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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Brei herumgeredet. Ich bin oft nicht da, also sagen Sie mir Bescheid, wenn sie Ihnen Schwierigkeiten machen. Die Leute im Souterrain werden Sie nicht belästigen. Pensionierte Polacken. Separater Eingang. Was auch gut ist bei dem ganzen Kommen und Gehen. Eine richtige Penne ist das.
Die Jungen arbeiten illegal, der ganze Haufen. Hab nichts gegen Polen, warum auch? Komische Sprache, was die reden, als würden sie dauernd niesen. Der alte Knabe übernimmt ab und zu Gelegenheitsarbeiten. Sagen Sie ihm Bescheid, wenn Sie mal Hilfe brauchen, er freut sich drüber. Redet nicht über sich. Das tun die Leute nie, die was zu erzählen haben. Sie, also sie sieht man kaum. Wie auch immer, machen Sie es sich gemütlich da oben. Meine Frau hat früher ihre alten Sachen dort aufbewahrt. Ist doch recht hübsch hergerichtet jetzt, meinen Sie nicht auch? Hätte die Wohnung ja fast selbst genommen, aber wissen Sie, es ist ...«
    Dann drehte er sich abrupt um, ging hinein und warf die Tür mit einem Knall zu. Das war vor ungefähr drei Wochen gewesen. Vielleicht erwartet er, daß ich ihn jetzt zu mir einlade, aber irgendwie bezweifle ich das. Ich sehe ihn zu den merkwürdigsten Tages-und Nachtzeiten in seinen Volvo steigen. Er ist dann gekleidet wie bei meinem Antrittsbesuch, nur daß er statt der Strickjacke ein Tweedsakko trägt und eine Reihe offenbar seidener Halstücher. Einmal schaute er zu meinem Fenster hoch und ertappte mich dabei, wie ich zu ihm hinunterstarrte. Er hat nicht gewinkt. Ja, es ist unhöflich, daß ich ihn noch nicht zu mir eingeladen habe. Ich wüßte nur gern, was mich damals an ihm so verstört hat. Seine hellen Augen hätten ebensogut blind sein können. Er hatte nur eine höfliche Routine abgespult. Im Grunde genommen war ich ihm scheißegal.
    Gestern abend, er war ausgegangen, war unter mir eine Menge Herumhüpfen zu hören, und die Musik war alles andere als Harry Tschaikowski. Ich war froh, als er gegen elf zurückkehrte, denn kaum hörte ich das Zuschlagen seiner Autotür, verstummte unter mir der Lärm. Beim nächsten Mal muß ich mich dazu durchringen, an ihre Tür zu klopfen und mich von meiner Schokoladenseite zu zeigen. Ich werde jetzt gleich anfangen, meine Formulierungen zu proben.
     
    Das war vor zwei Wochen. Heute morgen funktionierte die Neonröhre in der Lampe über dem Badezimmerspiegel nicht, deshalb tauschte ich sie aus, doch die neue funktionierte ebenfalls nicht.
Mir war gar nicht bewußt, wie wichtig es war, daß ich mich morgens beim Rasieren und Kämmen gut sehen konnte. Es ist Sonntag, und ich hatte mich schon auf einen interessanten Tag gefreut: die Zeitung, ein Spaziergang, eine Fahrt zum Park, Mittagessen, Fernsehen, Tee, dann wieder Fernsehen und irgendwann dazwischen ein oder zwei Magazine der einen oder anderen Art zur Hand nehmen oder vielleicht sogar zwei derselben Art. Nachdem ich mich beim Rasieren zweimal geschnitten hatte, fiel mir wieder ein, was Foster mir über den Polen im Souterrain gesagt hatte.
    Die Tänzerinnen waren spät heimgekommen, hatten den Riegel mit einem lauten Rums vorgeschoben, waren dann viel herumgelaufen und gegen Sachen geknallt und hatten schnell und schrill geredet, möglicherweise im Streit. Aber gnädigerweise kein Herumhüpfen. Deshalb schlich ich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter, um sie nicht zu wecken. Als ich, penibel darauf achtend, auf keine knarzende Diele zu treten, ihre Tür erreichte, öffnete sie sich, und eine der beiden stand direkt vor mir, wenn auch nicht für lange. Sie trug einen kurzen, weißen Morgenmantel, den sie nicht sehr weit oben an der Brust mit einer Hand zusammenfaßte, und ihre schwarzen Haare klebten ihr asymmetrisch am Kopf wie eine nasse Perücke. Vor allem erstaunte es mich, wie dünn sie war, wie wenig von ihr überall vorhanden war, vor allem dort, wo ihre Hand den Morgenmantel zusammenhielt, aber auch ihr Gesicht im Verhältnis zu den Augen, hohlwangig, weiß wie ihr Mantel und übersät mit winzigen Pickeln wie Schweißperlen. War sie bei der ersten Begegnung aus der Distanz wunderschön gewesen, hatte sie jetzt nicht mehr lange zu leben. Mit einem Aufstöhnen oder Zischen starrte sie den Anblick an, den ich ihr bieten mußte mit den unrasierten Stellen um die zwei blutigen Wattebäusche herum, oder ganz einfach dieses Bild der allgemeinen Triefäugigkeit und Aufgedunsenheit, das da vor ihr aufragte, drehte sich dann forsch um und zog den Bademantel enger um sich, so daß ich in allzu verwirrender

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