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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Frau kam an den Apparat.
    »Tom wie war der Name gleich wieder?«
    »Ripple. Ich war vor ein paar Monaten bei Ihnen zu Besuch.«
    Im Hintergrund hörte ich Brown rufen: »Wer ist denn das schon wieder?«
    »Jemand, der sagt, daß er uns kennt. Hat vor ein paar Monaten angerufen, sagt er.« Ihre Stimme klang nur leicht schläfrig.
    »Um was geht’s diesmal?« rief Brown. »Isolierfenster oder neue Küche? Gib ihn mir mal.«
    »Ich bin durchaus fähig ...«, setzte sie an.
    »Ist ja ganz was Neues, besoffen, aber fähig«, murmelte er, als er ihr den Hörer abnahm, worauf sie kurz aufschrie. »Worum geht’s?« fragte er. »Und die Antwort ist nein, ich kaufe nichts.«
    »Ich bin’s, Tom Ripple. Tut mir leid. Scheine einen schlechten Zeitpunkt erwischt zu haben. Diese Telefonverkäufer sind verdammt lästig, das weiß ich aus eigener Erfahrung.«
    »Mein Gott, Tom. Jeder, der sich einen guten Zeitpunkt aussucht, kann mir so ziemlich alles verkaufen. Wie geht’s, wie steht’s?«
    »Gut. Wollte nur mal hören ... Hab Sie im Connaught vermißt.«
    »Ehrlich gesagt, alter Knabe, ich dachte, Sie hätten die Schnauze voll. Kann’s Ihnen absolut nicht verdenken.«
    »Wie geht’s, ähm ...«
    Er wartete, daß ich den Satz beendete, aber die Frage war irgendwo steckengeblieben, als wüßte sie nicht so recht, was sie sein könnte oder, genauer, sollte, außer daß sie besser gar nicht angefangen worden wäre.

    »Nicht gut, grob gesagt.«
    »Dachte mir nur ... Ich habe mir gedacht, ich schau morgen abend mal ins Connaught.«
    »Weiß im Augenblick noch nicht so genau ...«
    Im Hintergrund war die flehende Stimme seiner Frau zu hören. »Hilf mir auf, Johnny. Kann anscheinend nicht ...«
    »Komme sofort, Liebes«, sagte er. »Muß nur erst diesen unverschämten Verkäufer loswerden.«
    »Was verkauft er denn?« rief sie, und es klang, als hätte sie sich weh getan.
    »Sie verkaufen gar nichts, oder?« sagte er zu mir.
    »Heutzutage nicht mehr, nein.«
    »Vielleicht dann bis morgen. Und danke für den Anruf. Hätte nie gedacht, daß Sie es tun würden.«
    »Warum, ich ...«
    »Ich komm ja schon, Darling, verdammt noch mal. Tut mir leid. Bis bald.«
     
    Am nächsten Abend erschien er nicht im Connaught. War vielleicht auch ganz gut so, denn unsere Nische war voll mit Besuchern aus Belgien, die Bier tranken. Und genau darüber redeten sie die ganze Zeit, die ich dort war, auch die Frauen. Sie waren zu zehnt, offensichtlich irgendein Nachbarschafts- oder Clubausflug. Ich wußte, daß sie aus Belgien kamen, weil drei von ihnen Baseball-Kappen mit der Aufschrift »I love Brussels« trugen. Es waren die Wärme und die Schalheit des Biers, die sie faszinierten. Das vermutete ich zumindest anhand der Art, wie sie große Schlucke davon tranken und dann mit noch halbvollem Mund sofort zu reden anfingen. Sie sahen, daß ich zu ihnen hinüberstarrte, und senkten die Stimmen, doch einer der Männer hob sein Glas und sagte: »Enklisches Birr serr gutt.« Ich nickte und hob Daumen und Ellbogen, worauf mindestens die Hälfte von ihnen sehr heiser, wenn auch nur kurz lachte. Einer sagte: »Prost« und ein anderer: »Auf ex!« Dann lachten sie alle laut und lachten noch immer, als ich hinausging und dabei zwei Dinge dachte: Was für eine fröhliche Veranstaltung die Europäische Union doch zu
werden versprach, und daß ich aus dem Schneider war, was John Brown betraf.
    Auf dem Rückweg den Hügel hoch kam ich ungewöhnlich stark außer Atem. Ich mußte mich tatsächlich auf irgend jemands Gartenmäuerchen setzen, um wieder zu Atem zu kommen. Die Sonne ging eben in einem klaren Himmel unter, und am Horizont loderte das Meer. Zwischen den wenigen Wolkenfetzen tauchten erste Sterne auf. Der Gedanke, den ich nun hatte und den ich jetzt noch am selben Abend niederschreibe, ist der, daß ich meinen letzten Atemzug wohl in einer vergleichbaren Situation tun werde: froh, daß ich einem Freund eine elementare Freundlichkeit nicht erwiesen hatte; denkend, was für gräßliche Trottel eine Gruppe harmloser, belgischer Touristen doch waren; von da an dann zur Farce der Europäischen Union übergehend; überlegend, was ich mir zum Abendessen machen sollte; was für ein wunderbarer Sonnenuntergang das ist und wie unbedeutend wir sind, wenn wir nur eine Sekunde oder zwei innehalten und über die Unermeßlichkeit des Universums nachdenken; muß irgendwann einmal den Treppenteppich saugen; es muß einen Gott geben; wo habe ich eigentlich das

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