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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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Jacques. «Du siehst blass aus, trink doch ein Gläschen von meinem herrlichen Champagner. Wo ist Beatrice überhaupt? Ich habe sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.»
    «Keine Sorge. Keiner wird Beatrice heute Abend übersehen», meinte Vivienne in unheilverkündendem Ton.

    Eine Weile später sah sie sich im Raum um, der inzwischen voller Gäste war. Die großen Glastüren waren zum Park hin geöffnet, sodass die kühle Septemberluft hereinströmen konnte. Vivienne bemerkte, wie jede Frau Alexandre mit den Augen folgte. Sie nippte an ihrem Champagner, als sie plötzlich Seth mit der blonden Amerikanerin an seiner Seite entdeckte.
    «Und da kommt Beatrice», sagte Vivienne düster zu sich selbst, mit einem Blick auf die Saaltür. Die Akteure des Dramas waren also versammelt. Doch die Feste der Familie de Beaumarchais waren berühmt für ihre Finesse und Eleganz, und sie hatte nicht vor, irgendwelche Szenen zu dulden. Wenn es Ärger gäbe, würde sie anschließend Jacques’ Kopf in einer Schale fordern.

    Seth bemühte sich, ein interessiertes Gesicht aufzusetzen, als Lily und er erneut einem prominenten Gast vorgestellt wurden. Sie waren kaum einen halben Tag hier, und er sehnte sich schon wieder fort.
    An und für sich war das nichts Neues, er sehnte sich ständig fort, doch er hatte gehofft, dass sich auf der Frankreichreise daran etwas ändern würde. Er riss sich zusammen und nickte höflich, während Lily mit einem Paar plauderte, das offenbar Bekannte in New York hatte. Um Lily und ihrer gemeinsamen Zukunft willen musste er sich zusammenreißen. Er sah etwas Goldrotes vorbeihuschen und spürte, wie es ihm einen Stich in die Brust versetzte. Doch er sah gar nicht genauer hin, denn er war es gewöhnt, sie überall zu sehen, und er hatte gelernt, den Schmerz zu ertragen und zu warten, bis er wieder verebbte. Stattdessen heftete er seinen Blick auf die offenen Terrassentüren. Es war bereits dunkel, doch die Bäume im Park wurden von farbigen Lampions erhellt. Auch der große Springbrunnen war beleuchtet. Ein Orchester spielte, und eigentlich konnte Seth sich über nichts beschweren. Er war in Frankreich – ein Land, das er immer geliebt hatte – mit seiner zukünftigen Frau, einer Frau, die er sehr mochte, und würde hier Freunde treffen und von allen denkbaren Bequemlichkeiten umgeben sein. Er sollte fröhlich sein. Er sollte zufrieden sein.
    «Lady Tremaine, darf ich Ihnen die Gräfin Rosenschöld von Rosenholm aus Schweden vorstellen?», drang eine Stimme durch seine düsteren Gedanken. Erst nahm sein Gehirn die Worte gar nicht auf, sie waren so unwahrscheinlich, dass sie keinerlei Bedeutung hatten. Das war nur wieder so eine Chimäre, mit der sein überreiztes Gehirn ihn quälen wollte. Doch dann hörte er die Stimme, die melodische Stimme.
    « Bon soir , Lady Tremaine.»
    Er erstarrte. Das war doch nicht möglich. Das musste ein böser Scherz sein, hier machte sich irgendjemand einen Spaß auf seine Kosten. Aus dem Augenwinkel sah er, wie eine große Frau Lily die Hand hinhielt. Schimmernde Seide in der Farbe gefrorener Himbeeren. Eine Wolke aus flammendem Haar. Ein Duft nach Sonne und Kräutern. Er drehte sich um. Beatrice.
    «Wie schön, Sie kennenzulernen», sagte Beatrice zu Lily. Lächelnd wechselte sie ins Englische. «Ich habe gehört, dass Sie aus England angereist sind. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Überfahrt?»
    Seth war völlig unvorbereitet, als sich der Abgrund vor ihm öffnete. Niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, dass Beatrice hier sein könnte. Die schöne Stimme ging ihm durch und durch und riss Wunden in ihm auf, die schon längst hätten verheilt sein müssen. Er starrte die Frau, die ihm das Herz gebrochen hatte, an, während diese freundlich mit seiner zukünftigen Gattin plauderte. Seltsam, er hatte gar nicht gewusst, dass Beatrice auch Englisch sprach.
    «Und das ist Herr Hammerstaal, mein Verlobter», sagte Lily.
    «Natürlich.» Beatrice legte den Kopf auf die Seite und sah ihn an. «Wir haben uns schon einmal getroffen, wenn ich mich nicht irre.» Sie lächelte, und der ganze Raum begann zu leuchten. Sie war so schön, dass es wehtat. « Bon soir , Monsieur Hammerstaal.»
    Er hatte es immer geliebt, sie Französisch sprechen zu hören, und ihre Worte klangen in ihm nach. Der breite Mund lächelte ihn an, und er sah die vertrauten Sommersprossen, die wie goldene Puderpartikel über ihre seidenweichen Lippen verstreut waren. Vielleicht war das wieder nur

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