Ein unbezaehmbarer Verfuehrer
grimmig auf den Welpen.
„Das ist Sir Alistairs Hund", sagte Abigail rasch, ehe er ihnen den Welpen wegnehmen konnte. „Wir passen für Sir Alistair auf ihn auf."
Mr Wiggins kniff die Augen zusammen, bis sie in seinem zerfurchten Gesicht fast verschwanden. „Macht sich die Tochter vom Duke aber die Händchen dreckig, was?", höhnte er.
Abigail biss sich auf die Lippe. Sie hatte gehofft, dass er vergessen hätte, was Jamie gestern herausgerutscht war — vergebens.
Aber Mr Wiggins war in Gedanken längst woanders. „Passt bloß auf, dass der mir nich' in die Küche pisst. Hab hier schon genug zu tun, kapiert?"
„Er macht nicht ...", ereiferte sich Jamie, doch Abigail schnitt ihm das Wort ab.
„Wir passen auf", versicherte sie liebenswürdig.
„Will ich wohl mein'n", grunzte Wiggins und trollte sich wieder.
Abigail wartete, bis er in der Burg verschwunden war, dann fuhr sie ihren Bruder an. „Du sollst doch nicht mit ihm sprechen!"
„Du hast mir gar nichts zu sagen!", schrie Jamie, ganz rot im Gesicht. Seine Unterlippe zitterte verräterisch.
Abigail wusste, dass dies das untrügliche Zeichen für einen drohenden Wutanfall oder einen Weinkrampf oder sogar beides war, doch das sollte sie nicht abhalten, ihm ins Gewissen zu reden. „Hör zu, Jamie, das ist wirklich wichtig: Du darfst ihm nichts über uns verraten. Und wenn er dich noch so sehr ärgert, sag einfach nichts zu ihm."
„Hab doch gar nichts gesagt", murmelte Jamie, was natürlich nicht stimmte, wie beide wussten.
Abigail seufzte. Jamie war eben noch sehr klein, und mehr konnte sie von ihm kaum erwarten. Sie hielt ihm den Welpen hin. „Da, möchtest du Puddles mal nehmen?"
„Er heißt nicht Puddles!", erboste sich Jamie, drückte den kleinen Hund an seine Brust und vergrub sein Gesicht im weichen Welpenfell.
„Ich weiß."
Abigail lehnte sich zurück und schloss die Augen. Wie gut es tat, sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Sie sollte Mama erzählen, was Jamie ungewollt verraten hatte. Am besten jetzt gleich. Aber dann würde Mama nur verärgert sein und sich Sorgen machen, und das neue Glück wäre gleich wieder dahin. Vielleicht war es auch nicht weiter wichtig.
„Puddles hat die Stallungen noch gar nicht gesehen", sagte Jamie neben ihr. Seine gute Laune schien zurückgekehrt zu sein. „Komm, wir zeigen sie ihm."
„Na schön.”
Abigail stand auf und folgte ihrem Bruder durch das nasse Gras zu den Stallungen. Warum auch nicht? Es war ein herrlicher Tag, und sie konnten sich um den süßen kleinen Hund kümmern. Doch etwas ließ sie noch einmal einen Blick über die Schulter werfen in die Richtung, in die Mr Wiggins verschwunden war. Von ihm war nichts mehr zu sehen, doch am Horizont zogen dunkle, schwere Wolken auf.
Sie fröstelte leise und rannte los, um Jamie einzuholen.
„Es heißt, Wheaton wolle eine neue Gesetzesvorlage für Soldatenpensionen ins Parlament einbringen", sagte der Earl of Blanchard und lehnte sich so heftig zurück, dass Lister fürchtete, der Stuhl würde zusammenbrechen.
„Der Mann gibt auch nie auf", meinte Lord Hasselthorpe verächtlich. „Jede Wette, dass sie ohne große Debatte abgelehnt wird. Was meinen Euer Gnaden?"
Lister blickte nachdenklich in seinen Brandy. Sie saßen in Hasselthorpes Studierzimmer, einem durchaus behaglichen Raum, auch wenn er in Rosa und Violett gehalten war. Hasselthorpe war ein nüchterner Mann von kühlem Verstand — sein Ehrgeiz war es, Premierminister zu werden, und das vielleicht schon bald —, seine Gattin allerdings kannte man als selten törichtes Dummchen, Vermutlich war sie für das Dekor verantwortlich.
Lister sah auf und erwiderte den Blick seines Gastgebers. „Wheatons Gesetzesvorlage ist natürlich blanker Unsinn. Man stelle sich nur vor, was es die Regierung kosten würde, wenn jedem Trottel, der jemals in der Armee Seiner Majestät gedient hat, eine Pension gezahlt werden würde. Es könnte allerdings sein, dass er damit bei der Bevölkerung auf breite Zustimmung stößt."
„Ich bitte Sie, Sir — glauben Sie allen Ernstes, dass dieser Blödsinn durchs Parlament kommt?" Blanchard wirkte fassungslos.
„Durchkommen wohl nicht", sagte Lister. „Aber es könnte zu Unruhen kommen. Haben Sie nicht die Flugblätter gelesen, die auf der Straße kursieren?"
„Diese elende Phrasendrescherei dürfte kaum ernst zu nehmen sein", schnaubte Hasselthorpe.
„Nicht für uns, aber das Publikum der Kaffeehäuser könnte sie durchaus umstimmen.”
Weitere Kostenlose Bücher