Ein unmoralischer Handel
Kutsche. Er spürte ihren verwirrten Blick auf sich ruhen, während sie ihm gehorchte. Als sie auf ihrem Sitz saß, wandte er sich an den Kutscher. »Brook Street - direkt hinter South Molton.« Mit diesen Worten folgte er der Gräfin in die Kutsche und schloss die Tür.
Sie starrte ihn an und rutschte beiseite, als er sich herumdrehte und neben ihr Platz nahm. Ruckend setzte sich die Kutsche in Bewegung.
Nach einem Augenblick gespannten Schweigens sagte sie: »Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen eine Passage angeboten zu haben.«
Gabriel musterte ihr verschleiertes Gesicht. »Ohne Zweifel hätten Sie es noch getan - ich wollte Ihnen nur die Mühe ersparen.«
Er hörte ein leises Auflachen, das jedoch sofort erstickt wurde. Mit einem Lächeln auf den Lippen blickte er geradeaus. »Immerhin müssen wir überlegen, wie es weitergehen soll.« Er hatte bereits verschiedene Pläne durchdacht; jeder einzelne konnte in einer geschlossenen Kutsche, die durch die Nacht rollte, in die Tat umgesetzt werden.
»Ach ja?« Ihre Stimme war betont gleichmütig.
»Aber zuerst etwas, das ich von Anfang an hätte klarstellen müssen. Sie haben mich um meine Hilfe gebeten, und ich habe eingewilligt. Sie haben mir außerdem ein Versprechen abgenötigt, keine Nachforschungen über Ihre Identität anzustellen.«
Sie spannte sich an. »Haben Sie das etwa doch getan?«
Seine gute Laune verflog im Nu. »Ich habe es versprochen. Also nein. Ich habe es nicht getan«, gab er knapp und bestimmt zurück. »Aber wenn Sie wollen, dass ich weiterhin bei Ihrem kleinen Spielchen mitspiele - wenn wir unser Bündnis fortsetzen und Ihre Stieffamilie vor dem Ruin bewahren wollen -, dann müssen Sie mir versprechen, sich auch meinen Regeln zu beugen.«
Ihr Schweigen hielt gut tausend Meter an. »Ihre Regeln?«
Er konnte ihren Blick an seiner Wange spüren und sah weiterhin stur geradeaus.
»Und was beinhalten Ihre Regeln?«
»Regel Nummer eins - Sie müssen versprechen, nichts mehr ohne mein Wissen zu unternehmen.«
Sie machte eine überraschte Bewegung. »Ihr Wissen?«
Gabriel verbarg ein spöttisches Lächeln; er hatte genug Erfahrung mit Frauen, um nicht von »Erlaubnis« gesprochen zu haben. »Wenn Sie und ich unabhängig voneinander agieren, besonders in einer so delikaten Angelegenheit wie dieser, dann kann es leicht passieren, dass wir einander ins Gehege kommen, was fatale Auswirkungen haben könnte. Sollte das geschehen und unser Interesse an der Firma zu früh bekannt werden, dann wären all Ihre Bemühungen vergebens. Zudem sind Sie nicht ausreichend vertraut damit, wie die Dinge hier in der Stadt laufen, um all die Verflechtungen abschätzen zu können, auf die wir vielleicht stoßen werden - was ja im Übrigen auch der Hauptgrund war, weshalb Sie mich um Hilfe gebeten haben.«
Offensichtlich hegte sie nicht die für ihre Geschlechtsgenossinnen typische Angst vor dem Schweigen. Erneut genehmigte sie sich eine lange Pause zum Nachdenken. Als sie um eine Kurve schwenkten, fragte sie schließlich: »Was diese Regeln betrifft - wie lauten die anderen?«
»Es gibt nur zwei - eine habe ich Ihnen bereits erläutert.«
»Und die zweite?«
Er wandte den Kopf und sah sie an. »Für jede Information, die wir erlangen, werde ich eine Belohnung einfordern.«
»Eine Belohnung?« Jetzt klang sie etwas beunruhigt.
Er unterdrückte ein wölfisches Grinsen. »Belohnung - eine durchaus übliche Form, sich für erwiesene Dienstleistungen zu bedanken.«
Sie wusste ganz genau, was er meinte; ihr Wissen drückte sich klar in der feinen Anspannung aus, die sie nun ergriffen hatte. Nach einer Weile räusperte sie sich: »Was für eine Belohnung haben Sie sich denn vorgestellt?«
»Für das Ausfindigmachen von Thurlow & Brown - einen Kuss.«
Sie verharrte reglos - so reglos, dass er sich schon fragte, ob er sie schockiert hatte. Doch sie konnte wohl kaum ernsthaft überrascht sein - sie wusste ganz genau, wer und was er war. Eindringlich musterte sie ihn durch ihren Schleier hindurch, doch falls sie aufgebracht war, ließ sie es sich nicht anmerken - ihre im Schoß gefalteten Hände rührten sich nicht. »Ein Kuss?«
»Mmmh.« Diesmal gelang es ihm nicht, sein Lächeln und das verführerische Gurren, das sich in seine Stimme eingeschlichen hatte, zu unterdrücken. »Ohne den Schleier. Schlagen Sie ihn hoch.«
»Nein.« Ruhig und bestimmt.
Arrogant hob er die Augenbrauen.
Sie rutschte ein wenig auf dem Sitz hin und her. »Nein. Nicht den Schleier
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