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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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ich so ein Mitleid mit ihr,
daß sie mir plötzlich nicht mehr abstoßend vorkam, und auch mit ihm, weil er uns beide ausspionierte; ich empfand einen plötzlichen Abscheu, gefolgt von Scham über diesen Abscheu, weil ich ja ebenfalls spionierte. Und dann hatte ich diesen Impuls, ihm zu winken, Schulter und Hände in einer Geste der Niederlage angesichts der Natur der Sache zu heben, ihm zu zeigen, daß es mir leid tat, daß die Art, wie er sich jetzt fühlte, die magenkalte Angst des Wartens, der Selbstekel, uns zuzuschreiben war und daß, Gott bewahre, auch mir diese Regungen nicht fremd waren, wenn auch nur im wildest wuchernden Gestrüpp der Phantasie.
     
    Mein Sohn stand mit einer Gabel in der Hand am Herd und sah den Kartoffeln beim Kochen zu. Ich faßte ihn an der Schulter und führte ihn in unser Wohnzimmer mit Blick auf den Garten, in den die Taube von zuvor, jetzt in Begleitung einer zweiten, zurückgekehrt war. Er blieb sehr dicht bei mir, bis ich den Mund aufmachte.
    »Das muß ekelhaft für dich sein. Besser, du gehst nicht mehr rüber.«
    Er entzog sich meiner Hand. »Ich hasse ihn«, sagte er.
    Er konnte mein Nicken nicht sehen, deshalb klopfte ich ihm auf die Schulter. »Es gibt Leute, die sind einfach so. Das ist gräßlich, ja. Aber meistens sind es unglückliche Menschen. Warum willst du nicht, daß ich es Mum erzähle?«
    »Du weißt schon.«
    »Weil sie sich wahrscheinlich aufregt und alles nur noch schlimmer macht und überhaupt nicht mehr aufhört.«
    »Ja.«
    Er kam wieder näher, aber nur für eine Sekunde, eher so als wäre er kurz davor, sich ganz zurückzuziehen. So waren wir beide noch nie zusammengestanden, nebeneinander, meine Hand auf seiner entfernten Schulter. Ich wollte ihn so bei mir behalten, sogar gegen seinen Willen.
    »Ich könnte es der Polizei melden.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist noch schlimmer. Ich will über die Sache überhaupt keine Fragen beantworten. Ich glaube, Mrs.
Webb würde sterben oder so was. Er versteckt seine Fotos und so in einem Geheimfach unten in seiner Werkzeugkiste.«
    »Armer, verkommener Mistkerl«, sagte ich und bedauerte dabei, daß ich in unserem Haus keine Stelle hatte, wo ich es riskieren konnte, schmutzige Magazine zu verstecken.
    »Ich habe nicht mal den Stuhl fertig gemacht. Er sollte für dich sein.«
    »Bin ich so groß, daß du mich nur im Sitzen ertragen kannst?«
    Darauf kam nicht einmal der Anflug eines Lächelns. »Kann ich mir in deiner Garage eine Werkstatt einrichten, Dad?«
    Ich hüstelte. »Natürlich kannst du das, denke ich.«
    »Du hast nicht viel Ahnung vom Tischlern, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. Etwas anderes war inzwischen viel wichtiger geworden. »Deine Mutter würde es sich zu sehr zu Herzen nehmen, darum geht’s doch eigentlich, oder? Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie ich es anstellen sollte, daß sie sich nicht aufregt.«
    »Ach, Mum «, sagte er. »Sie ist einfach nur Mum, nicht?«
    In diesem Satz lag viel Liebe, wahrscheinlich so viel, wie es nur geben konnte. »Und ich glaube nicht, daß du es irgendwie besser machen könntest«, sagte ich, als er sich von mir zurückzog.
    »Natürlich könnte ich es nicht, Dummkopf.« Er grinste schüchtern zu mir hoch und sah dann seine Schwester den Gartenpfad entlangkommen. »Und sag auf keinen Fall ihr was, versprochen?«
    »Wer ist jetzt der Dummkopf?«
    »Sie würde es überall herumerzählen.«
    Ich zwinkerte ihm zu. »Meinst du, du kommst jetzt zurecht?«
    »Mir ist ein bißchen schlecht. Habe keinen Appetit aufs Abendessen. Er hatte so einen fürchterlichen Blick, richtige Glotzaugen. Ich will, daß er bei einem Autounfall ums Leben kommt.«
    »Schau, Adrian, sieh’s so, daß du in der Schule und von deiner Mutter ein bißchen was über die Tatsachen des Lebens gelernt hast. Aber die Lust, was wir uns damals bei diesen gräßlichen Tieren anschauen mußten, bei Gott, die schlägt manchmal ein bißchen über die Stränge, ähm, die ist nicht sehr wählerisch, macht manchmal verdammt blöde, fiese Sachen.«

    »Du würdest so was nie tun.«
    »Das will ich doch sehr hoffen. Auf jeden Fall ...«
    »Na also. Ich kann ihn doch weiterhin hassen, oder, für alle Ewigkeit?«
    »Natürlich kannst du das.«
    In diesem Augenblick kam Virginia herein. Sie war mal wieder in guter Stimmung.
    »O Mann, der macht heute doch tatsächlich das Abendessen, unser Blödschädel persönlich.«
    »Schnauze, Arschgesicht.«
    »Das reicht«, sagte ich beschwichtigend, denn so eine

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