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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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darunter und gab die Sache ungeprüft an Plaskett weiter, als Anhang einer Arbeit, die ich selbst erledigt hatte. Tags darauf rief Plaskett mich in sein Büro. Es war spätnachmittags an einem Freitag, eine Zeit also, da ich kaum noch etwas im Kopf habe außer der Struktur meines Wochenendes, die ja eher ein Flickwerk ist mit großen ausgefransten Löchern darin, die nicht mit Badminton, Lesen, Essen und natürlich Fernsehen gefüllt werden können.
    Wie üblich hatte er den Kopf über den Schreibtisch gebeugt, als hätte er mein Eintreten gar nicht bemerkt — auf mein Klopfen hatte er allerdings mit einem herrischen »Herein!« reagiert —, was mich jedesmal dazu bringt, mir vorzustellen (mir nicht mehr vorstellen zu wollen), wie sein Privatleben aussieht oder, genauer, sein Mangel daran. Er hob den Kopf, spitzte die Lippen und schob mir Hipkins Zahlen über den Schreibtisch zu.
    »Das ist doch nicht Ihre Handschrift, oder, Tom?«
    Ich beugte mich vor und berührte mein Kinn. »Eigentlich nicht.
Ich habe es mir durchgesehen. Ich hatte doch diese andere Arbeit zu erledigen ...«
    »Mir ist klar, daß Sie es gesehen haben. Man kann ja schließlich nicht alles überprüfen.«
    Er hielt mir die Blätter wedelnd entgegen, und ich nahm sie. Nach knapp fünf Sekunden (ich hätte nur die Hälfte gebraucht, wenn er mich nicht angestarrt, wenn er mir einen Stuhl angeboten hätte) sah ich, daß die Prozentanteile nicht auf die richtigen Zahlen bezogen und die Zahlen in die falschen Kategorien eingeordnet waren, daß die Kategorien generell nicht annähernd dem entsprachen, was ich von ihm verlangt hatte, und daß die Gewinnspannen nur etwa ein Drittel dessen waren, was sie hätten sein sollen.
    »Tut mir leid, Mr. Plaskett«, sagte ich. »Ich gehe das alles noch einmal durch.« Und wandte mich zum Gehen.
    »Sie wissen natürlich, wann ich diese Zahlen wollte?«
    Auf dem obersten Blatt, das ich direkt vor meinen Augen hatte, las ich Bis FREITAG MITTAG. Ich blätterte in dem Stapel, um ihm Zeit zum Fortfahren zu geben. Er schaute auf die Uhr.
    »Irgend jemand muß da ein paar Überstunden einlegen, meinen Sie nicht auch?« sagte er.
    »Tut mir wirklich leid. Reicht es bis Montag morgen?«
    Wenn ich mich ein wenig anstrengte, konnte ich die Daten in ein paar Stunden komplett neu aufschlüsseln; ein bißchen was konnte ich gleich erledigen und trotzdem noch rechtzeitig für meine erste Sendung zu Hause sein, und den Rest dann übers Wochenende, wodurch ich mindestens zwei oder drei der kleineren Löcher würde füllen können, bei denen ich noch nicht wußte, was ich damit anfangen sollte.
    »Also kommen Sie, Tom. Das ist eine beschissene Arbeit. Wer ist verantwortlich dafür? Ihr Stil ist das auf jeden Fall nicht, das ist mal klar.«
    Da konnte ich ihm nicht widersprechen. Alles, was ich ihm vorlegte, war fehlerlos und immer ein kleines bißchen besser als das, was er verlangt hatte — ein detaillierterer Vergleich, eine eindrucksvolle Graphik, solche Sachen eben. Ich bin penibel, nicht nur, weil ich ihn fürchte, sondern auch, weil ich, wenn ich nicht
alles ein dutzendmal nachprüfen und diese kleinen Extras hinzufügen würde, nicht auch nur annähernd genug zu tun hätte. Mein Schreibtisch steht an exponierter Position, und Plaskett kommt immer an ihm vorbei, wenn er zum Lift geht, der ihn himmelwärts in die oberen Stockwerke bringt, wo das Topmanagement lebt und arbeitet und seine Seinsberechtigung hat. Ich muß dafür sorgen, daß immer Mengen von Papier auf meinem Schreibtisch liegen und ich einen Stift in der Hand und engagierte Konzentration im Gesicht habe, wenn ich dort sitze. Wenn ich nach Hause gehe oder am nächsten Morgen zurückkehre, habe ich immer eine prall gefüllte Aktentasche bei mir, mit der Plaskett mich schon einige Male gesehen hat (eher als sie mit mir), wobei ich allerdings eingestehen muß, daß ein in dickes, braunes Packpapier gewickelter Ziegelstein vielleicht ein bißchen übertrieben ist. Nicht daß Plaskett mich auf seinem Weg himmelwärts überhaupt sehen würde. Wenn ich nur seine Miene beschreiben könnte, wenn er auf den Aufzugsknopf drückt und seine Manschetten zurechtrückt. Er versucht, zugleich unterwürfig und gebieterisch, eifrig und entspannt, selbstbewußt und zurückhaltend auszusehen und dazu eine Aura interessierter Weltklugheit auszuströmen; was dabei aber herauskommt, ist der Eindruck einer Person, die sich gleich in die Hose macht. Vielleicht hat er es vor Aufregung

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