Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
dachte einen Moment nach. »Cam!«, rief sie dann. »Kommst du bitte einmal her?« Sie hörte zwar seine Schritte, trotzdem fuhr sie zusammen, als er sie berührte. »Setzt du dich bitte zu mir?«
Er zögerte. »Natürlich«, sagte er dann und nahm neben ihr auf der Chaiselongue Platz.
»Was ist mit dir los?«, fragte Gina und bemühte sich, die Frage weder tadelnd noch vorwurfsvoll klingen zu lassen.
»Nichts«, erwiderte er mit erzwungenem Gleichmut. »Nichts außer dem Umstand, dass ich es hasse, von einem kleinen Anwalt eingesperrt zu werden, der obendrein vermutlich ein wertvolles Kunstwerk gestohlen hat.«
Gina hatte Cam untergehakt, damit er sich nicht fortschleichen konnte. Vielleicht reagierten Männer nach der Liebe immer so gereizt … Doch dann kam ihr ein noch schrecklicherer Gedanke. Vielleicht war Cam wütend, weil sie die Annullierung sabotiert hatten, da Gina nun ihre Unschuld verloren hatte. Ein kummervoller Schmerz stach ihr sowohl ins Herz als auch in die Magengrube.
»Bist du wütend, weil wir die Annullierung jetzt nicht mehr bekommen werden?«, fragte sie ohne Umschweife.
»Nein«, gab Cam kurz angebunden zurück, als interessierte ihn dieses Problem nicht sonderlich. »Du gehörst jetzt zu mir.« Gina spürte ein aufgeregtes Kitzeln im Bauch. Noch nie hatte sie wirklich zu jemandem gehört. Selbst ihre Mutter war nicht ihre richtige Mutter gewesen und ihr Ehemann nicht ihr wahrer Ehemann. Es lag etwas seltsam Beruhigendes in der Art, wie er es gesagt hatte.
»Was ist es dann?«, fragte sie.
»Um Himmels willen, ich hab doch gesagt, es ist nichts!«, brüllte Cam und sprang wieder auf. Gina erhob sich ebenfalls, auch wenn sie die Vorstellung verabscheute, in der Finsternis hinter ihm herzustolpern.
Aber Cam riss sich los und entfernte sich ein paar Schritte. »Es ist doch bloß dunkel, Gina«, sagte er rau. »Kein Grund, völlig aus dem Häuschen zu geraten.«
»Aber ich gerate doch … « Gina brach ab. Er war derjenige, der Angst hatte. Wie seltsam, dass sie das nicht sofort gemerkt hatte!
Cam konnte nicht weit gekommen sein, deshalb lief sie einfach in die Richtung, aus der sie seine Stimme vernommen hatte, bis sie gegen seinen warmen Körper prallte. Er lehnte an der Wand, vollkommen erstarrt. Sie nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn. Zuerst reagierte er überhaupt nicht, doch dann wurde seine Lippen weich.
Gina glaubte fast schon, sie hätte ihn beruhigt, als er sie plötzlich fortschob und mit gepresster Stimme sagte: »Gott schütze mich vor einem unersättlichen Weib!«
Gina verkniff sich eine Antwort und zählte im Geiste bis zehn.
»Das war scherzhaft gemeint.«
Wieder zählte sie bis zehn. Wie sie Carola einmal gesagt hatte, zahlte Schweigen sich zuweilen aus.
Und siehe da: Es wirkte. Er streckte die Arme nach ihr aus und drückte seinen Mund in ihr Haar. Zunächst konnte Gina nicht verstehen, was er murmelte. Er wiederholte es.
»Kennst du schon den Witz von dem Priester, dem Puritaner und der Winzertochter?«
»Nein«, sagte Gina.
»Ich kann dir auch ein Rätsel aufgeben«, bot er an.
»Lieber nicht. Ich war nie sehr gut im Rätselraten.«
»Ich möchte nicht, dass du dich in der Dunkelheit fürchtest.« Seine Stimme bebte vor unterdrückter Wut. »Ich werde Finkbottles Kopf fordern, weil er es wagte, dich in eine derart unerträgliche Lage zu bringen.«
»Ich habe keine Angst«, sagte Gina schlicht. Sie zog seinen Kopf zu sich herab, damit sie ihn küssen konnte. »Würde es unsere Lage erleichtern, wenn ich dir ein paar Rätsel aufgäbe? Leider kann ich mich nicht immer an die richtige Auflösung erinnern.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, nur unterbrochen von ein oder zwei Tropfen, die aus dem Rohr ins Becken fielen.
»Rede ich dummes Zeug?«, fragte Cam schließlich.
»Du bist verstört. Ich zum Beispiel bekomme Krämpfe, wenn ich Schlangen sehe. Sag also nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!«
Ein Kuss landete auf ihrer Nase. »Wenn ich anfällig für Krämpfe wäre, so wäre dies wohl die Situation, in denen sie mich überfallen würden.«
»Sollen wir lieber bei brennender Lampe schlafen?«
»Nein. Ich werde nur unruhig in Räumen, die kein Licht und kein Fenster haben.« Er zögerte. »Vater sperrte mich immer in Kabinetten und Schränken ein, wenn er mich bestrafen wollte.«
»Das hat er auch bei mir versucht! Das heißt, er hat es einmal getan. Er sperrte mich im Weinkeller ein, und ich habe meiner Mutter davon geschrieben.
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