Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
aber mehr sagte sie nicht.
»Willst du nicht wissen, wer Marissa ist?«, fragte er schließlich.
»Ich nehme an, sie ist die dralle junge Dame, die dir für deine Göttinnen Modell steht«, erwiderte Gina, reichte ihm eine tüchtige Dosis Brandy und nahm wieder Platz. Sie streckte ihre blassgelben Pantöffelchen in Richtung Kamin und wackelte behaglich mit den Zehen. »Sie muss ja eine sehr enge Freundin sein.«
Cam war so bestürzt und konnte es einfach nicht glauben. »Ist es dir denn völlig gleichgültig, ob Marissa meine Geliebte ist?«, knurrte er.
Gina überlegte. »Aber ja. Als deine Ehefrau sollte ich es vehement ablehnen, dass du meinen nackten Leib in einen Hutständer verwandelst. Wenn Marissa aber keine Einwände erhebt, für eine Garderobe als Vorbild zu dienen, was sollte ich dann dagegen haben?«
»Verflixt noch eins! Nicht alle meine Statuen dienen als Hutablage!«, brüllte Cam. »Nur eine meiner Arbeiten wird für diese niedere Aufgabe missbraucht.«
Ein leises Lächeln spielte um Ginas Mundwinkel. »Ich fürchte, dein Hutständer hat inzwischen in London einen Bekanntheitsgrad erreicht, den keines deiner früheren Werke für sich in Anspruch nehmen kann – zumindest keines von jenen, die es bis nach England geschafft haben.«
»Ich hätte Sladdington die Skulptur niemals verkaufen dürfen. Proserpina war nicht als Hutständer gedacht, musst du wissen. Wenn du unter den Hüten nachschaust, wirst du sehen, dass sie Blumen in den Händen hält. Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass ein Wichtigtuer wie Sladdington Proserpina besitzt. Aber ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, dass er sie als Hutständer missbrauchen würde.«
Gina schaute ihn mitfühlend an. »Sie … sie wirkt in seiner Eingangshalle aber ganz zufrieden.«
»Du hast sie also gesehen? Verdammt noch mal, sie ist nackt , Gina! Was zum Teufel hattest du überhaupt bei Sladdington zu suchen?«
»Ich wollte das herausragende Kunstwerk meines Ehemannes sehen. An die hundert Leute hatten mir schon davon berichtet. Ich glaube, Sladdington fuhr allein aus dem Grund nach Griechenland, um eine deiner Statuen zu erwerben, und mit ihrem Kauf hat er wirklich seine Stellung verbessert.«
»Dieser Bastard«, brummte Cam. »Was denkt er sich überhaupt dabei, jungen Frauen nackte Statuen vorzuführen?«
»Oh, darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen«, sagte Gina. »Nackt ist sie nicht.«
»Sie ist nicht nackt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er hat etwas um ihre Taille geschlungen.«
Cam war entsetzt. »Er hat Proserpina eingewickelt?«
»Nicht eingewickelt. Es ist mehr ein … ein … « Sie hielt inne, weil ihr offensichtlich keine Bezeichnung einfiel.
»Das ist ja reizend«, sagte Cam niedergeschlagen. »Ich bin in London als Schöpfer der Proserpina in Windeln bekannt.«
Gina unterdrückte mit Mühe ein Gähnen. »Entschuldigung«, sagte sie rasch.
» Müsste der Marquis sie nicht meiden? «, las Cam aus dem Brief vor. » Die Herzogin hat einen Bruder. Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
»Der Erpresserbrief. Er wurde an die Londoner Adresse meiner Mutter geschickt.«
»Sehr merkwürdig«, befand Cam mit gerunzelter Stirn. »Dieser Brief ist ganz anders als der erste.«
»Den habe ich nie zu Gesicht bekommen.«
»Ich wollte damals nicht glauben, dass solch ein Brief existiert. Vater musste ihn mir zeigen. Ich kann mich nicht genau entsinnen, aber ich glaube, es war eine andere Handschrift. Und der Brief war in Französisch verfasst.«
»Aber die Briefe müssen von ein und derselben Person stammen«, entgegnete Gina. »Wie viele Erpresser kann es denn geben, die über genau diese Information verfügen?«
Cam zuckte die Achseln. »Inzwischen vielleicht einige. Wem hast du von deiner richtigen Mutter erzählt?«
»Nur meinen engsten Freunden.«
»Das war verdammt dumm von dir, wenn du deine Abstammung geheim halten wolltest!«
»Ich ziehe es vor, nicht als dumm bezeichnet zu werden«, bemerkte Gina. Sie trank die letzten Tropfen Brandy aus ihrem Glas und stand auf. »Es war ein höchst amüsanter Abend, doch jetzt bin ich müde.«
Cam schaute sie mit funkelnden Augen an. »Du brauchst nicht gleich beleidigt zu sein.«
»Deine Bemerkung ist absurd. Und selbst wenn ich noch so vielen Leuten von der Gräfin Ligny erzählt habe – keiner wusste von einem Bruder.«
»Falls es überhaupt stimmt, dass du einen Bruder hast. Die Wortwahl ist ja äußerst seltsam. Findest du nicht?«
»Ich fand sie eher
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