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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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uns nichts vor, wir alle werden doch ausschließlich an unseren Erfolgen gemessen, obwohl die Statistiken nichts über die Menschen und ihre Arbeitsweisen aussagen. Vielleicht war Heinzel der Meinung, dass Sie, falls der eine Fall unaufgeklärt blieb, abgesägt werden würden. Ich meine, er hätte damals etwas in der Richtung gesagt, nicht wahr?«
    Die Juristin richtete ihren Blick auf Kwiatkowski, der sich wand wie ein Aal.
    »Nicht wortwörtlich, aber man konnte es so interpretieren. Und…«
    »Was?«, drängte de Vries, als ihr die Pause zu lang wurde.
    »Wielert, denken Sie einige Tage zurück«, bat Kwiatkowski den Hauptkommissar. »Heinzel hat tatsächlich gedroht, er würde dafür sorgen, dass Sie Ihren Job verlieren.«
    »Sehen Sie?«, meinte de Vries mit einem breiten Grinsen.
    Dann angelte sie ihren schmucken Aktenkoffer, leerte ihre bis dahin unberührte Tasse Kaffee auf einen Zug und stand auf.
    »Meine Herren, ich empfehle mich. Der Beschluss für die Hausdurchsuchung bei Heinzel wird Ihnen in Kürze zugestellt.«
    »Verflixt und zugenäht!«, wetterte Kwiatkowski, als die drei Männer unter sich waren. »Die hat die Nägel schon eingeschlagen und stellt bereits das Kreuz auf.«
    »Glauben Sie an die Theorie der de Vries?«, wollte Lohkamp wissen.
    »Ich weiß überhaupt nicht, was ich noch glauben soll«, seufzte der Kriminalrat. »Machen Sie sich an die Arbeit. Sehen Sie zu, dass wir diese Zicke in der Luft zerreißen können.«
    »Nichts lieber als das«, seufzte Wielert und gab seinen Sessel frei.
    Lohkamp packte seine Zigaretten ein und stand ebenfalls auf. Dabei ertappte er sich zum ersten Mal bei dem Gedanken, dass sein Arbeitsplatz in Wattenscheid doch nicht so schlecht war, wie er bisher immer gedacht hatte.

31
     
     
     
    Alles Stupsen, Schütteln oder Pfeifen nutzte nichts. Ulli hatte die kleine Handsäge längst gegen ein luxuriöses, benzinmotorbetriebenes Modell eingetauscht und verwandelte ihr gemeinsames Schlafzimmer in einen kanadischen Urwald. Katharina bekam kein Auge zu.
    Allerdings waren die grunzenden, schnaufenden Geräusche, die ihr Lebensgefährte alle sechs Sekunden von sich gab, nicht der alleinige Grund für ihre Schlaflosigkeit.
    Viertel nach drei. Dieser bescheuerte Radiowecker, der die Uhrzeit in poppigen Signalfarben an die Zimmerdecke reflektierte, wies sie unbarmherzig darauf hin, dass sie in drei Stunden wieder aufstehen musste.
    Katharinas Finger wanderten über den Nachttisch und knipsten die kleine Lampe an. Dann schob sie ihr Kissen gegen die Rücklehne des Bettes, steckte sich eine Zigarette ins Gesicht und angelte sich den Schmöker, an dem sie sich bereits seit über vier Wochen versuchte.
    Vor etlichen Jahren war ihr zufällig Umberto Ecos Der Name der Rose in die Finger gefallen, lange bevor Sean Connery in der Verfilmung einen seiner größten Erfolge feierte. Bei einer ihrer seltenen Stippvisiten in einer der Bochumer Buchhandlungen hatte sie Das Foucaultsche Pendel vom gleichen Autor entdeckt und spontan gekauft. Während der Lektüre der ersten fünfzig Seiten hatte sie geglaubt, man könne den Text, ohne in Physik und Kirchengeschichte habilitiert zu sein, nicht verstehen und ihr Gesicht war lang und länger geworden.
    Aber dann war die Geschichte in Gang gekommen und Katharina hatte begierig weitergelesen.
    Heute Nacht jedoch wanderten ihre Augen wohl schon zum dritten Mal über dieselben Zeilen, ohne dass sie auch nur ein Wort aufnehmen konnte. Als sie eines der zahlreichen fremdsprachigen Zitate im Anhang nachschlug, rutschte ihr das Buch aus der Hand und ihr Zeigefinger fluppte aus der Seite, auf der sie zuletzt geschmökert hatte.
    Kurz entschlossen packte sie das Buch zurück auf den Nachttisch, schlüpfte in ihre ausgelatschten Hausschuhe und trabte hinunter zum Wohnbereich. Vielleicht lief ja in der Glotze noch etwas anderes außer den stöhnenden Lobpreisungen der 0190-Nummern.
    Auf der Wendeltreppe stutzte sie einen Moment, da aus dem Wohnzimmer ein Lichtstrahl in die Diele fiel. Klar, Karl Heinz okkupierte ja noch bis zum Wochenende ihre Couch, dann kam endlich seine Freundin aus den Staaten zurück.
    Katharina warf einen Blick an sich herunter. Außer ihrem Slip trug sie nur ein ziemlich kurzes T-Shirt. Egal, Gassel würde wohl kaum über sie herfallen.
    Der Mittfünfziger hatte es sich in Zanders Lieblingssessel bequem gemacht. Das antike und vor allem schon reichlich ausgefranste Stück passte zu ihrer Einrichtung zwar wie der Papst in

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