Ein Tropfen Blut
notwendig gewesen.«
»Das passt zu dem Bild, welches wir von ihr gewonnen haben«, nickte Hofmann spöttisch, dem die förmlich distanzierte Art ihres Gegenübers fürchterlich auf die Nerven ging. »Eine erfolgreiche, beliebte Frau. Hatte sie irgendwelche Neider, wissen Sie davon?«
»Natürlich, aber ich werde mich hüten, Ihnen Namen zu nennen«, erklärte Bergdahl bestimmt. »Frau Lacour befand sich auf einer beruflichen Ebene, auf der Durchsetzungskraft nötig ist. Und wo gehobelt wird, da fallen Späne. Sicher war der eine oder andere neidisch auf ihren Erfolg. Aber sie deswegen töten? Unglaublich.«
»Wirklich?«, fragte Hofmann nach.
»Absolut. Eher hätte ich vermutet, dass ihr missratener Ehemann oder vielmehr Exehemann mal Schwierigkeiten macht. Aber dass sie das Opfer eines Gewaltverbrechers werden würde…«
»Ihr Ehemann?«, fragte Schäfer irritiert.
»Haben Sie dieses Subjekt etwa noch nicht vernommen?«, wunderte sich Bergdahl mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Selbstverständlich«, nickte Hofmann langsam. »Aber es besteht kein Tatverdacht. Herr Lacour hat ein Alibi und sich, nach seiner Aussage, im Guten von seiner Frau getrennt. Na ja, wenigstens so halbwegs im Guten.«
»Da haben Sie sich aber eine schöne Räuberpistole aufbinden lassen«, regte sich Bergdahl auf. »Hier hat schon damals niemand verstanden, warum sich Sabine mit diesem Menschen eingelassen hat.«
»Könnten Sie ein wenig konkreter werden?«, bat Schäfer mit gezücktem Kuli.
Bergdahl rupfte heftig an dem Knoten seiner perfekt gebundenen Krawatte. »Wie ist Sabine denn überhaupt zu Tode gekommen?«
Hofmann und Schäfer wechselten einen kurzen Blick.
»Frau Lacour wurde erwürgt«, antwortete die Beamtin.
»In ihrer Wohnung?«
»Nein.«
»Haben Sie schon einen Verdacht?«
»Mehrere, aber keine heiße Spur«, log Hofmann. »Sie wollten uns noch etwas erzählen.«
Bergdahl räusperte sich und seufzte. »Wahrscheinlich hat das gar nichts mit dem Mord zu tun.«
»Herr Bergdahl, alles kann von Bedeutung sein«, widersprach Schäfer.
»Nun gut«, gab sich der Personalleiter einen Ruck. »Aber was ich Ihnen jetzt erzähle, bitte ich als inoffizielle Information zu betrachten.«
»Wir werden sehen«, nickte Hofmann.
»Es gab… Unregelmäßigkeiten in der Kasse«, stotterte Bergdahl unangenehm berührt. »Sabines Mann hat Geld der Bank unterschlagen.«
»Uups«, machte Hofmann. »Davon hat er uns nichts erzählt. Wie viel?«
»Über die genaue Summe bin ich nicht informiert«, wich Bergdahl aus. »Aber es muss sich wohl um eine beträchtliche, fünfstellige Summe gehandelt haben.«
»Wurde er verurteilt?«, fragte Schäfer.
»Es kam nicht zur Anzeige«, erklärte Bergdahl leise.
»Wie bitte?«, entfuhr es Hofmann. »Und warum nicht?«
»Überlegen Sie doch mal, wie das ausgesehen hätte«, wehrte sich Bergdahl lahm. »Lacour hat das Ganze sehr geschickt angefangen, die Unterschlagungen müssen über einen längeren Zeitraum gegangen sein.«
»Also hat Ihre interne Kontrolle versagt?«, brachte Schäfer die Sache auf den Punkt.
»So kann man es ausdrücken«, nickte Bergdahl.
»Hätte bestimmt eine saftige Schlagzeile gegeben«, freute sich Hofmann. »Wie ging die Story weiter?«
»Lacour wurde natürlich sofort fristlos gekündigt.«
»Und das unterschlagene Geld?«
»Sabine hat es zurückbezahlt«, erklärte Bergdahl. »Deshalb hat sich die Geschäftsführung auch darauf verständigt, keine Anzeige zu erstatten. Der Schaden war ja wieder behoben.«
»Praktisch«, erklärte Hofmann und kratzte sich am Knöchel. »Und im Gegenzug hat Frau Lacour ihren Mann an die Luft gesetzt.«
»Das war doch wohl das mindeste«, empörte sich Bergdahl. »So, wie er ihr und unser Vertrauen missbraucht hat…«
»Wissen Sie, aus welchem Grund Lacour die Unterschlagungen begangen hat?«, stellte Hofmann die nächste Frage.
»Auch da bin ich mir nicht sicher, aber Sabine erwähnte mir gegenüber später, dass ihr Mann wohl wetten oder spielen würde. Pferderennen, Roulette, was weiß ich.«
»Interessant«, meinte Schäfer, die inzwischen eine Seite ihres Blocks mit Notizen gefüllt hatte.
»Glauben Sie, Lacour hat seine Frau wegen dieser Geschichte getötet?«, fragte Bergdahl neugierig.
»Kaum«, winkte Hofmann ab. »Ist doch alles wohl schon eine Zeit her, oder? Hätte er seine Frau unmittelbar nach seiner Entlassung bedroht oder angegriffen, wäre das nachvollziehbar gewesen. Aber jetzt, wo er sich langsam eine
Weitere Kostenlose Bücher