Ein unmoralisches Angebot
Sie es ohnehin schon getan
haben."
Amy
biss sich auf die Lippe. "Ich möchte überhaupt nicht
hier bleiben, ich möchte nach Hause."
"Das
steht leider nicht zur Debatte." Über die langen, mit
Marmor gefliesten Korridore, die ihr nun schon vertraut erschienen,
trug er sie zu dem Zimmer, in dem er sie am Morgen empfangen hatte.
Behutsam legte er sie in die weichen Kissen eines flachen Diwans.
"Der Arzt wird sich sofort um Sie kümmern."
Sie
versuchte sich aufzurichten. "Ein Arzt? Wozu?"
Ungeduldig
blickte er auf sie nieder. "Um nach Ihrer Verletzung zu sehen,
natürlich. Sie sollten dankbar sein, dass Sie mit einer kleinen
Blessur davongekommen und jetzt in Sicherheit sind."
Mit
Schaudern stellte Amy sich vor, was alles hätte passieren
können, und schloss kurz die Augen.
Lange
hielt ihre gedrückte Stimmung allerdings nicht vor, und ihr
Widerspruchsgeist regte sich erneut. "Ich fühle mich hier,
ehrlich gesagt, nicht besonders gut beschützt."
"Dann
haben Sie einen gesunden Instinkt, Miss Kingston, denn vor mir sind
Sie in der Tat nicht sicher." Er lächelte spöttisch.
"Doch das, was Ihnen die drei Straßenräuber angetan
hätten, wäre sicherlich sehr viel unangenehmer für Sie
gewesen." Sein Lächeln schwand. "Sie und Ihr Bruder
hätten sich doch ausrechnen können, dass ich Sie nicht
einfach ungestraft gehen lasse."
"Peter
hat sich in Ihnen getäuscht", entgegnete sie hitzig. "Wenn
er die leiseste Gefahr vermutet hätte, hätte er mich
nämlich gar nicht hierher reisen lassen!" Sie atmete tief
durch. "Wir haben beide nicht geahnt, was für ein
unzugänglicher, gewissenloser und …" Erschrocken
verstummte sie, als ihr einfiel, wen sie vor sich hatte.
"Entschuldigung, Königliche Hoheit."
"Aber
ich bitte Sie!" Ironisch betrachtete er sie von oben bis unten.
"Wir sind uns doch mittlerweile so nahe gekommen, dass wir auf
Formalien wie das höfische Protokoll verzichten können."
Amy
schluckte. "Entschuldigung", wiederholte sie. "Ich
wollte Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie bringen mich immer wieder
in Rage! Wahrscheinlich werden Sie mich jetzt wegen
Majestätsbeleidigung ins Gefängnis werfen."
"Erst
der Turm, jetzt das Gefängnis. Sie besitzen eine blühende
Fantasie, Miss Kingston." Er ging zum Fenster und blickte
hinunter in den Hof. "Doch Sie haben nicht so ganz Unrecht, wenn
ich konsequent wäre, würde ich Sie einsperren lassen."
Amy
war empört. "Das sollten Sie wirklich, wenn ich Ihrer
Meinung nach so gefährlich bin", entgegnete sie
herausfordernd.
In
der Stille hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
Langsam drehte Zakour sich um. Sie sahen sich an, und jeder von
beiden wusste, dass der andere an den Kuss dachte.
"Provozieren
Sie mich nicht, Miss Kingston." Er kam zu ihr und zog sie zu
sich hoch. "Gegen Ihre Verführungskünste ist der
disziplinierteste Mann machtlos. Obwohl ich genau weiß, was von
Ihnen zu halten ist, erregen Sie mein Begehren."
Sein
Mund war ihrem gefährlich nah, und ihr Puls raste. Zakour
Al-Farisi war der männlichste Mann, der ihr je begegnet war, und
am liebsten hätte sie sich ihm in die Arme geworfen und ihn
geküsst.
Gequält
schloss sie die Augen. Sie war keine normale Frau! Sie wurde magisch
von einem Mann angezogen, der ihr schlimmster Feind war.
Das
Beste wäre es, ihm in Zukunft nicht zu nahe zu kommen, um
weitere peinliche Situationen zu vermeiden.
Prinz
Zakour schien ähnlich zu denken, denn er ließ sie stehen
und ging zu seinem Schreibtisch. Aus den Falten des Gewandes zog er
sein Schwert hervor und legte es an seinen Platz.
Amy
verfolgte jede seiner Bewegungen. "Sie waren also doch
bewaffnet!"
"Seien
Sie froh, dass es nicht zum Kampf gekommen ist." Er drehte sich
zu ihr um und blickte sie durchdringend an. "Sonst würde
auch noch Blutvergießen zu Ihren Verbrechen zählen."
"Wieder
sprechen Sie von Verbrechen. Ich bin doch keine Kriminelle!"
Wütend sah sie ihn an. "In meinem ganzen Leben bin ich noch
nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Wenn Sie mich für eine
Betrügerin halten, spricht das nicht gegen mich, sondern gegen
Ihre Menschenkenntnis! Sie tun mir wirklich Leid."
Der
Prinz brauchte sie nur anzusehen, und schon senkte sie beschämt
die Lider. Wie hatte sie nur so aufbrausen können! Normalerweise
war sie ruhig und ausgeglichen und erhob selbst vor einer Klasse mit
sechsundzwanzig quirligen Fünfjährigen nur selten die
Stimme. Und dem Prinzen gegenüber benahm sie sich wie eine
keifende Marktfrau! Mit angehaltenem Atem
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