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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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andere Richtung. Eigentlich völlig undefinierbar. Wenn Regen kommt, sieht man das schon von weitem.«
    »Ist mal ’ne schöne Abwechslung zu London«, sagte sie. »Die ganzen Fremden.«
     
    Im Dorfladen trafen wir Mrs. Jenners, die die Einladung zu Drinks bestätigte. Ich erkundigte mich nach dem Kunsthandwerkszentrum. Entwaffnet meinte sie, wie ein kleines Mädchen, sie habe so etwas noch nie getan und sei ein furchtbarer Grünschnabel bei solchen Sachen. Ich stellte ihr Maureen vor, meine Schwester aus London.
    »Für ein nettes, erholsames Wochenende? Mal weg von der Hektik und dem Streß?« sagte Mrs. Jenners.
    Maureen schaute mich kurz an, und ich setzte eine sehr seriöse Miene auf und nickte bestätigend. »O ja«, sagte ich, »es gibt nichts Besseres. Ist eine richtige Befriedigung. Eine ganz andere Art der Freizeitgestaltung.«
    Maureen konnte sich inzwischen nicht mehr halten, und um nicht laut loszulachen, hustete sie, als hätte sie sich verschluckt, wandte sich ab und ging ein paar Schritte zum Obst- und Gemüsestand,
um sich dort zu räuspern und zu schneuzen, argwöhnisch beäugt von der Ladenbesitzerin, die befürchtete, es könnten ein paar Speicheltropfen auf ihre Frischware kommen. Ich konnte mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. »Ihr Mann hat’s doch im Leben zu so einigem gebracht. Und Sie müssen sich jetzt die Hände schmutzig machen mit Lehm?«
    »Ich würde ja lieber mit Holz arbeiten.«
    »Ja, absolut, ich auch, aber da gibt’s ja heutzutage keine Jobs mehr.«
    Sie lächelte so, wie sie es von ihrem Mann gelernt hatte, und imitierte dabei das Gesicht, das sie gemacht hätte, wenn sie es lustig gefunden hätte. Sie klopfte auf die Handtasche, nachdem sie ihr Wechselgeld hineingesteckt hatte, und verabschiedete sich von mir, die Augen niedergeschlagen, als würde das, was sie gekauft hatte und was sie war, nur allzubald wieder als kläglich unzulänglich betrachtet werden.
    Zur Ladenbesitzerin gesellte sich nun ihr Mann, den ich einmal kurz in der Kirche gesehen hatte. Sie schauten an mir vorbei und Maureen nach, die Mrs. Jenners hinaus an die frische Luft gefolgt war. Ich ging zum Schaufenster, um einige Karotten auszusuchen, einen Bund Zwiebeln und ein paar Grapefruits. Vor dem Fenster gestikulierte Maureen und deutete auf Dinge, die ich ebenfalls noch einkaufen sollte. Also öffnete ich die Tür und tat mit den Händen so, als würde ich sie verscheuchen, und kehrte dann zurück, um zu bezahlen. Die Frau nahm fröhlich mein Geld entgegen, und ihr Mann gab mir das Wechselgeld zurück, und beide sagten gleichzeitig: »Ein wunderbarer Tag heute.« Die Frau fügte dann noch hinzu: »Ihre Bekannte ist nicht ganz bei Kräften, hm?«
    »Aus London, oder?« fügte der Mann hinzu.
    »Das ist übrigens meine Schwester«, sagte ich. »Es sind die Abgase. Das ganze Kohlenmonoxid, Sie wissen schon.«
    »Smog«, sagte der Mann und drückte sich die Hand erst auf den Mund, dann auf die Brust.
    »Abgase«, sagte die Frau mit unheilschwangerer Stimme. »Ich weiß nicht, wie die Leute das aushalten.«

    Sie schaute noch einmal zu Maureen hinaus, die eben die Nase in die Luft streckte.
    »Wirkt wahre Wunder, wenn man ab zu mal die Lunge freibekommt«, sagte der Mann und räusperte sich fünf oder sechs Sekunden lang. »Ich habe mal in Manchester gearbeitet. O Gott, ich kann Ihnen sagen.«
    »Bis ich ihn gerettet habe, nicht, Frank?«
    »Ja, in gewisser Weise.«
    »Ich war der Preis, den er zu zahlen hatte, da ich doch den Laden mitbrachte und das alles.«
    Was er nicht abstritt, auch dann nicht, als sie ihn anstupste. Aber das war gar nicht nötig, denn er hatte seine Hand irgendwo hinten auf ihr, und plötzlich überkam beide eine heitere Gelassenheit. Ich dankte ihnen beiden herzlich, und sie stupste ihn noch einmal an.
    »Will’s gar nicht abstreiten«, sagte er mit einem Grinsen. »Ein schrecklicher Preis war das.«
    »Aber wenn er mal wieder nicht zu schätzen weiß, was er hat, schicke ich ihn auf den Friedhof zum Aufräumen.«
    »Jaja, sie zeigt mir wirklich, wo ich hingehöre.« Sie beugte sich mit einem kleinen Wackeln noch ein Stückchen weiter über die Ladentheke, und ich überließ die beiden sich selbst.
     
    Ich holte Maureen vor der alten Dorfschule ein, die zu der Zeit von dem Bauunternehmer, der mein Häuschen renoviert hatte, zu drei Wohnungen umgebaut wurde. Durch eins der Fenster sah ich den Kopf des großen Installateurs etwa auf Taillenhöhe. Er winkte mir zu, und dann

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