Ein Tropfen Blut
verhalten als sonst?«
»Was willst du damit sagen?«
»Bitte, ich muss dich das fragen. Es ist auch in Gisberts Interesse.«
»Er war wie immer«, behauptete die Angesprochene bestimmt. »Natürlich, er war ein wenig gereizter als sonst, aber das war doch nur wegen der Situation im Präsidium.«
»Was hat er dir denn darüber erzählt?«, bohrte Gassel vorsichtig.
»Na, dass dieser Wielert ihn bei jeder Gelegenheit schikaniert hat. Und dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er selbst das KK 11 übernehmen würde.«
Katharina pfiff unbewusst durch die Zähne. »Das hat er gesagt?«
»Ja«, bestätigte Kornelia Heinzel irritiert. Der viel sagende Blick zwischen Katharina und Gassel war ihr natürlich nicht entgangen.
»Kornelia«, begann Gassel schleppend, »Wielert hat deinen Mann niemals schikaniert. Zugegeben, es hat ständig zwischen den beiden gekracht, das lag jedoch nahezu ausschließlich an Gisbert. Und es war nie die Rede davon, dass Wielert in naher Zukunft gefeuert werden würde.«
Die Augen der Witwe flackerten unruhig.
»Es stimmt«, bestätigte Katharina. »Nach meiner Meinung hat Wielert sogar erstaunlich viel Rücksicht auf Gisbert genommen. Wir haben uns doch alle gefragt, wann er mal Schwierigkeiten bekommen würde.«
»Wieso?«
»Nun, er hat seine Arbeit nicht gerade mit sonderlich viel Enthusiasmus erledigt«, erklärte Gassel. »Und er machte schlimme Ermittlungsfehler. Deshalb stand ja auch das Disziplinarverfahren im Raum.«
»Ein Disziplinarverfahren?«, echote Kornelia Heinzel verständnislos.
»Ja, wusstest du denn nichts davon?«
»Nein. Aber wieso denn ein Disziplinarverfahren?«
Katharina rieb sich heftig über die Nase. »Er hat in einem Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung einen… Fehler gemacht, dass das Verfahren eingestellt werden musste, obwohl das nie hatte passieren dürfen. Eine Staatsanwältin hat den Fehler bemerkt und die Sache groß aufgebauscht.«
»Das ist doch völlig unmöglich! Gisbert hätte mir das doch erzählt. Karl Heinz, stimmt das?«
»Anscheinend hat er es lieber für sich behalten«, grummelte Gassel undeutlich. »Wenn es ganz schlimm für ihn gekommen wäre, hätte ihn das seinen Job gekostet.«
In der nun entstehenden Stille nahmen die zwei Beamten gründlich irgendwelche beliebigen Einrichtungsgegenstände des Raumes in Augenschein. Kornelia Heinzel war binnen Sekunden noch mehr in sich zusammengesunken. Sie brauchte einen Moment, um sich von dem neuen Tief schlag zu erholen.
»Möchtest du vielleicht einen Kaffee?«, beendete Gassel schließlich die Pause. »Oder ein Glas Wasser?«
»Danke«, nuschelte das Häufchen Elend hinter einem Papiertaschentuch. »Nicht nötig.«
»Geht es noch?«, erkundigte sich Katharina. Als Antwort erntete sie eine ungeduldige Handbewegung.
»Kommen wir doch mal zum letzten Wochenende«, wechselte Gassel das Thema. »Gisbert hat dir gesagt, er müsse zu einem Wochenendseminar. Wann wollte er denn davon erfahren haben?«
»Am Donnerstag. Er sollte für einen erkrankten Kollegen einspringen… Stimmt das etwa auch nicht?«
»Leider. Er hat am Freitag bei Wielert angerufen und kurzfristig um Urlaub gebeten.«
»Ich verstehe das alles nicht«, schluchzte Kornelia Heinzel erneut auf. »Warum hat er mich so belogen? Er war doch richtig euphorisch, als er am Donnerstag nach Hause kam und mir von dem Seminar berichtete. So gute Laune hatte er schon lange nicht mehr.«
Gassel kniff einen Moment die Augen zusammen und spitzte die Ohren. »Wann kam er denn am Donnerstag nach Hause?«
»Wann? Recht spät. Etwa um halb zehn oder zehn. Er hat mich von unterwegs angerufen, dass er noch etwas zu erledigen hätte. Und als er dann hier eintraf, brachte er mir sogar einen Blumenstrauß mit.«
»Hat er noch etwas erzählt? Abgesehen von dem angeblichen Seminar?«
»Nein. Wir haben anschließend eine Kleinigkeit gegessen, Gisbert ist noch eine Stunde laufen gegangen. Als er dann nach Hause kam, hat er geduscht, ein paar Sachen eingepackt und ist zu Bett gegangen. Und den ganzen Abend hat er ständig vor sich hin gepfiffen.«
Katharina lief eine Gänsehaut über die Arme. Nach jemandem, der für den nächsten Tag seinen Selbstmord plante, hörte sich das nicht unbedingt an.
»Wann hat er sich das letzte Mal bei dir gemeldet?«, fragte Gassel.
»Überhaupt nicht mehr. Am Freitag haben wir gemeinsam gefrühstückt, dann ist er losgefahren.«
»Hast du dir keine Sorgen gemacht?«, hakte Katharina
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