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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Nachdenkens widmen müßte: »Und der andere muß draußen im Garten bleiben. Armer Kerl. Ein bißchen frostig. In des grimmen Winters Kälte.«
    »Wie bitte?«
    Ich kehrte halb oder immer mal wieder zu meinem kanadischen Akzent zurück. »Ich dachte eben nur an diese langen harten Winter in Nova Scotia. Silvester im Schneesturm. Meister Petz und der grimme Wolf. Arcadia. Wolfville. Und draußen in des Winters Öde die Micmac in ihren Seehundfellen ...«
    Ich schaute wehmütig zum Himmel hoch und schloß die Augen. Als ich den Blick wieder senkte, starrte sie mich an, als hätte ich völlig den Verstand verloren. Bei meinem letzten Besuch in der Bibliothek hatte ich gerade genug gelesen, um über eine Gelehrtenkarriere in Kanada fabulieren zu können — wo so ziemlich jeder, der an einer Universität lehrt, eine Art Professor ist. Ich nickte heftig, als würde sie gleich etwas sagen, dem ich nur von ganzem Herzen zustimmen konnte.
    »Vielleicht ein anderes Mal, wenn Sie ...«, war jedoch alles, was sie zunächst herausbrachte. Dann fand sie ihre Fassung wieder. »Wie auch immer, ich möchte nur noch einmal wiederholen, daß Sie uns sehr willkommen ... Ich glaube wirklich, daß wir dasein sollten, um an der Umkränzung unserer geliebten Heimat mit Freudenfeuern zur Begrüßung des neuen Jahrtausends teilzunehmen, Sie nicht auch? Von Hügelkuppe zu Hügelkuppe.«
    »Eine andere Zeit, ein anderer Ort, Mrs. Felix«, murmelte ich weiter. »Ach ja. Heute Hackfleischpastete und Punsch. Damals das Lagerfeuer und Karibu-Steaks im Kreis der Micmac in ihren Tipis. Das brutzelnde Fleisch. So elementar, die Rauchsignale ... Die Geister der Ahnen ...«
    Sie öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Ich hatte verträumt gesprochen, wie jemand, der nicht ganz von dieser Welt ist, und sie hatte nichts, wo sie einhaken konnte.
    »McDonald’s«, sagte sie schließlich. »Ekelhaft. Ganz meine Meinung. Und diese pappigen Getränke. Keine zehn Pferde ...« Mit einem Winken wandte sie sich zum Gehen. »Bitte kommen Sie, wenn Sie können.«

    Ich legte die Hände wie zum Gebet aneinander und verbeugte mich. Soweit ich wußte, taten Indianer das nicht, aber vielleicht wußte sie das nicht.
    »Sicher doch, Ma’am«, rief ich mit einem Zwinkern und einem anzüglichen Grinsen, um sie wissen zu lassen, daß es darauf noch viel unanständigere Antworten gegeben hätte, und keine davon akademisch.
     
    Sofort danach telefonierte ich mit Virginia. Ich konnte sie nicht direkt fragen, wieviel ihr nicht daran lag, mit mir das neue Millennium zu begrüßen. Richard hatte einen neuen Job gefunden und wieder verloren. Sie erzählte es mir mit einem langen Seufzen, wie um auszudrücken, daß sie gar nichts anderes mehr erwarte. Ihre Arbeit halte sie ganz schön auf Trab. Die Kinder seien eine Plage usw. Es sei so schwer für Richard, diese Demütigungen. Es mache ihn immer fertiger. Sie könne nicht erwarten, daß ich mir dieses Elend ansehe, wolle nur sagen, daß sie sich sehr freuen würden, mich zu sehen. Natürlich. Was sei mit Weihnachten? Schließlich sagte sie: »Mum will kommen. Aber — Dad, ich liebe sie, wirklich. Aber noch mehr stumme Kritik, noch mehr gute Ratschläge halte ich nicht aus. Auf keinen Fall in bezug auf die Kinder, die ziemlich entsetzlich sein können.«
    »Schon, aber könnte sie sie dir nicht auch mal abnehmen? Damit ihr euch beide mal ’ne Pause gönnen könnt.«
    »Du meinst ein Essen zu zweit bei Kerzenschein? Ach, Dad, dann bricht aus Richard alles heraus. Nach ein oder zwei Gläsern. Und wenn wir dann zurückkommen, würde Mum uns nur sagen... ach, du weißt schon. Ich bin schrecklich illoyal.«
    »Ziemlich, ja. Sie ist aber nicht mehr so. So wie ich es sehe, ist der Schlüssel des Ganzen, daß Richard endlich Arbeit findet.«
    »Hast absolut recht, Dad. Wie meistens ... Bete für uns.« Im Hintergrund war Kindergeschrei zu hören. »Muß jetzt Schluß machen.«
     
    Ich sagte wirklich eine Art von Gebet, bevor ich Adrian anrief. Da ich keinen Gott hatte, mit dem ich reden konnte, mußte ich das
Schicksal anrufen. »Laß sie glücklich sein. Mach, daß es ihnen gutgeht.« Das war so ziemlich alles. Das Problem ist, wenn man mit dem Schicksal redet, dann hört man im Hintergrund immer Kichern. Was irgendwie aber auch besser ist als dieses ewige, entschlossene Schweigen, auf das Gott so zu stehen scheint.
    Adrian wollte Weihnachten mit Janes Eltern verbringen, das neue Jahr aber allein begrüßen.
    »Keine Lust,

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