Ein unmoralischer Handel
Kamm. Mit einem heiteren Lächeln gab Alathea vor, nichts gehört zu haben. »Sind Ihre Mama und Ihre Schwester dieses Jahr auch in der Stadt?«
Angesichts solch eindeutigen Interesses legten sich die Nackenhaare Seiner Lordschaft wieder. Mit einem missmutigen Blick auf Gabriel erwiderte er: »Selbstverständlich, selbstverständlich! Natürlich sind sie sehr um die Zukunft des Besitzes besorgt. Weshalb …«
Da er neuerdings der festen Überzeugung war, dass sie genau die richtige Frau für ihn abgab, fuhr er mit seinem Sermon fort. Alathea ließ ihr Lächeln über die anderen gespannten Gesichter gleiten, verharrte jedoch nie lange genug, um jemanden zu ermuntern, den Lord zu unterbrechen. Am Ende der Runde fiel ihr Blick auf Gabriel, der fing ihn auf, seine haselnussbraunen Augen wirkten irritiert. Er zögerte erst, dann griff er zu ihrer großen Überraschung nach ihrer Hand, die sie ihm überhaupt nicht hatte anbieten wollen. Er hielt sie und wartete mit gut einstudierter Geduld, bis Lord Montgomerys Monolog sich seinem Ende zuneigte, dann verbeugte er sich. Als er sich wieder aufrichtete, entdeckte die verunsicherte und verwirrte Alathea echte Besorgnis in seiner Miene.
»Meine Liebe, du bist ziemlich blass.«
Meine Liebe? Beinah hätte sie gekichert.
Gabriel legte ihre Hand auf seinen Arm und zog sie in seinen schützenden Dunstkreis. »Ist vielleicht ein kleiner Spaziergang im Freien genehm? Bevor du in dieser stickigen Luft noch in Ohnmacht fällst.«
Sie war noch nie in ihrem Leben in Ohnmacht gefallen. Während sie ihn fixierte, fächelte Alathea mit einer Hand vor ihrem Gesicht hin und her. »Es ist wirklich recht warm hier drin.«
Seine Augenbraue zuckte; ein Mundwinkel ebenfalls. »Die Türen zur Terrasse sind geöffnet …«
Der Hinweis hatte eine wahre Flut von Angeboten, sie zu begleiten, zur Folge; Alathea gehorchte dem warnenden Fingerdruck und lächelte matt: »Der Lärm …« Sie machte eine erschöpfte Handbewegung. »Einige Augenblicke absoluter Ruhe sind sicher hilfreich, dann kann ich mich wieder in die Menge stürzen.«
Damit mussten sie sich zufrieden geben. Gabriel löste sie aus ihrem Kreis und manövrierte sie quer durch den Saal. Alathea hoffte inständig, dass es den Anschein hatte, als zöge er sie in brüderlicher Manier hinter sich her - zu ihrem eigenen Besten natürlich -, doch die spekulativen Blicke, die sie trafen, machten ihr große Lust, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Demnächst würden alle Klatschbasen der Stadt sie mit Argusaugen beobachten, und Gott allein wusste, was sie sehen würden.
Sie erreichten eine geflieste Terrasse, auf der einige Paare flanierten. Sie versuchte, ihre Hand von seinem Arm zu nehmen, um etwas mehr Abstand zu gewinnen. Sein Griff wurde fester. Sie kannte ihn zu gut, um es erneut zu probieren. »Du wirst es noch schaffen, dass die Leute anfangen zu reden«, zischelte sie ihm zu, während sie weiterhin fügsam dicht neben ihm einherschritt.
»Nicht mehr, als sie eh schon über dich und deine Verehrer tuscheln. Warum um Himmels willen gibst du dich nur mit ihnen ab?«
»Ich kann dir versichern, dass das keine Absicht ist!« Wenig später fügte sie hinzu: »Ich vermute, Serena bemüht sich meinetwegen, obwohl ich ganz deutlich gemacht habe, dass dies die Saison von Mary und Alice ist und ich keinerlei Interesse habe, mir einen Ehemann zu angeln.« Sie zeigte auf ihre spitzenbesetzte Haube. »Wie viel klarer soll ich es denn noch machen? Haben die denn keine Augen im Kopf?«
Mit einem Blick tief empfundener Abscheu betrachtete Gabriel ihre Haube und stieß »Anscheinend nicht« hervor. Ihre Hauben beleidigten ihn auf eine sehr elementare Weise. Als er so darüber nachdachte, fiel ihm nur ein sicherer Weg ein, sie ein für alle Mal loszuwerden. Während er über die Aussicht nachsann, ihr Haar nie wieder von einer Haube bedeckt zu sehen, geleitete er sie zum Ende der Terrasse; sie lag im Schatten und war momentan leer. »Hat Wiggs von seinem Treffen mit dem Richter berichtet?«
Als sie die Balustrade am Rand erreichten, schauten sie einen Moment auf das dichte Gebüsch jenseits des Steinmäuerchens, dann drehten sie sich um und lehnten sich Seite an Seite, Schulter an Schulter, in seltsam freundschaftlichem Einverständnis dagegen.
»Ja. Es scheint, als könnten wir das Dokument für ungültig erklären lassen, indem wir bei dem Richter direkt eine Petition einreichen; es müssen dann in einer öffentlichen Verhandlung keine Beweise
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