Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
Eichhörnchens. Sie war auf merkwürdige Weise schön, er nur ein merkwürdiger Kauz. Doch die Familienähnlichkeit war unübersehbar. Stolz und eine außerordentliche Arbeitsmoral mussten in der Familie liegen, dachte Cam.
Gina kaute auf ihrer Unterlippe. »Warum wollen Sie die Aphrodite?«, fragte sie. »Cam sagt, sie sei nicht viel wert.«
»Die Statue an sich ist nicht so wertvoll«, stimmte Wapping zu. »Obwohl Franz Fabergé, ihr Schöpfer, sich mit seinen zusammenklappbaren Kunstwerken in Paris schon einen Namen gemacht hat.«
»Man kann sie aufklappen!«, stieß Cam hervor. »Natürlich – an ihrer Seite verläuft eine Naht!«
»Sie wollten also das stehlen, was in der Statue steckt? Schmuck? Edelsteine?«, fauchte Gina.
Wapping schien von ihrer Heftigkeit wenig beeindruckt zu sein. »Ich weiß nicht genau, was sich in der Statue befindet«, gab er zu. »Ich habe meine – unsere – Mutter nur einmal gesehen, und zwar auf ihrem Sterbebett. Sie sagte mir, ihr kostbarster weltlicher Besitz befinde sich in der Aphrodite, und sie würde sie Ihnen schicken.«
Gina biss sich auf die Lippen. »Das war nicht sehr freundlich von ihr.«
Wapping zuckte die Achseln. »Freundlichkeit hatte ich von ihr nicht erwartet. Aber ich brauchte dringend mehr Zeit, um mein Buch zu beenden. Zum Glück bin ich im letzten Jahr, als ich Ihr Lehrer war, gut vorangekommen.«
»Sie hatten gehofft, sie würde Ihnen etwas hinterlassen«, sagte Cam.
»Wäre das so abwegig? Immerhin war sie meine Mutter, und sie scheint eine Menge Ausgaben gespart zu haben, indem sie mich nicht aufgezogen hat.«
»Und Sie … Sie sind also mein Halbbruder?«, fragte Gina.
»Wir haben diese herausragende Tatsache doch bereits festgestellt«, bemerkte Wapping trocken.
»Sie können die Aphrodite haben. Ich will sie nicht.«
»Ich will nicht die Statue «, sagte er mit einem Anflug von Ungeduld.
»Sie können das haben, was darin ist.«
»Gut«, sagte er. »Da wir dies nun geklärt haben, hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich wieder meiner Arbeit widme? Ich brauche noch mindestens eine Stunde, bis ich das Kapitel beenden kann. Ich schlage vor, wir treffen uns morgen Nachmittag und öffnen gemeinsam die Aphrodite.«
Cam trat ein paar Schritte vor und nahm den Arm seiner Frau. Er erkannte, dass sie vor Verblüffung mit Stummheit geschlagen war und womöglich zur Salzsäule erstarren würde, wenn sie ihren zugegebenermaßen eigentümlichen Bruder noch länger anstarrte. »Wir sehen Sie dann morgen, Wapping!«, rief er über die Schulter zurück.
Der Mann grunzte nicht einmal, um sein Einverständnis kundzutun. Sein Kopf war bereits wieder über den Tisch gebeugt, während er den tintenbefleckten Text rasch auf ein frisches Blatt übertrug.
Als Cam Gina wieder auf sein Zimmer brachte, protestierte sie nicht. »Ich kann nicht fassen, dass er mein Bruder ist«, flüsterte sie und lehnte sich kraftlos an die Tür.
»Er sieht genauso aus wie du. Ihr seid euch im Grunde sehr ähnlich.«
»Ich sehe überhaupt nicht so aus wie er!«, widersprach Gina gekränkt.
»Ich meine eure Art«, gab Cam selbstgefällig zurück. »Ihr seid vom selben Schlag.«
»Was willst du denn damit sagen?«
»Ihr seid Menschen, die die Dinge gern selbst in der Hand haben.« Er kicherte. »Stets seid ihr davon überzeugt, das Richtige zu tun, und zwar auf die einzig richtige Art und Weise.«
Gina schob trotzig die Unterlippe vor. »Wir haben überhaupt nichts gemeinsam. Ich werde ihm die Edelsteine geben, die in dieser elenden Statue versteckt sind, und damit findet die ganze Sache ein Ende.«
Cam schaute sie mitfühlend an. »Ich weiß, dass dies ein Schock für dich war, Gina. Aber damit ist die Geschichte leider noch nicht beendet. Der Mann ist dein Bruder. Überdies bezweifle ich, dass in der Aphrodite viele Edelsteine versteckt sind«, überlegte er. »Ich glaube schon, dass sie innen hohl ist, aber sie ist vermutlich nicht voller Smaragde.«
»Was sollte sich denn sonst darin befinden? Gräfin Ligny hat Mr Wapping doch gesagt, dass die Statue ihren kostbarsten Besitz enthält.«
»Ich frage mich, warum sie die Figur dir geschenkt hat und nicht ihm.«
»Vermutlich weil er sie mit diesem überheblichen Blick angesehen hat«, sagte Gina. »Ich an ihrer Stelle hätte ihm auch nichts hinterlassen. Sein Vater muss ein aufgeblasener Wichtigtuer gewesen sein. Trotzdem muss ich etwas für ihn tun.« Sie legte die Stirn in Falten. »Ich frage mich, ob … «
» Wir
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