Ein unmoralischer Handel
… Ich …«
Resigniert seufzte er. »In Ordnung.« Bevor sie sich noch einen weiteren Vorwand, ihm den Kuss zu verweigern, ausdenken konnte, umfasste er ihr Gesicht mit einer Hand, ließ den Daumen unter den Rand des Schleiers gleiten und hob ihn sanft an, während seine Lippen sich auf die ihren senkten.
Ihre Lippen hatten sich zu einem erschreckten Ausruf geöffnet - als er sie berührte, erstarrte sie. Sie schauderte nicht, geriet nicht in Panik - sie saß einfach nur warm und lebendig da und ließ ihn seine Lippen an die ihren schmiegen. Er neigte ihr Kinn ein wenig, sie folgte ihm bereitwillig, leistete keinen Widerstand. Doch seine Liebkosung wurde nicht erwidert.
Das würde er heute nicht bekommen, doch er wusste, wann es hieß, sich in Geduld zu üben. Er küsste sie zart, strich sanft mit seinen Lippen über die ihren, umspielte sie kunstvoll, wartete …
Das erste Anzeichen ihrer Kapitulation bestand in einem leichten Erschaudern, durchdringend süß, ein winziges Muskelzittern purer Empfindung. Er fühlte, wie ihr Atem sich beschleunigte und ihre Erregung wuchs.
Dann begannen ihre Lippen sich zu bewegen, festigten sich, noch nicht gebend, aber doch lebendig. Es war, als erwache eine Statue zum Leben, kühler Marmor wurde langsam warm, der Überzug aus rauem Stein schmolz dahin und darunter kamen Fleisch, Blut und Leben zum Vorschein.
Er hielt ihr Gesicht weiterhin unnachgiebig in seinem Griff und erhöhte den Druck seines Kusses. Seine ganze Aufmerksamkeit war so auf sie konzentriert, dass er spürte, wie sie ihre Hand aus dem Schoß nahm und sie an die Stelle führte, wo seine Hand ihr Gesicht umfasste. Ihre Finger schwebten einen Augenblick knapp über den seinen, dann, ganz zart, als sei sie nicht sicher, ob er - seine Hand - tatsächlich existierte, berührte sie mit ihren Fingerspitzen seinen Handrücken.
Diese zögerliche Berührung erschütterte ihn - es lag darin eine fragende Ahnungslosigkeit, die ihn in ihren Bann schlug und nicht mehr losließ.
Wie ein Schmetterling auf seinem Handrücken.
Ihre Finger hielten ihn nicht, drückten ihn nicht, sondern berührten ganz einfach nur. Er holte Luft, sog ihren Duft tief ein und vertiefte seine Liebkosung. Zum ersten Mal in seinem Leben fragend statt fordernd.
Und sie gab. Aus eigenem Antrieb neigte sie ihr Gesicht, schob sich näher an ihn heran, während sie ihm ihre Lippen darbot.
Er stürzte sich auf sie wie ein Eroberer und nahm, forderte - und zog sich sofort wieder zurück, als er ihr plötzliches Zurückscheuen gewahrte. Sie war es nicht gewohnt, geküsst zu werden. So seltsam das schien, er wusste es sicher. Er hielt sich nicht mit Spekulationen über den Grund auf, sondern nahm sich zurück, beruhigte sie, neckte sie, ermutigte sie.
Sie war eine begabte Schülerin, schon bald küsste sie ihn wieder - zart, rückhaltlos. Er sehnte sich danach, sie in seine Arme zu ziehen, doch seine Erfahrung warnte ihn davor. Es gab einen Grund für ihre Nervosität - welchen auch immer; das hier war für sie etwas vollkommen Neues. Seine Lippen auf den ihren, seine Hand an ihrem Gesicht - das schien für den Augenblick alles, was sie ertragen konnte, also würde er sich damit begnügen müssen.
Und so begnügte er sich damit, ihr zu schmeicheln, sie zu verführen, mehr zu geben und mehr zu suchen. Als sie zögernd ihre Lippen öffnete, war es ihm, als habe er eine Belagerung gewonnen, doch dieses Mal hütete er sich, seinen Sieg vorschnell zu feiern - was bedeutete, dass er jeden süßen Moment ihrer Kapitulation bis zur Neige auskostete, den Augenblick Stück für Stück wie eine Kette aus einzelnen, kostbaren Edelsteinen purer Lust verlängerte.
Und als sie tastend mit ihrer Zunge nach der seinen suchte, langsam schlängelnd seine Liebkosungen zu erwidern begann, wurde ihm beinah schwindelig.
Sie war wie ein erlesener Wein, der am besten schmeckte, wenn man ihn langsam genoss.
Schließlich löste er sich von ihr, als die Kutsche um eine Kurve rumpelte. Mit bebendem Atem betrachtete er ihre Lippen, als sie kurz vom Licht einer Straßenlaterne gestreift wurden. Sie waren voll, tiefrot, leicht geschwollen. »Und jetzt, für das Herausfinden von Swales’ Adresse …«
Ihre Lippen öffneten sich - ob protestierend oder einladend, das zu erfahren wartete er nicht ab, sondern bedeckte sie erneut; dieses Mal gaben sie seinem Drängen leicht nach und öffneten sich ihm ganz, kaum dass er sie mit seiner Zunge berührt hatte.
Die Brook Street konnte
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