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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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Ansicht waren, dass sie aufstehen und sich um das Anwesen kümmern sollte, doch sie konnte sich zu nichts aufraffen.
    «Bea?», kam es leise von der Tür.
    «Guten Tag, Sofia», antwortete sie gedämpft.
    Sofia ergriff ihre Hand, und Beatrice zwang sich, sie ihr zu lassen. «Liebe Bea, komm doch zu Johan und mir und wohne bei uns. Ich kann es einfach nicht mit ansehen, wie du so vor die Hunde gehst», bat Sofia.
    «Rosenholm ist jetzt mein Zuhause», erwiderte Beatrice und zog die Hand nun doch zurück. «Warum versteht das denn keiner? Immer wollt ihr euch alle einmischen.»
    Als ob sie bei Sofia und ihrer sorgenfreien Familie wohnen wollte. Warum sollte sie sich in eine Ecke setzen und zusehen, wie Johan und Sofia durch ihr perfektes Leben schwebten? Wenn sie nur diesen lähmenden Schrecken überwinden konnte, würde es ihr gelingen, auf dem Gut zu bleiben. «Wenn das das Einzige war, worüber du mit mir reden wolltest, dann geh jetzt lieber», fügte sie boshaft hinzu.
    Sofia biss sich auf die Lippe. «Entschuldige, Bea, ich wollte dich nicht aufregen. Ich werde von etwas anderem reden, wenn ich bleiben darf. Ich habe Fredrik mitgebracht, er ist unten bei Mary. Soll ich ihn holen?»
    Beatrice wollte nicht noch mehr Beweise für Sofias glückliches Leben sehen, doch sie verbiss sich die Antwort. Was geschehen war, war schließlich nicht Sofias Schuld. Es war niemandes Schuld. Nur ihre eigene.

    Am nächsten Morgen erwachte Beatrice wie immer früh. Seit jener Nacht wurde sie im Traum regelmäßig von Erinnerungen und bösen Gedanken heimgesucht. Oft wachte sie schreiend auf, weil sein Keuchen und Grunzen gar so wirklich war. Diese Eindrücke wollten einfach nicht verblassen, sie kamen Nacht für Nacht wieder. Wenn sie wach war, gelang es ihr, sich diese Erinnerungen vom Leib zu halten. Dann quälten sie stattdessen andere Erinnerungen – die bittersüßen Erinnerungen an Seth, an einen Nachmittag voller Leidenschaft und seinen Verrat.
    Sie hätte ihn hassen müssen, das wusste sie, und ein Teil von ihr tat das auch. Doch sie fragte sich trotzdem, wie es mit Lily und ihm wohl stand. Ob sie schon verheiratet waren und demnächst Kinder bekommen würden. Wenn sie so weitermachte, würde sie bald den Verstand verlieren.
    Sie blieb noch eine Weile im Bett liegen und horchte auf die Geräusche des Hauses, während sie aus dem Fenster blickte. Die Gardinen flatterten, und sie hörte das Tropfen des tauenden Schnees. Wo war nur die Zeit geblieben? Wie war es möglich, dass schon wieder Frühjahr war?
    Unten auf dem Hof kicherten zwei Mägde, und plötzlich sehnte sie sich danach, nach draußen zu gehen. Sie zog sich ohne Hilfe an und ging entschlossen ins Frühstückszimmer.
    «Guten Morgen, Mary», sagte sie und goss sich Kaffee aus der silbernen Kanne ein.
    «Guten Morgen», antwortete ihre Gesellschafterin, ohne dass ihre Miene verriet, ob sie überrascht war, dass Beatrice ihr Bett verlassen hatte.
    Beatrice kostete den Kaffee. Heiß und stark. Dann griff sie nach der Post. Wie lange war die eigentlich schon liegen geblieben? Zerstreut überflog sie einen Brief. Und dann runzelte sie die Stirn. «Was ist das denn?», fragte sie verblüfft. Sie sah das Kuvert an und las die Adresse.
    «Sieht aus wie ein Brief für mich», erwiderte Mary ruhig und streckte die Hand nach dem Schreiben aus. «Das muss versehentlich in deine Post geraten sein.»
    Beatrice sah ihr in die Augen, ohne ihr den Brief zu geben. In ihr begann es zu pochen. «Stimmt es, dass Olav Erlingsen dir angeboten hat, nach Norwegen zu ziehen, um ihm beim Aufbau einer Mädchenschule zu helfen?», fragte sie. «Eine Schule, die du ganz allein gestalten dürftest? In der Mädchen unterrichtet werden sollen, die vorher nie zur Schule gehen konnten?»
    Mary schwieg.
    Beatrice blickte auf den Briefbogen. «Das sieht mir nämlich ganz so aus. Aber seltsamerweise scheint es, als hättest du abgelehnt. Warum, wenn man fragen darf?»
    «Das ist meine private Korrespondenz», wich Mary aus. «Bitte gib mir den Brief.»
    Ungläubig wedelte Beatrice ihrer Gesellschafterin mit dem Schreiben vor der Nase herum. «Ich kenne dich, Mary, normalerweise würdest du einen Mord für so eine Gelegenheit begehen. Warum hast du abgelehnt?»
    Und da verstand sie plötzlich. «Es ist wegen mir, stimmt’s? Du glaubst, ich komme ohne dich nicht zurecht, nicht wahr?» Wütend warf sie den Brief auf den Tisch, stellte schnaubend die Kaffeetasse ab und verließ das Zimmer.
    Bekümmert

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