Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Stimmen. Wirklich Unmengen. Ein paar davon sind in meinem
Kopf, und ich will einfach, daß sie still sind. Eigentlich will ich auch, daß Sie still sind.«
»Tut mir leid.«
»Das sagen alle. Immer sagen das alle. Meine Mutter sagt immer: >Tut mir leid, Darling. Tut mir leid, Darling. Tut mir leid, Darling ...‹«
Ihre Stimme verklang, und sie schien einzuschlafen. Während ich sie betrachtete, wie sie so in der Ecke des Taxis lehnte, fing sie leise an zu brabbeln, unverständliches Zeug, und ihre Stimme war winzig wie die eines kleinen Mädchens.
Als wir ankamen, wartete ihre Mutter bereits auf uns. Sie lief den Gartenpfad herunter, riß die Taxitür auf, zog ihre Tochter heraus und sagte dabei immer wieder: »Wo warst du denn, Darling? Wo warst du denn?«
Ich folgte ihnen bis zu den Stufen und blieb dann stehen. An der Tür drehte sie sich über dem Kopf ihrer Tochter zu mir um und schaute mich wütend an, als hätte ich sie entführt und mich an ihr vergangen.
»Ich habe sie am hinteren Ende der Promenade entdeckt. Ich dachte ... Sie wollte eben in einen Bus ... Ich dachte ... Bitte sagen Sie Bescheid, wenn ...«
Mit einem sehr knappen Nicken schloß sie die Tür, und ich ging zum Taxi zurück, um den Fahrer zu bezahlen.
»Da haben Sie vielleicht eine«, meinte er. »In ihrem Alter schon besoffen.«
Ich gab ihm einen Zehner mit der Bemerkung, der Rest sei für ihn. Er gab mir seine Karte.
»Jederzeit«, sagte er. »Kostet dasselbe mit oder ohne die Musik.« Das fand er wohl lustig, denn er kicherte, während er den Schein in seine Brieftasche steckte. »Ich nehme alles.«
Er fuhr davon, und ich ging nach Hause und machte mir eine Tasse Tee. Ich nahm sie mit nach oben, legte mich hin und schlief fast sofort ein. Ich bemerkte die Katze nicht, und als ich aufwachte, lag sie zwischen meinen Füßen und schnurrte laut. Es war der rotblonde Kater. Aufgeweckt hatte mich ein Klopfen an der Tür, und
ich ging nach unten. Es war Mrs. Hirst. Der Kater war mir gefolgt, und sie hob ihn auf.
»Ich habe gesehen, daß Sie sie zurückgebracht haben, Professor.«
»Ja.«
»Sie ist nicht ganz richtig im Kopf, oder?«
»Wie’s aussieht nicht.«
»Armes Mädchen.« Ich nickte. »Kann man nichts dagegen machen, mh?«
»Ich weiß es nicht, Mrs. Hirst. Ich weiß es wirklich nicht.«
»Ich auch nicht«, sagte sie und drückte sich den Kater an die Brust. »Darf ich Ihnen etwas sagen?«
»Was denn?«
»Ich glaube, wir sollten nicht darüber reden. Die beiden haben schon genug Probleme.«
»Das hatte ich auch nicht vor.«
»Ich habe es nie getan. Ich finde es nicht richtig. Über so was zu klatschen. Sie sind ein Professor. Sie werden das verstehen, habe ich mir gesagt.«
»Stimmt.«
Sie legte mir die Hand auf den Arm und ging. Das hatte sie noch nie getan. Ich hätte sie beinahe zurückgerufen, um ihr zu sagen, sie solle nicht zögern, mir Bescheid zu sagen, wenn es irgend etwas gebe, das ich tun könne ... Ich schaute zu Nummer 27 hinüber. Die Vorhänge oben waren zugezogen, und ich stellte mir vor, wie das Mädchen dort auf dem Rücken liegend schlief, die Narben nach oben gedreht, die Zähne entblößt in diesem irren Lächeln. Ich hörte ihre Stimme, wie sie in den Kirchenraum stieg und die anderen führte. Ich sah sie am Strand entlanggehen, blind für alles um sie herum, sogar für das Meer. Ich hatte die Dämmerung verschlafen. Der Strand würde jetzt leer sein und das Meer kaum noch zu sehen, nur hier und dort ein paar funkelnde Punkte, die Reflexionen der Lichter, die jetzt in den Hotels und Pensionen angingen. Ich schrieb ein bißchen was davon nieder, schob einen fertigen Fisherman’s Delight Pie in den Ofen und schaute für den Rest des Abends fern. P. D. James.
Sehr spannend, allerdings hatte ich den Täter zu schnell erraten.
Am nächsten Vormittag klopfte die Frau von Nummer 27 an meiner Tür. Ich bat sie herein, doch sie sagte, sie müsse gleich wieder zurück.
»Tut mir leid wegen gestern«, sagte sie. »Ich hatte mir ja solche Sorgen gemacht. Und dann war ich so froh, sie zu sehen, daß ich gar nicht daran dachte ...«
»Bitte ...«
»Wo haben Sie sie gefunden?«
»Am hinteren Ende der Promenade. Sie ist den ganzen Strand entlanggelaufen. Wie gesagt, sie wollte eben in einen Bus in die falsche Richtung einsteigen. Ich dachte ...«
»Wie kann ich Ihnen danken ...«
»Nicht nötig ... Ich habe ihre Gesellschaft sehr genossen.«
Sie hielt sich die Hand vor den Mund, und
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