Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
nahm die Einladung an … ihr Mund öffnete sich.
Der Walzer, die Vorhänge, der Champagner … Cam nahm all das nicht mehr wahr. Er spürte die Spannung in seinen Lenden und beugte sich über ihr Gesicht, um ihren Mund unter den seinen zu nehmen. Er umfasste das zarte, vollkommene Oval ihres Gesichts mit seinen schwieligen Händen und trank von ihr, als wäre sie Nektar. Das Paarungsspiel. Dies war nicht länger Freundschaft, nicht Begrüßung. Nur einen Wimpernschlag hatte es gedauert, und der Kuss war zu einer begehrlichen Vereinigung ihrer Münder geworden. Cam hatte seine Finger in ihrem Haar vergraben, und sie hatte ihre Hand um seinen Nacken geschlungen. Sein Mund presste sich auf ihren zu einem süßen Kuss, zu heißen Küssen, die die umgebende Luft erhitzten.
Doch dann, plötzlich, unterbrach sie den Kuss und stieß ihn hart gegen die Schulter.
Cam zuckte zurück. Einen Augenblick lang starrten sie einander an. Dann schob Gina den Vorhang zurück. Und tatsächlich kam ihr Verlobter gerade quer durch den Ballsaal auf sie zu.
»Bitte entschuldige«, sagte Gina. »Ich muss wohl für einen Moment vergessen haben, wer du bist.«
Cam spürte, wie Zorn in ihm aufwallte. Keine Frau vergaß, wer er war, wenn er sie in seinen Armen hielt – keine. Und ganz besonders nicht seine eigene.
»Wie es scheint, wird uns Bonnington gleich vor einer besonderen Peinlichkeit der Ehe bewahren«, sagte er gedehnt.
»Ist dir denn etwas peinlich?« Gina hob eine zarte Augenbraue.
Er musste zugeben, dass sie mit der Situation ebenso souverän umging wie er. Verflucht sollte er sein, wenn er glaubte, dass sie noch nie in einem jener Alkoven gewesen war. Er antwortete, ohne nachzudenken. »Ich habe immer geglaubt, es müsse furchtbar peinlich sein, die eigene Frau zu begehren. Vergleichbar in etwa dem schmählichen Verlangen nach dem Brotpudding, den man als Kind immer gegessen hat.«
Gina wurde ein bisschen rot. »Brotpudding?«
»Ja. Brotpudding. Denn man kann sehr gut recht lange auf Brotpudding verzichten, nicht wahr? Eigentlich kommt er bei feinen Leuten so gut wie gar nicht auf den Tisch. Aber dann verspürt man plötzlich dieses unbändige« – er legte eine bedeutungsvolle Pause ein – » Verlangen nach jener schlichten Süßigkeit aus Kindertagen.«
Es dauerte einen Moment, bis Gina das Gleichnis verstand und begriff, dass Cam sie mit einer feucht-klebrigen Süßspeise verglich, die sie seit Jahren nicht mehr freiwillig gegessen hatte. Die Wut verlieh ihrer Stimme einen honigsüßen Unterton. »Ich verstehe deine Verlegenheit«, gurrte sie. »Denn es ist wirklich peinlich, ja manche würden sagen demütigend, wenn die eigene Leidenschaft nicht erwidert wird, nicht wahr?«
Cam lächelte sie mit erhobener Augenbraue an. »Warum um alles in der Welt bist du dann mit diesem Mann verlobt?« Er nickte in Sebastians Richtung.
Gina schnappte vor Empörung nach Luft.
Es war sehr viel angenehmer, wenn sie sich aufregte und er die Ruhe bewahrte. »Wusstest du schon, dass einer Rothaarigen Erröten nicht steht?«, fragte er, als hätte er dies soeben herausgefunden.
Bonnington war nun nicht mehr weit entfernt. In der Hand hielt er ein Glas mit einer trüben gelblichen Flüssigkeit. Gina ging ihm entgegen und lächelte ihn strahlend an.
Cam beobachtete belustigt, wie sich der leicht gehetzte Ausdruck in Bonningtons Augen noch verstärkte. Wenn Gina nicht sehr aufpasste, würde sie dieses Rebhuhn zu früh aufscheuchen.
»Diese Erfrischung kommt genau richtig. Leider wird mir die Gesellschaft hier allmählich langweilig.« Sie überlegte. »Vielleicht hat es eine ermüdende Wirkung, alte Spielgefährten wiederzutreffen. Sie nehmen es mir gewiss nicht übel, Sir, doch ich fürchte, ich kann den Freuden aus Kindertagen nicht mehr viel abgewinnen.« Sie bedachte Cam mit einem kühlen Lächeln. »Sollen wir ein wenig durch den Garten spazieren?« Damit hakte sie Bonnington so ruckartig unter, dass ihr Körper für einen kurzen Moment seinen Rock streifte.
Cam beobachtete, wie Bonnington instinktiv zurückwich, um die schickliche Entfernung zwischen ihnen wiederherzustellen. »Sie entschuldigen uns«, sagte er.
Im Blick des anderen sah Cam einen Schimmer männlicher Furcht aufblitzen, die ihn fast Mitleid mit Bonnington empfinden ließ. Warum sollte man einen Mann nach seinem pedantischen Benehmen in der Öffentlichkeit beurteilen? Einige der höflichsten Männer in seinem Bekanntenkreis waren im Privatleben wahre
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