Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
Vom Netzwerk:
dass sie bald ganz auf sich gestellt sein würde.

    Spätabends stand Seth an einer Balustrade und blickte über die letzten Gäste im Ballsaal. Die meisten fanden wohl, dass es ein erfolgreicher Abend gewesen war, doch er selbst musste sich sehr bemühen, um die Erinnerung an den Vorfall im Arbeitszimmer abzuschütteln. Dieser Kuss war ein riesiger Fehler gewesen. Eine Fehleinschätzung von Anfang bis Ende. Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, war er zitternd vor der Tür gestanden und hatte sich gewaltsam davon abhalten müssen, um nicht wieder hineinzurennen, sie um Verzeihung zu bitten und sie anzuflehen, dass sie doch lieber ihn nehmen solle. Inzwischen war er froh, dass er diesem dummen Impuls widerstanden hatte. Dieser Wahnsinn musste endlich ein Ende haben. Beatrice war nichts. Sie war eine Frau, die nur ein einziges banales Ziel im Leben kannte, und er hatte nicht vor, noch mehr Energie auf sie zu verschwenden. Aber er hatte etwas Wichtiges erreicht: Er hatte ihr gezeigt, wogegen sie sich entschieden hatte. Dabei war er bereit gewesen, ihr alles zu geben, er hatte davon geträumt, ihr seine Welt zu zeigen, sie mit ihr zu teilen. Und sie hatte ihm sein Angebot vor die Füße geworfen.
    Dass er aus seinen Fehlern nichts gelernt hatte!
    Und bald würde Rosenschöld seine junge Gräfin aufs heruntergekommene Gut Rosenholm bringen, mitten im Nirgendwo. Sie zu seiner Mutterstute machen, während er sich wie gehabt in den Freudenhäusern vergnügte. Wusste sie überhaupt von seinem niederen Treiben? Fand sie, diesen Preis sei ein Adelstitel schon wert?
    Juliana glitt neben ihn, und er betrachtete ihr perfektes, gepudertes Gesicht. Sie nahm den Arm, den er ihr hinhielt, drückte sich an ihn und lächelte.
    «Was halten Sie von der Ansicht, dass der Mann das Haupt der Frau ist und Männer grundsätzlich alles besser wissen als Frauen?»
    «Diese Meinung teile ich natürlich», sagte Juliana. «Wir Frauen brauchen eine feste Führung. Das sagt nicht nur die Natur, sondern auch Gott. Von Frauen, die diese Ordnung infrage stellen wollen, bekomme ich wirklich Kopfweh.»
    Vielleicht war er ungerecht, doch in diesem Moment wusste Seth ganz sicher, dass Juliana keine Frau für ihn war.

[zur Inhaltsübersicht]
    13
    Gut Rosenholm
    April 1881
    Graf Carl-Jan Rosenschöld erwachte in seinem Eisenbett auf Rosenholm. Es war schon spät. Irgendjemand hatte vergessen, die Gardinen vorzuziehen, und die Sonne schien direkt ins Schlafzimmer.
    Er hatte eine Erektion, deswegen wälzte er sich auf das junge Dienstmädchen, das neben ihm schlief. Unsanft drückte er sie in die Kissen, und während sie langsam wach wurde, nahm er sie von hinten. Unterwürfig ließ sie ihn gewähren, bis er sich mit einem letzten Stöhnen entleerte und sich von ihr herunterrollte.
    «Du kannst jetzt gehen. Sag Bescheid, dass ich das Frühstück hier oben serviert haben will. Und hör auf zu heulen.»
    «Ja, Herr.» Das Mädchen sammelte seine Kleider zusammen und huschte in dem Moment aus dem Zimmer, als sein Diener eintrat.
    «Ich werde mich heute nach Stockholm begeben», verkündete Rosenschöld. «Und einige Tage dort bleiben», fügte er hinzu.
    Nach dem Treffen mit Löwenström würde er noch bequem Zeit haben, einen Abstecher ins Bordell zu machen. Nicht zuletzt, weil er seine Vorräte von der Tinktur auffüllen musste, die ihm die Bordellwirtin immer mitgab. Doch zuerst zur Familie Löwenström. Es war schon wieder eine Weile her, dass er seine zukünftige Gattin gesehen hatte, fiel ihm ein, während sein Diener ihn rasierte. Er hatte sich mit dem Gedanken abgefunden, die rothaarige Bürgerstochter zu heiraten, und inzwischen freute er sich sogar schon richtig auf die Hochzeitsnacht. Beatrice, die jünger war als die meisten Dienstmädchen auf seinem Gut, sah so jugendlich frisch aus, und je länger er daran dachte, umso zufriedener war er.
    Ursprünglich hatte er ein adliges Mädchen haben wollen, doch obwohl in seiner Gesellschaftsschicht ein Frauenüberschuss herrschte, war es ihm nicht gelungen, eine willige Braut zu finden. Hätte er letzten Herbst nicht Edvard getroffen, der ihn überredete, sich seine junge Cousine einmal anzusehen, wäre er wahrscheinlich bis heute nicht fündig geworden. Jetzt hatten sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Edvard besorgte ihm ein garantiert unschuldiges Mädchen, und der Graf wiederum öffnete der Familie Löwenström und ihrem Sohn neue Türen. Rosenschöld streckte die Arme aus, damit sein Diener

Weitere Kostenlose Bücher