Ein Tropfen Blut
die Mordkommission Pause.
»Ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht«, grunzte Hofmann missmutig. »Weiß einer von euch, ob hier in der Nähe ein Café oder eine Bäckerei ist?«
»Sieh mich nicht so an«, sagte Gassel. »Die Zeiten sind vorbei.«
»Ich mein ja nur.« Hofmann schlug den Kragen seiner Jacke hoch.
»Ach, da kommt ja die Kavallerie«, murmelte Katharina.
Wielert drängte sich zusammen mit dem Gerichtsmediziner Brettschneider zwischen den verkeilten Fahrzeugen durch und checkte mit einem schnellen Blick die Situation.
»Da hätte ich mich ja gar nicht so beeilen müssen«, nickte er zu Begrüßung. »Alles im Griff?«
»Sicher«, antwortete Gassel. »Morgen, Herr Doktor.«
»Morgen zusammen«, knatschte der Exil-Bayer undeutlich. »Der Tag fängt ja wirklich göttlich an.«
Hofmann starrte demonstrativ auf seine Uhr. »Früher waren Sie mal schneller. Auch nicht mehr der Jüngste, was?«
Brettschneider wuchtete seine Tasche in einen vor Nässe geschützten Winkel und baute sich zu seiner vollen Größe von fast zwei Metern auf.
»Unsinn«, schimpfte er. »Euren Oberbürgermeister sollte man mal zum Anschauungsunterricht in eine richtige Großstadt schicken. Für zwei Kilometer Innenstadt hab ich über eine halbe Stunde gebraucht. Wofür braucht dieses kleine Kuhdorf eine neue U-Bahn?«
»Tja, jeder fängt mal klein an«, entgegnete Katharina und zeigte mit dem Kopf Richtung Container. »Da vorn ist Ihre Kundschaft.«
»Immer mit der Ruhe«, antwortete Brettschneider und verschwand in einer Wolke Zigarillorauch. »Lassen Sie Rex erst alles fotografieren und die Leiche aus dem Müll holen.«
»Habt ihr schon so etwas wie Ausweispapiere oder andere persönliche Gegenstände gefunden?«, wurde Wielert dienstlich.
»Nee«, enttäuschte ihn Katharina. »Vielleicht liegt ja noch etwas in dem ganzen Abfall, da haben wir noch keinen Blick reinwerfen dürfen.«
»Ich glaube sowieso nicht, dass das hier der Tatort ist«, mischte sich Hofmann wieder ein.
»Vergewaltigt?«, fragte Wielert.
»Keine Ahnung«, zuckte Gassel die Schultern. »Von der Statur her könnte das tatsächlich wieder ein Opfer des Vergewaltigers sein: klein, ich schätze mal höchstens eins fünfundfünfzig, und zierlich.«
»Meine Güte, wenn das tatsächlich der gleiche Mann gewesen sein sollte, legt der aber ein gewaltiges Tempo vor«, wunderte sich Wielert.
Der Chef der Spurensicherung lehnte sich, auf seiner Leiter stehend, weit in den Container. Dann kletterte er wieder auf sicheren Boden, zog die Plastikhandschuhe aus und gesellte sich zu den Leuten vom KK 11.
»Scheiße, verfluchte. Ich hasse solche Fundorte.«
»Na, hätte auch schlimmer kommen können«, beschwichtigte Wielert. »Wasserleichen sind noch unappetitlicher.«
Brettschneider schulterte sein Täschchen und gab zwei Leuten des Erkennungsdienstes Anweisung, die Leiche vorsichtig aus dem Müllcontainer zu ziehen. Katharina kniff die Augen zusammen, bot Rex eine ihrer Aktiven an und drehte dem morbiden Schauspiel den Rücken zu.
»Und, reicht es schon für ein erstes Fazit?«
Der Erkennungsdienstler nahm einen tiefen Zug und ließ den Rauch durch die Nasenlöcher wieder frei. »Klar doch. Fast klinisch rein. Sieht nicht so aus, als ob wir verwertbare Spuren finden könnten. Der Täter hat hier wahrscheinlich kurz angehalten, die Leiche mit einem Schwung in den Container befördert und ist dann wieder abgedüst.«
»Fingerabdrücke?«, fragte Wielert.
»Mindestens zwei Dutzend, wahrscheinlich hat sich die gesamte Bochumer Müllabfuhr auf dem Container verewigt.«
»Könnten Sie vielleicht mal zu mir rüberkommen?«, rief Brettschneider, der inzwischen neben der Leiche kniete und eine erste, oberflächliche Untersuchung vorgenommen hatte.
Die Kripobeamten setzten sich in Bewegung. Noch bevor sie sich fertig postiert hatten, zeigte der Gerichtsmediziner auf die deutlich sichtbaren Würgemale am Hals der Toten.
»Ich häng mich mal aus dem Fenster und tippe auf Tod durch Erwürgen«, erklärte der Gerichtsmediziner.
»Wäre ich nicht drauf gekommen«, sagte Hofmann leise.
»Genaues natürlich erst nach der Obduktion«, fuhr Brettschneider fort. »Sehr wahrscheinlich wurde sie vergewaltigt, scheint etliche Prellungen im Beckenbereich zu haben.«
»Das hilft uns im Moment nicht weiter«, seufzte Wielert.
»Ich bin noch nicht fertig«, grinste der Doc, dessen Laune in den letzten fünf Minuten gestiegen war. »Sie sollten sich die Frage stellen, woher
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