Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
Cams Ankunft, habe ich dich zu unschicklichem Benehmen zu verführen versucht. So hast du es nämlich genannt: unschickliches Benehmen.«
Er zögerte und warf einen besorgten Blick über ihre Schulter.
»Wir sind ganz allein«, sagte sie mit einer Spur Verachtung in der Stimme. »Es gibt keinen Grund, dir Sorgen um deinen Ruf zu machen.«
»Ich mache mir Sorgen um deinen Ruf, Gina.« Der Ausdruck in seinen Augen war entwaffnend. Gina spürte, wie ihre Wut verrauchte. »Dein Ruf als verheiratete Frau ist anfällig. Ich fände es furchtbar, wenn die Gesellschaft dich strafte, weil dein Mann so kindisch ist, keine Rücksicht auf dich zu nehmen.«
»So denkst du also über Cam?«, fragte sie bestürzt.
»Dies würde jeder rechtdenkende Gentleman von ihm halten. Der Mann ist ein verantwortungsloser Flegel, der dich jahrelang im Stich gelassen hat, sodass jeder dahergelaufene Lump leichte Beute hätte machen können. Wenn du nicht von Natur aus so tugendhaft wärst, ist nicht auszudenken, was dir ohne den Schutz eines Ehemannes hätte geschehen können.«
»Ich habe keinen männlichen Beschützer gebraucht!«, fauchte Gina.
»Das ist wahr«, sagte er und sah ihr ruhig in die Augen. »Du bist eine höchst ungewöhnliche Frau. Die meisten jungen Frauen der Gesellschaft besitzen nicht mehr dein unberührtes, unschuldiges Wesen, wenn sie in die Gesellschaft eingeführt werden. Die meisten Frauen an deiner Stelle wären schon längst im Bett eines Mannes gelandet. Nimm zum Beispiel Lady Rawlings.«
Gina legte keinerlei Wert darauf, den Streit über Esme wieder aufleben zu lassen. »Esme ist völlig … «
Doch Sebastian fiel ihr ins Wort. »Ich gebe Rawlings die Schuld. Wenn die Gerüchte wahr sind, hat er einen Monat nach der Hochzeit ihr Bett nicht mehr geteilt. Er ist dafür verantwortlich, dass seine schöne junge Frau einem Lackaffen wie Bernie Burdett schutzlos ausgeliefert ist.«
»Ich weiß nicht, ob diese Ansicht angemessen ist«, gab Gina zu bedenken. Sebastians Augen funkelten, und er echauffierte sich mit einer Leidenschaft, die sie nie zuvor bei ihm bemerkt hatte.
»Rawlings sollte gehängt werden!«, rief er aus. Dann schien er sich wieder zu besinnen und wandte sich erneut Gina zu. »Nur eine Frau mit deiner außergewöhnlichen Keuschheit kann unter solchen Umständen ihre Tugend bewahren.«
Gina seufzte. Nun verstand sie immerhin besser, warum Sebastian jeden ihrer Versuche zu mehr Intimität vereitelte.
»Deshalb beschäftigt es mich nicht übermäßig« – er senkte die Stimme –, »dass deine Mutter nicht verheiratet war. Deshalb schenke ich den törichten Gerüchten über deinen Lehrer kein Gehör. Als wahre Dame haben diese ordinären, unzüchtigen Gefühle, die so viele Frauen heutzutage zu beherrschen scheinen, keinen Einfluss auf dich. Ich werde stolz sein, dich zu meiner Marquise zu machen.«
»Ich besitze keine außerordentliche Tugend«, entgegnete Gina. »Ich habe nur nie den Wunsch verspürt, meiner Mutter ähnlich zu sein.«
»Das möchte ich auch hoffen«, brummte Sebastian.
Sie berührte seinen Arm. »Aber liebst du mich wirklich, Sebastian? Liebst du mich oder nur die Vorstellung, die du von mir hast?«
Ungläubig starrte er sie an. »Natürlich liebe ich dich . Habe ich das nicht immer gesagt?« Seine Miene hellte sich auf. »Geht es im Grunde nur darum? Hast du dich gesorgt, dass ich dich vielleicht nicht liebe? Aber das tue ich doch!« Und er strahlte Gina an, als hätte er ihr den Mond vom Himmel geholt und die Sterne noch dazu. Dann nahm er ihren Arm. »So! Nun können wir uns wieder wohl miteinander fühlen.«
Schweigend stieg Gina die Treppe hinauf. Lord Bonnington fühlte ganz offensichtlich die Erleichterung des Soldaten, der Urlaub vom Schlachtfeld erhalten hat. Frohgemut sprach er über ihre Pläne für den morgigen Tag und brachte sie bis vor ihre Tür. Dort verneigte er sich und küsste ihre Hand.
Gina versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr nicht. Sebastian schien es nicht zu merken.
»Es ist gut, dass wir miteinander geredet haben«, sagte er. »Du musst verzeihen, dass ich dich nicht gleich verstanden habe. Ich hatte vergessen, wie gefühlsbetont und nervös Frauen sind. In Zukunft werde ich sorgfältig darauf achten, meine Gefühle für dich klar zu benennen, damit ich dich nicht verwirre.«
Und Gina, die er nun sicher in ihrem Schlafzimmer abgeliefert hatte, hegte keinen Zweifel, dass er genau dies nun tun würde. Wahrscheinlich würde er seiner Frau
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