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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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fähig gewesen wäre.«
    Die Staatsanwältin gönnte dem Leiter des KK 11 einen schalen Blick über die Ränder ihrer Lesebrille hinweg. »Ausgerechnet Sie werfen sich für Herrn Heinzel in die Bresche? Ihre Loyalität in Ehren, aber sehen Sie den Tatsachen doch ins Gesicht. Nach dem, was Herr Lohkamp und Sie selbst gerade referiert haben, können wir wohl kaum von einem anderen Täter ausgehen, nicht wahr?«
    Lohkamps Hand zuckte nach der Zigarettenschachtel vor ihm, im letzten Moment konnte er sich zurückhalten. De Vries hatte ihn vorhin, als er die Schachtel vor sich ablegte, angesehen, als wollte sie ihn vierteilen. Da sie mindestens eine Gewichtsklasse über ihm kämpfte, ging Lohkamp lieber kein Risiko ein.
    »Auf den ersten Blick sieht das so aus«, bemerkte er und nippte an seinem schon erkalteten Kaffee. »Aber wenn Sie die Tatsachen mal einen Augenblick sacken lassen, müssen Sie zugeben, dass einiges merkwürdig ist.«
    »Zum Beispiel?«, wollte de Vries wissen.
    »Das Motiv. Ich sehe keines.«
    »Ich bitte Sie, Herr Lohkamp«, antwortete de Vries mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. »Als wenn ein Triebtäter eine spezielle Motivation bräuchte.«
    »Meines Wissens ist Kollege Heinzel niemals durch irgendwelche Brutalitäten, sexistische Äußerungen oder sonstige Übergriffe aufgefallen«, gab Lohkamp zurück. »Es ist doch unwahrscheinlich, dass eine derartige Veranlagung plötzlich und ohne Vorwarnung das Verhalten eines Menschen bestimmt.«
    »Erstens«, dozierte de Vries, »lassen Sie die psychischen Veränderungen außer Acht, die Kollege Heinzel in den letzten Jahren offenkundig durchgemacht hat. Begonnen hat alles, als Herr Wielert statt seiner das KK 11 übernahm.«
    Kwiatkowski hob an, etwas einzuwenden, aber da de Vries eigentlich nichts anderes als die Wahrheit sagte, begnügte er sich mit einem leichten Räuspern.
    »Zweitens«, fuhr die Staatsanwältin fort, »können unvorhergesehene Ereignisse jederzeit solche Taten auslösen. Heinzel stand gewaltig unter Stress. Und vielleicht ist nun in seinem privaten Umfeld etwas passiert, dass ihm endgültig die Sicherungen durchgebrannt sind, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Hat seine Frau Ihnen keine brauchbaren Hinweise liefern können?«
    »Sie wurde noch nicht befragt«, erwiderte Wielert.
    De Vries machte große Augen. »Und warum nicht?«
    »Frau Heinzel stand unter Schock«, sekundierte Kwiatkowski seinem Mitarbeiter. »Und das ist meines Erachtens sehr verständlich.«
    »Dann haben Sie wohl auch noch keine Hausdurchsuchung durchgeführt?«
    Wielerts Faust schloss sich hart um die Armlehne seines Stuhls. »Nein. Befürchten Sie, Heinzels Frau vernichtet Beweismaterial?«
    »Nein«, antwortete de Vries nicht ohne Schärfe. »Aber ich finde es enervierend, dass hier derart beanstandungswürdig gearbeitet wird. Ihr Taktgefühl in allen Ehren, aber würden Sie die gleiche Rücksichtnahme an den Tag legen, wenn es sich bei dem Toten nicht um einen Kollegen gehandelt hätte?«
    »Herr Wielert hat auf meine Anordnung hin gehandelt«, log Kwiatkowski. »Wenn Sie an der Vorgehensweise etwas auszusetzen haben, dann wenden Sie sich bitte an mich.«
    Verärgert biss sich de Vries auf die Lippen. »Verstehen Sie meinen Einwand als positive Kritik. Ich fürchte nicht das Verschwinden von eventuell belastendem Material; aber der Fall wird für Wirbel sorgen, nicht nur in den Medien. Als ich heute Morgen mein Büro betrat, fand ich die Mitteilung, dass das Innenministerium laufend über den Fall unterrichtet werden möchte. Verstehen wir uns?«
    Streberarsch, dachte Wielert. Erster Fall und gleich so eine Bombe. Wahrscheinlich sah sich de Vries schon in leitender Position beim Oberlandesgericht Hamm oder, noch besser, gleich im Ministerium in Düsseldorf.
    »Trotzdem möchte ich noch einmal auf das Motiv zu sprechen kommen«, sagte der Wattenscheider Kollege. »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, glauben Sie an eine Verzweiflungs- oder Kurzschlusstat. Und gerade das liegt hier nicht vor. Die Vergewaltigungen waren von langer Hand geplant.«
    Wielert warf einen anerkennenden Blick zur Seite. Lohkamp musste sich gestern Abend noch die Akten über den bisherigen Ermittlungsstand angeschaut haben. Der Mann schien eine Bärenkondition zu besitzen.
    »Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, dass dieses nicht eher für Heinzel als Täter spricht als umgekehrt?«, seufzte de Vries theatralisch.
    »Da komme ich nicht mit«, meinte

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