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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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der Spitze, und Lily lief neben ihm. Die meisten Damen hatten ihre pastellfarbenen Sonnenschirme aufgespannt, und Beatrice unterhielt sich mit einigen von ihnen, während Alexandre immer wieder auf Sehenswürdigkeiten hinwies. Ein paar bellende Hunde tobten zwischen den zwei lärmenden Jungen herum.

    Unterwegs fielen Beatrice und Seth immer weiter zurück. Am Ende spazierten sie als Letzte schweigend nebeneinanderher.
    Im Schutz ihres Strohhuts wagte Beatrice einen verstohlenen Blick auf Seth. Sie hatte ihn noch nie mit so kurzen Haaren gesehen, dachte sie. Und seit ihrem Wiedersehen hatte er noch kein einziges Mal gelächelt. Nachdenklich drehte sie ihren Sonnenschirm.
    «Ich wusste nicht, dass du hier sein würdest», sagte er plötzlich.
    «Das hab ich mir schon gedacht», antwortete sie mit einem leichten Lächeln. «Du sahst sehr überrascht aus.»
    «Hmm.»
    Sie betrachtete sein ernstes Profil. Warum waren seine Augen nur so hart und müde? War er verärgert, weil sie hier war? Doch er hatte kein Recht, böse auf sie zu sein. Sie holte tief Luft, nahm allen Mut zusammen und sagte dann die Worte, die sie den ganzen Morgen über eingeübt hatte. «Ich hätte euch schon früher gratulieren sollen. Ich hoffe, Lady Tremaine und du, ihr werdet glücklich.» Sie versuchte zu klingen, als würde sie es ehrlich meinen. «Habt ihr schon ein Datum festgesetzt?»
    Sie konnte sich noch daran erinnern, wie Seth ihr zu ihrer Verlobung gratuliert hatte, an dem grässlichen Tag bei Wilhelm in der Drottninggatan. Das lag inzwischen anderthalb Jahre zurück, aber es fühlte sich an, als wären es zehn. Sie entsann sich seines leeren Blickes. Hatte er sich damals genauso gefühlt wie sie jetzt? Als wollte ihm jemand das Herz aus der Brust reißen? Als würde er am liebsten herausschreien, dass das alles ein schrecklicher Fehler war? Sie rang nach Luft. Für diese Art von Konversation bin ich nicht der Typ, dachte sie. Schnell drehte sie wieder an ihrem Sonnenschirm und blickte über die Lavendelfelder.
    «Lilys Eltern sind letzten Herbst gestorben, sie will das Trauerjahr noch abwarten. Wir werden vor Weihnachten heiraten», antwortete er kurz.
    Beatrice blickte zu Lancelot und Daniel. Die beiden Jungen rannten herum wie übermütige Fohlen, sprangen und schrien und ließen sich von den Hunden jagen. Sie lächelte bemüht und nickte ihnen zu. «Da haben sich ja zwei gefunden. Wie schön für Lancelot, dass er jetzt einen gleichaltrigen Spielkameraden hat.»
    «Es scheint dir in Frankreich zu gefallen, nicht wahr?», sagte Seth abrupt.
    Beatrice zuckte mit den Schultern. Sie wusste, dass sie besser aussah denn je, und plötzlich war sie unwahrscheinlich froh darüber, dass Alexandre ihr gezeigt hatte, dass es neben Seth Hammerstaal noch andere Männer auf der Welt gab. Als Seth in ihr Leben gestürmt kam, war sie so unerfahren gewesen. Jetzt war sie klüger. Und Seth gehörte ihrer Vergangenheit an.
    «Ich brauchte eine Luftveränderung», antwortete sie. «Ich nehme an, du weißt, was in Göteborg passiert ist?», fuhr sie fort. «Ich habe gesehen, dass du Johan geschrieben hast.» Sie hörte selbst, wie vorwurfsvoll das klang, doch es war ihr egal. Sie hatte freundlich und ungerührt wirken wollen, aber es tat gut, ein wenig von der Wut herauszulassen, die unter der Oberfläche schwelte. Kein einziges Mal hatte er sich nach ihr erkundigt. Er hatte sie einfach im Stich gelassen, hatte sie in Göteborg zurückgelassen, ohne daran zu denken, was er da hinter sich ließ, und war zu Lily geeilt.
    «Ich habe nicht nur Johan geschrieben», erwiderte Seth kalt.
    Beatrice schnaubte. «Ach ja, danke, ich habe dein kleines Briefchen von Henriksson bekommen. Dass du es überhaupt wagst, das zu erwähnen! Kannst du dir vorstellen, wie ich einen ganzen Tag komplett angezogen darauf gewartet habe, dass du mir den Wagen schickst, den du versprochen hattest?»
    Seth merkte auf. Der Ton war plötzlich alles andere als höflich. Sein Blick bohrte sich in ihren, und der graue Stahl war eiskalt. «Ich hoffe, du willst damit nicht andeuten, dass ich dich in Göteborg angelogen hätte», antwortete er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Beatrice starrte zurück. Wenn er glaubte, sie mit diesem Ton und diesem Blick einschüchtern zu können, hatte er sich gründlich getäuscht. Seit ihrer letzten Begegnung hatte sie bedeutend Schlimmeres überlebt als den Zorn eines Seth Hammerstaal.
    «Entschuldige, ich hatte nicht vor, etwas anzudeuten », gab sie

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