Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
sehr lustig«, befand er, als sie die Tanzfläche verließen. »Eine feine englische Gesellschaft, die im Kreise hüpft.«
»Hattest du als Junge keinen Tanzlehrer?«, fragte Gina ein wenig perplex.
»Hin und wieder. Vater hatte doch immer Mühe, die Dienerschaft zu halten, wie du dich vielleicht erinnerst.«
»Und in Griechenland wird wohl nicht so viel getanzt?«
»Oh doch! Dort tanzt das ganze Dorf.«
»Du tanzt mit Dörflern?« Einigermaßen fassungslos sah Gina ihren Ehemann an. Er war so ganz anders als der Junge, den sie einst gekannt hatte. Die Erinnerung an ihre Hochzeit war ohnehin verschwommen, deshalb hatte sich Gina ihren Mann immer als ältere Version des schlaksigen, dünnen Burschen vorgestellt, der so gut Puppen aus Holzscheiten zu schnitzen wusste.
Doch der Cam, der jetzt vor ihr stand, war breitschultrig und groß. Er kam nach seinem Vater, fand Gina. Und er schien fast nur aus Muskeln zu bestehen, die wahrscheinlich von der anstrengenden Bildhauerarbeit herrührten. Gina hatte noch nie darüber nachgedacht, dass ein Bildhauer schwere körperliche Arbeit verrichtete. Cam fiel in diesem eleganten Ballsaal auf wie ein lila Elefant, nicht zuletzt wegen seines ungezügelten, verführerischen Lächelns.
»Früher kamst du mir ganz normal vor«, sagte Gina erstaunt. »Aber heute … «
Cam wartete mit hochgezogenen Brauen.
»Du passt nicht hierher«, sagte sie und hoffte, er würde es ihr nicht verübeln.
»Das würde ich auch nicht wollen«, lautete seine prompte Erwiderung. »Ich kann mich aber noch gut an den ganzen Firlefanz rund um einen Ball erinnern. Soll ich mich zur Bar durchkämpfen und dir etwas zu trinken besorgen?«
»Das wäre wirklich wunderbar«, sagte Gina, der die Vorstellung gefiel, diesen Barbaren auf einen Besorgungsgang für sich zu schicken. »Ich hätte gern ein Glas Champagner. Rosé, wenn ich bitten darf.«
Cam schaute sich suchend um und stieß einen Diener an, der neben der Tür stand. »Du! Hol mir zwei Gläser Rosé-Champagner, wenn ich bitten darf.«
Der Lakai schaute sich erschrocken um, kam dem Befehl jedoch unverzüglich nach.
»Das darfst du eigentlich nicht«, tadelte Gina, obwohl sie lachen musste. »Der Butler hat die beiden Diener an der Tür postiert, falls ihre Hilfe benötigt wird.«
»Wofür?«
»Was ist, wenn eine Dame in Ohnmacht fällt?«
Er musterte sie von Kopf bis Fuß. »Du wirkst aber ganz gesund. Ist dir irgendwie schwindelig?«
»Nein, natürlich nicht.« Etwas in seinem lässigen Blick ließ ihr das Blut in die Wangen steigen und machte sie ein wenig benommen.
Zu ihrer Erleichterung tauchte Sebastian in diesem Moment auf und verbeugte sich überkorrekt. Gina merkte, dass er nicht gerade erfreut war, sie hier mit ihrem Ehemann anzutreffen. Früher am Abend hatte er gesagt, er hoffe, der Herzog reise bald nach London, um das Verfahren der Annullierung nicht unnötig zu verkomplizieren.
Cam erwog, die Verbeugung zu erwidern, entschied sich dann aber dagegen. Er hatte allmählich genug davon, ständig den Boden anzustarren. In diesem Augenblick kehrte der Diener mit zwei Sektgläsern zurück. »Vielen Dank«, sagte Cam, nahm die Gläser und reichte Gina eines. »Tut mir leid, dass wir kein Glas für Sie haben, Bonnington.«
Gina seufzte. Sebastians Mund schloss sich wie ein Fangeisen. Offenbar war er der Meinung, dass sie mehr als genug getrunken habe, und sie musste ehrlich zugeben, dass er recht hatte. Und nichts hasste sie mehr als das träge Gefühl am Morgen danach. »Ich möchte keinen Champagner mehr. Würde es dir etwas ausmachen, mir ein Glas Limonade zu holen, Sebastian?«
Er nickte ihr wohlwollend zu und nahm ihr das Glas aus der Hand. Nach einer neuerlichen Verbeugung schlängelte er sich langsam mit dem Glas in der Hand aus dem Saal.
»Wie zum Teufel hat er’s geschafft, sich zu verbeugen, ohne einen Tropfen zu verschütten?«, wunderte sich Cam. »Verdammt! Jetzt müssen wir uns mein Glas teilen, und ich hatte mich so darauf gefreut.« Und er hielt Gina sein Glas mit einem so fröhlichen, schelmischen Zwinkern hin, dass sie es, ohne nachzudenken, nahm und einen Schluck trank.
Cam lehnte sich lässig an die Wand. »Sollte dich jetzt nicht irgendein Mann wegen dem nächsten Tanz belästigen?«
»Ich hatte ihn Sebastian versprochen.« Wieder nahm sie einen Schluck des prickelnden Getränks und überlegte, warum ihr Puls so raste.
»Aber du kannst doch nicht zweimal mit dem gleichen Mann tanzen«, sagte Cam.
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