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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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hat dir wohl früher statt ihrer Brust die Grappaflasche in den Hals geschoben«, lästerte Kalle Rehmberg und kurbelte das Seitenfenster der Fahrertür herunter. »Italien und Europameister. Du spinnst wohl völlig!«
    »Was ich dir sage«, widersprach Fabio Capello energisch. »Du wirst sehen, die holen sich die Pokal.« Der Italiener hockte weit vorgebeugt auf dem Rand der Rückbank und gestikulierte so wild, dass Rehmberg kaum noch etwas von der Straße sah.
    »Halt die Flossen still«, befahl der Fahrer.
    »Ich tipp ja mehr auf England«, mischte sich Klaus Herder leise ein. »Die spielen ‘nen schönen Ball und kämpfen können die auch.«
    »Die Tommys?«, röhrte Rehmberg los. »Du bist ja noch bekloppter wie der Spaghettifresser. Sobald es wirklich um wat geht, kneifen die doch den Schwanz zwischen die Beine.«
    »Was ich doch sage«, stimmte Capello begeistert zu. »Und dann kann nur Italien gewinnen.«
    »Tinnef«, grunzte Rehmberg. »Den Pott holt nur einer und dat sind unsere Jungs. Wartet ab, der Knoten platzt noch. Deutschland war immer ‘ne Turniermannschaft, dat is auch psychologisch in die anderen drin. Wenn andere gegen uns spielen müssen, ham die schon die Hosen voll.«
    »Da hat man bei der letzten WM aber nichts von gemerkt«, stichelte Herder. »Dann haben die Kroaten unseren Jungs die drei Eier vor lauter Geschlotter ins Netz gesetzt.«
    »Junge, dat kannst du doch gar nicht vergleichen. Damals war noch der Berti Vogts am Ruder. Der Ribbeck kriegt dat schon hin, verlass dich drauf.«
    »Ah, hör auf«, meldete sich der Südländer wieder. »Matthäus fällt doch über eigene Beine und bei Spurt ist der langsam wie lahme Ente. Italien gewinnt, im Finale gegen Holland.«
    »Träum weiter«, grunzte Rehmberg und latschte auf die Bremse. »Spuckt in die Hände und legt los. Ich will pünktlich Feierabend machen.«
    »Die obligatorische jährliche Überstunde hast du ja schon geschoben«, nickte Herder, strich dann aber seine Schutzweste glatt und sprang aus dem Wagen. Capello zog seine Mütze tiefer in die Stirn und folgte seinem Kollegen.
    Das gute Wetter der letzten Tage hatte sich verabschiedet, der leichte Nieselregen legte sich wie ein feiner Schutzfilm auf die Haut der Männer, ein unangenehmer Wind fegte um die Ecken. Herder zog seine Weste zusammen und beeilte sich, in die erste Hauseinfahrt zu gelangen.
    »Kalle hat keine Ahnung«, setzte Capello die Unterhaltung aus dem Führerhaus fort.
    »Was meinst du, wie egal mir das ist«, sagte Herder, während er die erste Tonne aus der Halterung zerrte.
    »Du interessierst dich nicht für Fußball?«, staunte Capello.
    »Nicht die Bohne. Früher, da bin ich auch ins Stadion getigert, aber das ist doch was für den Eimer. Mindestens dreißig Eier für ‘nen vernünftigen Sitzplatz, wenn du dir nicht die Beine in den Bauch stehen willst, einen Heiermann für ein abgestandenes Pils und noch mal vier Mark für ein verkohltes Würstchen. Nee, danke, so viel Geld hab ich auch nicht. Und wenn du ganz viel Pech hast, kriegst du noch was auf die Schnauze. Das ist nichts mehr für mich.«
    »Aber die Atmosphäre«, schwärmte der Italiener mit verträumten Augen. »Einmal war ich in San Siro Stadion, in Milano. Mamma mia, das war toll!«
    »Spinner«, schnaubte Herder. »Du kannst noch zwanzig Jahre Tonnen rollen und verdienst nicht das, was diese Hampelmänner in einem Monat kassieren. Und dabei kriegst du glänzende Augen?«
    »Du das nicht verstehen«, seufzte Capello und griff endlich selbst nach einem Mülleimer.
    »Manchmal frage ich mich, ob es in Italien außer Fußballern und Machos noch menschliche Wesen gibt«, überlegte Herder mehr für sich selbst.
    »Wieso?«, grinste Capello. »Gibt es da einen Unterschied?«
    »Soweit ich weiß, kannst zumindest du kein Fußball spielen.«
    »Aber die Signoras«, erklärte Capello und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Letztes Wochenende, da hab ich eine kennen gelernt…«
    »Nein, Fabio, bitte nicht«, bettelte Herder ahnungsvoll. »Keine Geschichten über große Oberweiten oder unersättliche Blondinen. Die kauft dir doch eh kein Mensch ab.«
    »Du glaubst, ich erzähle Märchen?«, echauffierte sich Capello. »Kollega, schau mich an. Bin ich nicht ein Bild von eine Mann?«
    Herder kniff die Augen zusammen. »Höchstens ein Abziehbild. Wenn du ein richtiger Mann sein willst, musst du noch zwanzig Zentimeter wachsen.«
    »Viele Frauen stehen auf kleine Männer«, wischte Capello, der ohne

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