Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
hier, weiß im Augenblick gar nicht, womit Jonathan gerade seine Bröt...«
Sie alle schauten mich jetzt an, als hätte ich es gerade noch geschafft, Zugang zu dieser illustren Gesellschaft zu finden, aber es könnte ja mehr hinter einem stecken, heutzutage weiß man das nie. Ich nannte den Namen meiner alten Firma, worauf sie nickten, und das Blut sickerte langsam durch ihre Sonnenbräune und verblaßte im Halsbereich zur Farbe ihrer Pink Gins. Der Colonel hob mit zitternder Hand sein Glas in meine Richtung, und Agnes gähnte. Die Unterhaltung wandte sich nun, oder wieder, der Premierministerin zu, und einige Sätze wurden begonnen, die irgendwie nur wenig Erhellendes zum Thema verhießen.
»Man kann sagen, was man will ...«
»Es ist doch unbestreitbar ...«
»Jetzt weiß man wenigstens, woran man ist ...«
Man fragte mich als Geschäftsmann, was ich davon hielte, und ich redete über Exportkurven. (»Wie für den Miss-World-Wettbewerb?« fragte Jenners und verdarb den Witz mit einem langen, brüllenden Lachen, das ihm in den Nasenlöchern steckenzubleiben schien.) Der Colonel und Agnes hatten sich entfernt, und Sidney stand jetzt neben Maureen. Ich konnte mich nicht überwinden, die beiden anzuschauen, und lächelte statt dessen den Vikar an, der den Mund inzwischen wieder geschlossen, ja richtig zusammengekniffen hatte, seit Jenners angefangen hatte, seine eigenen Witze so sehr zu genießen. Mrs. Jenners kehrte mit einem vierfachen Gin Tonic für mich zurück und mit etwas für Maureen, das aussah wie Ginger-ale mit Früchten, wobei ich mich nicht erinnern konnte, daß sie so etwas verlangt hatte. Sie versuchte jetzt, wieder ins Wohnzimmer zu flüchten, aber Jenners blieb bei ihr und rief über die Schulter hinweg: »Also, Frank, Sie sollten unsere Bürokratie nicht unterschätzen. Dank Leuten wie Miss Hurton hier kann sie verdammt effizient sein, wenn sie will. Wie geht’s der alten Bande denn inzwischen? Nehmen Sie sie noch immer fest an die Kandare?«
Wir standen jetzt zu beiden Seiten der Terrassentür, und ein großer Mann mit Lesebrille stieß nun zu uns, gebückt und rotgesichtig
wie ein gelehrter Metzger. Agnes stand in Hörweite und auch der Colonel, der in seinem Ohr irgendwas mit einem Streichholz machte. Eine Pause entstand, und alle außer mir schauten Maureen an, und schließlich sagte sie: »Seit Sie uns verlassen haben, Mr. Jenners, hat sich vieles zum Besseren verändert ...« Dann besann sie sich, und um das Thema zu wechseln, atmete sie einmal tief durch und sagte: »Es ist ja so eine wunderbare Abwechslung, wenn man weit weg von dem allem hier auf dem Land ist.«
Nun schaute ich sie an, denn irgend jemand kicherte, und die Frau vom National Trust sagte: »Einfach zu köstlich«, und Jenners machte ein Geräusch, das ich noch nicht gehört hatte, irgend etwas zwischen dem Gähnen eines Hundes und einem kleinen Motor, der stotternd zum Stehen kam. Maureen errötete tief, aber das war es nicht, was meinen Blick fesselte, denn ihre Hand mit dem Glas fing an zu zittern und zitterte noch mehr, als sie die zweite darumlegte. Ich setzte mich in Bewegung, rammte mit dem Oberschenkel die Lehne eines Sessels, torkelte dann gegen sie und stieß ihr das Glas aus der Hand. »O Gott, tut mir leid. Was um alles in der Welt haben Sie denn in diesen Gin getan, Mrs. Jenners. Hab noch nie viel vertragen, das liegt in der Familie, was, Schwesterlein?«
Wir bückten uns gemeinsam, um die Überreste aufzuheben, doch über uns rief Jenners bereits: »Ach, lassen Sie doch! Darling? Wo ist denn diese Frau nur wieder hin ... ? Ach, da bist du ja. Ein kleiner Unfall. Lauf und hol einen Lappen, da hat’s ein ... Keine bleibenden Schäden, wie ich hoffe ...«
»Laß uns von hier verschwinden ...«, flüsterte Maureen, während ich drei Eiswürfel, zwei Kirschen und zwei halbe Scheiben Zitrone einsammelte und sie wieder in das Glas warf, das sie mir hinhielt, unzerbrochen, wie es aussah, bis auf einen winzigen dreieckigen Splitter, nach dem ich nun, mit der Hand über den Teppich tastend, suchte.
»Lassen Sie mich das machen«, sagte Jenners scharf, wedelte mit einem Geschirrtuch und kniete sich hin, während ich Maureen am Ellbogen faßte, ihr aufhalf und dabei ins Ohr flüsterte, sie solle sich keine Sorgen machen, und mich dann mit lauterer
Stimme noch einmal und dann ein drittes Mal entschuldigte. Alle anderen waren inzwischen wieder in den Garten gegangen, und wir folgten ihnen, nachdem wir einen
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