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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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ich nicht jemand, den er schon mal irgendwo gesehen hatte? Unwichtig. Es wirkte, als könnte er kaum glauben, daß er an diesem strahlenden Sommernachmittag so glücklich sein konnte an einem Ort, wo früher das Glück mit seiner Frau sich darin erschöpfte, es weiterhin mit ihr zu teilen. Ich winkte ihm nicht. Hätte ich es getan, hätte er nur zurückgewinkt, ohne sich zu fragen, wer ich bin, denn es wäre ihm egal gewesen.
    In unserem Garten spielten zwei kleine Kinder auf einer Schaukel und einem Dreirad. Ich dachte nicht lange über sie nach. Im Gegensatz zu meiner Tochter macht es mir wenig Spaß, Vergangenes noch einmal zu durchleben und über die Vergänglichkeit der Zeit zu reflektieren. Um weiterhin ehrlich zu bleiben, ich bezweifle stark, daß ich, beim Blick aus dem Wohnzimmerfenster auf meine Kinder, die in diesem Alter im Garten spielten, etwas anderes im Kopf hatte als den Gedanken, falls es überhaupt ein solcher war und nicht nur ein wortloses Bild: »Das sind meine Kinder.« Worauf ich dann wahrscheinlich auf meine Uhr geschaut hätte, in der Hoffnung, sie würde mir zeigen, daß es für sie Zeit war, ins Bett zu gehen, und daß nicht ich an der Reihe war, ihnen eine Geschichte vorzulesen, damit ich in Ruhe fernsehen konnte.
     
    Die Wahrheit ist, ich denke nicht oft an meine Frau, außer wenn ich mich zufällig an eine Szene aus der Vergangenheit erinnere, in der sie eine Rolle spielte. Als ich mich das letzte Mal mit meiner Tochter traf, erzählte sie mir, sie seien jetzt zu einem anderen Mann gezogen.
    »Ich habe nichts dagegen«, sagte ich und meinte es ernst. Ich
fragte sie, wie er denn so sei, damit ich keine Vermutungen über ihn anstellen mußte.
    Sie sagte mir, er habe buschige Augenbrauen, einen schottischen Akzent und einen Bart, er trage eine Lesebrille und habe dieselben Interessen wie meine Frau, da er im selben Bereich tätig sei. Außerdem rauche er eine gebogene Pfeife und habe eine Schwäche für Schnapspralinen. In der Leihbibliothek wählten sie ihre Bücher gemeinsam aus, und wenn sie sie gelesen hatten, diskutierten sie darüber. Manchmal läsen sie sich auch gegenseitig vor. Sie schrieben gemeinsam an einem Essay über Streß bei Teenagern, der auf einer Konferenz in Manchester vorgetragen werden sollte. Der Mann schrieb außerdem selbst ein Buch und war stellvertretender Chefredakteur einer Zeitschrift. Meine Tochter sagte mir, er achte noch mehr als meine Frau darauf, daß sie und Adrian aus den langen Gesprächen, die sie miteinander führten, nicht ausgeschlossen würden. (Ich verkniff mir den Einwurf: »Aber keine unendlichen, oder? Irgendwann müssen sie ja ins Bett.«) Oft fragte er sie, was sie über dies oder das dachten, und meine Tochter war mit mir der Meinung, daß er wahrscheinlich etwas nachprüfte, was er in seinem Buch über Teenager schreiben wollte, da er selbst keine Kinder hatte. Ach, die Glücklichen, dachte ich, sie müssen nicht die ganze Zeit erklären, was sie bei allem möglichen empfinden, bis die einzigen Empfindungen, die sie noch haben, sich darum drehen, daß sie sie erklären müssen. Er sei immer fröhlich, sagte meine Tochter. Er mache Ausflüge mit ihnen, und manchmal nehme er sie auch in den Arm. An dem Punkt hob ich die Augenbrauen.
    »Ach, nicht so, Daddy«, sagte sie. »Er ist völlig harmlos.«
    Es freute mich, daß sie mich beruhigen wollte. Ich sagte nicht, ich sei sicher, er wolle ihnen keinen dauerhaften Schaden beifügen, aber niemand sei perfekt, und was sie betreffe, sei es eben immer mehr oder weniger »so«. Immer.
     
    Ich habe auch weiterhin nichts dagegen, daß meine Frau sich mit einem anderen Mann eingelassen hat, den meine Kinder offensichtlich mögen oder zumindest nicht ablehnen. Mein Sohn erwähnte
ihn mit keinem Wort, deshalb sagte ich ihm, daß Virginia mir von ihm erzählt habe und daß er ja offensichtlich ein recht netter Kerl sei. Mein Sohn nickte, und ich suchte nach Anzeichen von Streß bei ihm, hätte allerdings diesen Essay ganz gern in Händen gehabt, damit ich wüßte, wonach ich suchen sollte.
    Mein Sohn sagte: »Er freut sich schon, dich kennenzulernen.«
    »Das wäre nett«, erwiderte ich.
    »Ich glaube, Mum will ihn heiraten.«
    »Ich habe nichts dagegen. Vorausgesetzt, daß auch du nichts dagegen hast.«
    Er zuckte die Achseln. »Wenn es dir nichts ausmacht, macht es auch mir nichts aus.«
    »Dann ist es ja okay.«
    »Glaub schon. Es wäre mir nur lieber, wenn er uns nicht dauernd fragen würde, was

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