Ein Traummann zum verzweifeln
umgehen als mit Wut. Daisy holte einmal tief Luft und schluckte beide Gefühle hinunter.
Der Mann hatte ja Recht, es war noch alles an ihm dran. Ihn anzuschreien und ihm vorzuhalten, was alles passieren hätte können, wäre zwar befriedigend, aber es würde sie letztendlich nur wie eine Freundin oder so etwas aussehen lassen. Sie streckte das Kinn vor. »Du hast mich engagiert, um dich zu schützen. Das kann ich nicht, wenn du ständig ohne mich wegläufst.«
»Was heißt hier ›ständig‹, Daisy? Das war einmal.« Er hob sie plötzlich auf die Arme, doch sie machte sich stocksteif und weigerte sich einzulenken. Als er an dem kleinen Dielentisch vorbeischritt, ging er in die Knie. »Nimm deine Kanone. Ich weiß doch, wie ungern du dich von ihr trennst.«
Sie nahm sie an sich. »Was ist denn nun in der Mappe?«, verlangte sie erneut zu wissen. Sie grapschte danach, klammerte sich dann aber schnell an seinen Hals, als er sie einmal schnell im Kreis herumdrehte. »Lass mich runter, du Idiot.«
»Ich denk nicht dran. Ich mag das Gefühl, dich in meinen Armen zu haben.
Mann. Sie wünschte, er würde solche Sachen nicht sagen. Das erinnerte sie zu sehr an ihre Gefühle in der High-School-Zeit.
Er ließ sich mit ihr auf dem Schoß auf die Couch plumpsen. Unter ihren bloßen Beinen spürte sie die Struktur seiner abgewetzten Jeans. »So«, sagte er. »Du willst also sehen, was hier drin ist, hm?« Er wedelte mit der Mappe vor ihrer Nase herum.
»Ja-a. Ich möchte echt gerne wissen, was du für so wichtig hältst, dass du dafür Kopf und Kragen riskierst?«
Er übergab ihr die Mappe ohne weiteren Kommentar.
Sie warf ihm einen neugierigen Blick zu und löste das Gummiband, das zwischen zwei flachen Knöpfen wie eine Acht um die Mappe geschlungen war. Sie öffnete beide Klappen und starrte auf eine Dreizehn-mal-achtzehn Schwarzweißfotografie von ... »Oh!«
Ihr. Es war eine Porträtaufnahme. Und zwar kein Foto, das sie in all ihrem Glamour vom Abend zuvor zeigte, sondern ein Foto, das ihr Alltagsgesicht einfing – nur viel ausdrucksstarker. Es war eine Sie, die nur aus Schatten und Augen bestand, mit einer aparten ausdrucksvollen Wangenpartie, ein Gesicht – ganz Mysterium. Es war eine Frau, die so viel interessanter aussah, als sie, wie sie wusste, in natura wirkte. Selbst ihre Nase, die ihr gelegentlich Minderwertigkeitskomplexe bescherte, sah genauso aus wie sie sein sollte – und war kein Stückchen zu groß.
»Oh, Nick, das ist so ...« Ratlos fuhr sie sanft mit dem Finger über die Erhebungen und Vertiefungen ihres Konterfeis. Es wirkte so lebensecht, dass sie kaum fassen konnte, dass es nur zweidimensional war. Dann merkte sie plötzlich, wie still Nick hinter ihr war und wie angespannt sein bloßer Arm, mit dem er ihr den Rücken abstützte. Sie suchte seinen Blick. »Fantastisch. Das ist einfach fantastisch. Unglaublich.«
»Ja?« Er stieß den Atem aus, als ob er sich tatsächlich über ihre Reaktion Sorgen gemacht hatte. »Das war von allen Fotos mein Lieblingsbild, aber man weiß nie genau, welches Bild der abgelichteten Person gefallen könnte und welches sie womöglich furchtbar findet.«
Seine Unsicherheit berührte sie, denn er musste einfach wissen, wie besonders das Foto war. »Es gefällt mir sehr. Danke.« Sie neigte schon den Kopf, um ihm zur Bestätigung einen Kuss auf die Lippen zu drücken, verharrte dann aber mitten in der Bewegung und lehnte sich wieder zurück. »Das war wirklich eine tolle Überraschung«, gab sie zu, um ihn sogleich scharf zu fixieren. »Aber geh nicht wieder ohne mich in dein Labor.« Sie öffnete noch einmal die Mappe und bewunderte die Fotografie aufs Neue.
Er ließ seine Hand über ihren nackten Oberschenkel bis zum Bund des Pullovers gleiten. »Yes, Ma’am.«
Sofort griff sie nach seinem Handgelenk, um einen Übergriff in sehr persönliches Terrain zu verhindern. »Du lieber Gott, Coltrane«, fragte sie, »kannst du an nichts anderes denken?«
»Wenn ich eine halb nackte Blonde im Arm habe?« Er gab ein verächtliches Prusten von sich. »Aber in Ordnung -sprechen wir über theoretische Mathematik.«
Er wackelte mit den Fingern, und als seine Fingerspitzen dabei die weichen Locken ihres Schambeins streiften, fühlte sich das so gut an, dass sie unwillkürlich die Beine spreizte, um ihm freie Bahn zu verschaffen. Doch als sie merkte, was sie tat, presste sie die Oberschenkel sofort wieder zusammen, wodurch seine Hand allerdings genau dort eingequetscht
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