriert?
7. KAPITEL
„Ah, Señorita Beckett!“ Die Krankenschwester, die Charlene ansprach, als Javier und sie eine halbe Stunde später die Station betraten, lächelte beruhigend. „Ihr Vater ist gerade bei einer Untersuchung. Aber machen Sie sich keine Sorgen; es geht ihm bereits wieder besser. Die Ärzte sind zuversichtlich, dass die verabreichten Antibiotika die Infektion schnell in den Griff bekommen, auch wenn wir das Ergebnis der Untersuchung abwarten müssen, um Genaues sagen zu können. In etwa zwei Stunden wissen wir mehr.“
Charlene nickte. Sie konnte froh sein über die Nachricht, dass es Grund zu vorsichtigem Optimismus gab. Doch all die Enttäuschungen und Rückschläge in der Vergangenheit hatten sie vorsichtig gemacht. Sie glaubte immer erst dann, dass alles gut werden würde, wenn sie sich mit eigenen Augen davon überzeugt hatte.
„Wollen wir nach draußen gehen und uns ein wenig die Beine vertreten?“ Javier legte ihr den Arm um die Schultern. „Hinter dem Gebäude gibt es einen hübschen kleinen Park. Dort lässt es sich sehr viel angenehmer warten als hier drinnen.“
Es war ein tröstliches Gefühl, Javier so nah zu sein. Die Wärme seines Körpers vertrieb die eisige Kälte, die von ihr Besitz ergriffen hatte.
Sie fuhren mit einem der Fahrstühle nach unten, doch anstatt zum Haupteingang hinauszugehen, folgten sie einem Korridor, der einmal quer durch das ganze Gebäude führte und mit einer schweren Stahltür abschloss. Als Javier sie ihr aufhielt, stockte Charlene der Atem.
Damit hatte sie nicht gerechnet.
„Na, habe ich zu viel versprochen?“, fragte Javier lächelnd.
Ungläubig staunend blickte Charlene sich um. Vor ihr erstreckte sich ein bezaubernder Rosengarten. Ein murmelnder kleiner Bach, der im Sonnenlicht glitzerte, wand sich mitten durch die Anlage, und der schwere, süße Duft der zahllosen Blüten erfüllte die Luft. Prachtvoll leuchtende Schmetterlinge flatterten umher. Die Palette ihrer Farben reichte von kräftigem Sonnengelb über zartes Rosé bis hin zu feurigem Rot. Im Hintergrund konnte man die spitzen Türme der Kathedrale von Palma sehen, die sich sandfarben gegen den blauen Sommerhimmel abhoben.
„Das ist … überwältigend“, stieß Charlene ergriffen hervor. Neugierig schaute sie Javier an. „Wie kommt es, dass du dich hier so gut auskennst?“
Sie merkte sofort, dass ihre Frage ein Fehler gewesen war. Javiers Miene verdüsterte sich. „Sagen wir, ich bin öfter hier gewesen. Zu oft, um ehrlich zu sein …“
Am liebsten hätte Charlene sich für ihre Taktlosigkeit geohrfeigt. Sie wusste doch, dass seine Frau sehr jung gestorben war, auch wenn sie über die Umstände ihres Todes keine Kenntnisse hatte. Deshalb
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