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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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gesehen, nur durch Zufall. Irgendwann einmal muß ich ins Theater gehen, um sie tanzen zu sehen, natürlich ohne daß sie etwas davon mitbekommen. Ich frage mich, ob ich sie in der Menge der anderen überhaupt erkennen würde. Bei dem, was sie zeigen, wäre es wohl unhöflich, es allzusehr zu versuchen.

    Im Erdgeschoß wohnt ein Mann namens Foster. Als ich ihn besuchte, sagte er mir, daß, abgesehen von meiner Wohnung, das ganze Haus ihm gehöre und er daran denke, die anderen Wohnungen ebenfalls zu verkaufen. Das dürfte ihn zu einem ziemlich reichen Mann machen. Ich merkte, daß er einiges von der Welt gesehen hatte, wegen der exotischen Objekte, mit denen er sich umgab, und auch sein gegerbtes Gesicht deutete darauf hin, daß er lange Zeit in extremen Klimazonen verbracht hatte. Die Objekte sahen alle wertvoll aus und waren vorwiegend zerbrechliche Dinge wie Eierbecher und winzige Porzellanstatuetten und kleine Gegenstände aus Messing oder Silber und intarsierte Behältnisse, von denen mich keins einlud, den Stumpen anzuzünden, den ich aus der Tasche gezogen hatte als Begleitung zu dem trockenen Sherry, den er mir unaufgefordert eingeschenkt hatte. Während ich bei ihm war, erhielt er einen Anruf, in dessen Verlauf er, mit dem Rücken zu mir, Dinge sagte wie: »Na ja, du kannst Monty von mir ausrichten, der Deal ist abgeblasen« und: »Fünfzig Riesen, das sind doch nur Peanuts« und: »Seine verdammte Lordschaft kann sich von mir aus in Luft auflösen.« Als er den Hörer wieder auflegte, starrte er mich an, als überlegte er sich gerade, ob er mir trauen konnte. Seine Stimme klang heiser, als wäre sein Mund völlig ausgetrocknet, und der blanke Hohn in seinen Augen schien der kostbaren Üppigkeit und Zartheit zu widersprechen, mit der er sich umgeben hatte.
    Gegen Ende jedoch erzählte er mir, daß das Zimmer von seiner Frau eingerichtet worden sei. »Sie hatte ein Auge für Schönheit«, sagte er, und wegen der abrupten Art, wie er darüber redete, vermutete ich, daß sie tot war und er das Zimmer so beließ, wie es war, mit dunkelroten Brokatsesseln und vergoldeten Spiegeln und goldbefransten Samtvorhängen, als ein langsam verblassendes Andenken an sie.
    »Wir haben miteinander die Welt bereist«, sagte er schließlich. »Was man früher das Empire nannte, was für ein Jammer. Schöne Zeit damals, zumindest manchmal, das kann ich Ihnen sagen. Sind wohl selber auch ziemlich rumgekommen, mh?«
    »Nicht sehr. Geschäftsreisen auf den Kontinent, so was.«

    »Ach ja, Sehnsucht bringt nichts, das sage ich immer.«
    Darüber hinaus zeigte er kein Interesse an mir. Vielleicht erkannten wir beide, daß wir eine lange Zeit unter demselben Dach leben würden und es deshalb vernünftig wäre, sich nur sehr allmählich oder gar nicht kennenzulernen. Das war mit Sicherheit auf meiner Seite der Fall, und mehr, das befürchtete ich, konnte nur Schlimmeres bedeuten: die glänzenden, braunen Oxford-Schuhe, die scharf gebügelten Köperhosen mit Umschlag, die olivgrüne Strickjacke, das rosagestreifte Hemd mit Perlmuttmanschettenknöpfen, die dunkelblaue Krawatte mit goldenen Eichenblättern darauf, all das schien auf Verunsicherung ausgelegt. Auch verströmten sein sauber gestutzter, grauer Schnurrbart und der harte Zug um den Mund eine gewisse Feindseligkeit, vor allem aber der unbewegte Blick seiner blaßblauen Augen. Ich wurde einer Prüfung unterzogen, was ja ganz okay war, aber da steckte noch mehr dahinter, so als würde meine im Vergleich dazu ausgesprochene Unstetigkeit irgendein schmutziges Geheimnis verbergen, das er schon bald aus mir herausholen würde. Nachträglich erkannte ich, daß das, was mich am meisten verwirrte, seine Unbewegtheit war und die Tatsache, daß er nie lächelte; irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, daß er es je versuchte, so als könnte es sich sofort in etwas anderes, etwas Wildes und Unkontrollierbares verwandeln.
    Als ich mich verabschiedete, sagte er: »Unseren kleinen Tänzerinnen sind Sie ja schon begegnet, oder?« Ich nickte. »Na ja, ich habe ihnen gesagt, kein verdammtes Herumhüpfen in der Nacht, und daß sie gefälligst den Harry Tschaikowski oder wer immer das ist, leiser drehen sollen.«
    »Ah«, sagte ich, als er meine Hand umklammerte, um mich zu erinnern, wie sich ein richtiger Händedruck anfühlte.
    »Die waren ja wirklich süß, aber ich habe mich auch von meiner Schokoladenseite gezeigt«, sagte er. »Habe an die Tür geklopft und dann nicht lange um den heißen

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