Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
Vom Netzwerk:
Sünden ererbt ist, aber wenn Sie es nachprüfen wollen ...«
    Der junge Soldat gehorchte seinem eigenen Befehl zu lächeln, und die Kunsthandwerker wechselten Blicke, wohl um sich darüber klar zu werden, ob ein Witz jetzt angebracht war und ob meine Bemerkung als einer zählte. Dann sagte eine der Frauen: »Also ich kann die verdammte Frau nicht ausstehen«, und der Vikar wandte sich schleunigst wieder einem rein kirchlichen Thema zu.
    An diesem Punkt wandte ich mich ab, weil ich hoffte, die Frau des jungen Soldaten irgendwo allein anzutreffen, aber sie war nirgends zu sehen, und so warf ich einen Abschiedsgruß in die
Runde. In der Diele fand ich Sidney, der in den Taschen der Mäntel wühlte. »Verdammte Zigaretten«, sagte er.
    »Also ich rauche keine«, sagte ich und nahm meinen Regenmantel vom Haken, in dessen Taschen seine Hand noch steckte. Wenn er nicht betrunken war, dann gab er sich große Mühe, es nicht zu zeigen. Während er die Hand aus meiner Manteltasche nahm und in eine andere steckte, sagte er: »Die haben das Haus hier für ’nen Appel und ’n Ei gekriegt. Aber bei Mrs. Yankee würde ich nicht nein sagen, Sie etwa? ’ne kleine Nymphomanin, da bin ich mir ziemlich sicher. Wie man’s mit dieser impotenten Schwuchtel von Ex-Kampfflieger aushalten kann, ist mir eh ein Rätsel ... Na ja ... Wie geht’s mit Ihrem Cottage voran? Habense auf der Treppe schon das alte Kindermädchen Nanny Phipps getroffen, oder haben Sie’s nicht mit den Geistern, wie der Wichser zum Spanner sagte. Ich krieg ja immer ’ne Gänsehaut, wenn ich daran denke. Präsentiert das Gewehr! Rechts um! Und Marsch! Was die Tochter angeht ...«
    Ich bemerkte, daß der Colonel in der Tür zum Wohnzimmer stand, hob deshalb zum Gruß kurz die Hand und überließ Sidney seinem Selbstgespräch. »Verdammte Zigaretten«, murmelte er nun wieder. Schon nach wenigen Schritten waren seine Worte völlig unverständlich, und es klang so, als würde er sich wiederholt räuspern. Ich zog die Haustür zu, und dort, etwa auf halber Höhe des Gartenpfads, stand die Frau des jungen Soldaten und betrachtete ein Blumenbeet, in dem nichts zu sehen war als Erde. Sie zögerte gerade so lange mit dem Ausweichen, daß ich mich ermutigt fühlte zu bemerken: »Und, wann sieht man Sie in unserem Kaff mal wieder?«
    »Ich fürchte, das wird eine Weile dauern. Wir sind ab nächster Woche in Deutschland stationiert.«
    Die Weltmüdigkeit, die ich an ihr bemerkt zu haben glaubte, lag auch in ihrer Stimme, und so dicht vor mir spornte sie mich zu ungewohnter Dreistigkeit an.
    »Das ist ja nicht so weit weg. Mal ein langes Wochenende, mit der Familie, in die Kirche gehen, dieser wunderbare Garten. Ist doch schön zu wissen, daß das immer dasein wird ...«

    Sie zuckte die Achseln und seufzte, eine kurze Ungeduld mit mir, und warum auch nicht? »Na ja, so einfach ist das nicht«, sagte sie.
    Es hätte schlimmer kommen können, ganz im Gegensatz zu dem, was als nächstes passierte, denn sie teilte ihr Haar mit zwei Fingern, zuerst die eine Seite, dann die andere, und warf es nach hinten, so daß ihr Gesicht nun völlig entblößt war, die Augen deutlich hellblau, die Warze auf dem Kinn, der Schnurrbart über den leicht geschürzten Lippen, die fast zusammengewachsenen Augenbrauen, und in Sekundenbruchteilen zur Vergangenheit wurde, zu den erinnerten Makeln einer vergessenen Vollkommenheit.
    »Auf Wiedersehen. Und eine gute Reise«, sagte ich nur.
    Sie verzog das Gesicht, aber es war kaum ein Lächeln zu nennen. »Vielen Dank. Und ich hoffe, Ihnen gefällt Ihr Leben hier.«
    »Ich habe es schon so lange bei mir, daß ich mich so langsam daran gewöhne«, sagte ich, und es gab mir einen altbekannten Stich, als ich mich umdrehte und ihren Mann und ihren Schwiegervater sah, die zur Spitze einer Zeder hochsahen, von der ein Ast abgebrochen war. Wir schauten ebenfalls hoch.
    »Dann leben Sie wohl, und versuchen Sie, glücklich zu sein«, sagte ich und ging dann langsam weiter, die Hände tief in den Taschen und fest geballt.
    »Leben Sie wohl«, erwiderte sie und wandte sich ihren Verwandten zu mit einem ganz anderen Lächeln als dem, das sie mir geschenkt hatte, denn bei ihnen mußte sie keine Freundlichkeit heucheln.
     
    Dies alles wurde nicht lange danach niedergeschrieben. Es vermittelt einen Eindruck von dem Dorfleben, das ich zu vermeiden suchte, und erklärt, warum ich beschloß, nicht regelmäßig in die Kirche zu gehen. Vieles von dem, was ich in der

Weitere Kostenlose Bücher