Ein unmoralisches Angebot
gerettet hatte und noch immer in der Hand hielt.
„Musst du mit dem Ding herumrennen?“, fragte er spöttisch. „Zum Teufel, Guy! Du siehst wie ein verfluchter Dandy aus!“
2. KAPITEL
„Sarah! Du kannst nicht nach Blanchland zurück! Ich verbiete es dir! Dein guter Ruf wäre sofort ruiniert, sobald du dort auch nur über die Türschwelle gehst!“
Lady Amelia Fenton, deren Gesicht tiefste Bekümmerung ausdrückte, ließ sich neben der Cousine auf das Sofa fallen. „Außerdem weißt du, dass du das, was Sir Ralph aus dem Haus gemacht hat, von Herzen verabscheust. Du hast gesagt, du willst nie mehr den Fuß hineinsetzen!“
Sarah seufzte und dachte, das einzig Positive an der augenblicklichen Situation sei, dass Amelia dadurch erfolgreich davon abgebracht worden war, über den Verlust der roten Rosen zu jammern. Die Cousine war so lange außer sich gewesen, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr künstlerischer Mittelpunkt der Tafel ruiniert worden war, bis Sarah dann beiläufig die Absicht erwähnt hatte, am Tag nach dem Ball nach Blanchland reisen zu wollen.
Amelia stand wieder auf und ging mit energischen Schritten vor dem Kamin hin und her. Es wirkte ein wenig lächerlich, da sie viel zu klein war, um so aufgeregt auf und ab gehen zu können. Alles an ihr war klein, aber perfekt proportioniert, ganz im Gegensatz zu ihrem Vermögen, das groß genug war, um sie zu einer der begehrtesten Partien in Bath zu machen.
Durch Sarahs Miene darauf aufmerksam gemacht, dass sie albern wirkte, setzte sie sich stirnrunzelnd wieder hin. „Ich weiß, du denkst, dass ich mich zum Narren mache, Sarah, aber ich bin wirklich um dein Wohlergehen besorgt!“ Ihre Stimme hatte klein und verletzt geklungen. „Es wird dein Untergang sein, wenn du nach Blanchland fährst, ganz gleich, was du Gegenteiliges sagst!“
Sarah seufzte erneut. „Verzeih mir, Milly! Ich muss nach Blanchland. Frank hat mich darum gebeten …“
„Er ist seit drei Jahren tot!“, entgegnete Lady Amelia unbeirrt. „Meiner Ansicht nach ist es zu viel von dir verlangt, dass du seine Bitten auch noch nach seinem Tod erfüllst.“
Sarah dachte daran, dass ihre Cousine keine Ahnung hatte, wie viel Frank tatsächlich von ihr erwartete, und bemühte sich, sie zu beschwichtigen.
„Ich verspreche dir, dass ich nicht lange fort sein werde. Außerdem bin ich überzeugt, dass Sir Ralph wirklich nicht so schlimm ist wie …“
„Er hat Blanchland zum Inbegriff der Zügellosigkeit und Verkommenheit gemacht!“, entgegnete Amelia heftig. „Du weißt, dass es deinen Ruin bedeutet, wenn du diesen Auftrag ausführst! Was kann so wichtig sein, dass es dich zwingt, nach Blanchland zurückzukehren? Oh, ich könnte Frank umbringen, wäre er nicht schon tot!“
Sarah brach in Lachen aus. „Oh, Milly, ich wünsche mir ehrlich, ich könnte mich dir anvertrauen, aber ich habe geschworen, Schweigen zu bewahren! Es geht um eine sehr delikate Sache.“
„Unsinn!“, erwiderte Lady Amelia erbost. Sie schaute die Cousine an, und ihr Zorn verwandelte sich in Irritation. Sie konnte Sarah nie sehr lange böse sein.
„Oh, es tut mir leid, mein Schatz! Ich weiß, du hast sehr an deinem Bruder gehangen und glaubst jetzt, das Richtige zu tun, aber …“ Unglücklich ließ sie den Satz in der Luft hängen.
„Ich weiß!“ Sarah tätschelte ihr die Hand. Mit ihren vierundzwanzig Jahren war sie fünf Jahre jünger als Amelia, kam sich jedoch häufig älter vor. Amelia war diejenige, die ungestüm das Leben genoss und deren Unbesonnenheit so oft zu Schwierigkeiten geführt hätte, wäre sie nicht durch den klugen Rat ihrer jüngeren Cousine zur Vernunft gebracht worden. Sie war seit fünf Jahren verwitwet, benahm sich jedoch immer noch so sorglos wie eine junge Debütantin. Nun war sie indes diejenige, die zur Vorsicht mahnte, und Sarah diejenige, die etwas Törichtes vorhatte.
„Und ausgerechnet jetzt willst du reisen!“, sagte Amelia vorwurfsvoll. „In zwei Wochen ist Weihnachten, und ich bin sicher, es wird schneien!“
„Es tut mir leid, Milly. Aber ich habe das Gefühl, ich muss das tun.“
Sarah schwieg, weil Chisholm leise in den Raum gekommen war.
„Entschuldigen Sie bitte, meine Damen. Zwei Gentlemen möchten Sie sprechen, Lady Fenton.“
„Ich bin nicht zu Haus!“, rief sie gereizt aus. „Hören Sie, Chisholm! Sie wissen, dass ich heute niemanden empfangen will!“
„Ja, Madam, aber Sie haben Anweisung gegeben, dass Sir Greville …“
„Baynham!“,
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