Ein Tropfen Blut
neue Existenz aufgebaut hat? Unwahrscheinlich.«
»Ich sagte ja eingangs, diese unselige Geschichte hat wahrscheinlich gar nichts mit dem Mord zu tun. Aber…«
»Aber?«, wiederholte Hofmann, dem die Kunstpause ihres Gesprächspartners zu lange dauerte.
»Sabine hat mir gegenüber vor langer Zeit mal eine Abdeutung gemacht. Angeblich hat sie ihr Mann auch geschlagen.«
»Geschlagen? In Form einer Ohrfeige oder tatsächlich verprügelt?«
»Eher Letzteres«, druckste Bergdahl leise. »Es schien, als hätte sich Sabine unabhängig von dieser Unterschlagungsgeschichte von ihrem Mann trennen wollen. Eine Zeit lang häuften sich ihre Krankheitstage, mal blieb sie zwei, dann drei Tage zu Hause. Ich sprach sie daraufhin an, ob sie vielleicht ernste gesundheitliche Probleme hätte. Und da erzählte sie mir, dass ihr Mann sie schrecklich verprügelt hätte.«
»Warum ist sie nicht sofort zur Polizei gegangen? Oder warum nicht Sie?«, durchbohrte Hofmann den Anzugträger mit stechenden Blicken.
Bergdahl zuckte unbehaglich die Schultern.
»Wer wusste eigentlich alles von dieser Unterschlagungssache?«, fragte Schäfer. »War das hier Tagesgespräch in der Kantine?«
»Um Gottes willen! Nur die Geschäftsführung wusste davon, darüber hinaus vielleicht noch drei oder vier Personen.«
Schäfer packte ihren Block in die Tasche. »Hat Frau Lacour in der letzten Zeit erneut etwas in der Richtung erzählt, dass ihr Exmann sie bedrohen oder belästigen würde?«
»Nein«, antwortete Bergdahl. »Zumindest nicht mir.«
»Na, dann wollen wir Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen«, beendete Hofmann die Fragestunde. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Ich hoffe, ich war Ihnen nützlich.«
Hofmann grinste vieldeutig und schüttelte Bergdahl noch einmal die Hand.
35
»Ihr kommt gerade richtig«, empfing Gassel Schäfer und Hofmann, als diese endlich wieder das Präsidium erreichten. »Ein kleiner Rest Mineralwasser müsste noch da sein.«
»Was ist denn hier los?«, entgegnete Hofmann, anstatt auf das großzügige Angebot des Älteren einzugehen. Die ganze Truppe hatte sich in Gassels Büro versammelt. Auf dem Schreibtisch stand ein schmuckloser Bilderrahmen mit einem Foto von Heinzel, das in der linken unteren Ecke mit einem Trauerflor versehen war. Direkt daneben lag ein dünner Ordner.
»Wir dachten, es sei vielleicht eine gute Idee, wenn sich die Kollegen in eine Kondolenzliste eintragen können«, erklärte Wielert umständlich. »Und eine Sammlung haben wir auch angeleiert. Für seine Frau und seinen Sohn.«
»Ach so«, verstand Schäfer und drückte sich auf den freien Hocker neben Thalbach. Hofmann hatte mal wieder zu langsam reagiert, denn für ihn blieb nur ein Stehplatz. Der einzige noch freie Stuhl war der von Heinzel.
»Ist schon etwas zusammengekommen?«, fragte Hofmann und lehnte sich gegen den Türpfosten.
»Ich habe noch nicht nachgezählt«, antwortete Gassel und warf einen traurigen Seitenblick auf die gegenüber liegende Seite des Tisches. »Für euch ist auch noch Platz.«
Schäfer nickte automatisch, zückte ihre Geldbörse, faltete einen Fünfziger ordentlich zusammen und bugsierte ihn durch den Schlitz des Schuhkartondeckels, der als Sammelbüchse diente. Wielert hatte die Ränder mit Isolierband abgeklebt.
Hofmann tigerte ebenfalls zum Schreibtisch, wurde seine Spende los und trug sich in die Liste ein.
»Gibt es bei euch etwas Neues?«, wollte Wielert wissen.
»Kann man wohl sagen«, grinste Schäfer erschöpft. »Vorhin haben wir mit dem Personalleiter der Bank gesprochen, in der die Lacour gearbeitet hat.«
Mit kurzen Worten informierte sie ihre Kollegen über das zurückliegende Gespräch.
»Sieh mal einer an«, nickte Wielert. »Da wollte jemand an das große Geld, ohne viel dafür arbeiten zu müssen. Bringt uns das weiter?«
»Noch nicht«, gab Hofmann zu. »Nach außen hin führt Lacour doch im Moment anscheinend ein ziemlich normales Leben. Morgen werden wir ihn uns noch einmal vorknöpfen und seinen neuen Arbeitgeber gleich mit. Und, wie lief es bei euch?«
»Voll in die Urne«, gähnte Katharina. »Karl Heinz und ich waren bei diesen Blutspendern. Gisbert hat da keinen Termin versäumt, aber aus den Unterlagen, die wir kopiert haben, geht eindeutig hervor, dass nie eine Konserve verschwunden ist. Falls sich wirklich jemand Gisberts Blut besorgt hat, um eine falsche Spur zu legen, dann nicht dort.«
»War er in letzter Zeit beim Arzt gewesen?«
»Nix. Klar,
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