Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
hatte sie. Ich ließ Katinkas Geschenke auch immer im Schrank verschwinden. Aber für draußen ging’s. Ich fand sogar ein Teelicht.
Der Essplatz war trotz des Kerzenlichtes ungefähr so heimelig wie das Deck eines Parkhauses. Immerhin – es waren nur noch die Sterne über uns zu sehen. Wir waren mit sieben Stockwerken das höchste Haus im Block. Der Fernsehturm und die hell erleuchtete Silhouette der Hochhäuser der Innenstadt schienen aber zum Greifen nahe. Alles in allem ein beeindruckender Ausblick, wenn man es großstädtisch mochte. Mir persönlich gab es zu viel – wenn auch gedämpften – Verkehrslärm und zu wenig Grün. Ich war weit, weit weg von zu Hause.
Das Windlicht schien Oliver zu gefallen.
»Gemütlich«, sagte er, als er mit der Lasagne herauskam. »Hast du das von zu Hause mitgebracht?«
»Nee«, sagte ich. »Das gehört euch.« Und gemütlich war etwas anderes. Die Lasagne aber schmeckte köstlich, ebenso der Wein, den Oliver geöffnet hatte. Ich hatte schon lange nicht mehr etwas so Leckeres gegessen. Diese Mikrowellenfertiggerichte schmecken nach einer gewissen Zeit alle gleich.
»Auf die nächsten sechs Monate«, sagte Oliver und sah mir über das Windlicht hinweg in die Augen.
»Auf eine Million Euro«, sagte ich und klimperte mit den Wimpern. »Was willst du mit deiner machen, wenn es so weit ist?«
»Meine Schulden bezahlen«, seufzte Oliver. »Du kannstdir nicht vorstellen, wie hoch unsere monatliche Belastung ist.«
»Doch, doch«, sagte ich und dachte an den Z4 und den Monsterfernseher. »Aber es wird doch wohl noch ein
bisschen
übrig sein? Wovon träumst du?«
»Ach«, sagte Oliver wegwerfend. »Nicht unbedingt von Geld, weißt du.«
»Wie bitte?« Ich war ein wenig geschockt.
»Ehrlich gesagt, mache ich nur mit, weil Evelyn sagt, wenn wir es nicht täten, würden wir uns ein Leben lang darüber ärgern. Und die Schulden sind definitiv nicht mehr zu ignorieren. Jetzt wo Evelyn nicht mehr arbeitet, wird es verdammt schwierig werden, diesen Lebensstil aufrechtzuerhalten.«
»Und was machst du nun mit dem Geld, das übrig bleibt?«
Oliver zuckte mit den Achseln. »Ich sag doch, ich bin gar nicht an Geld interessiert. Was ich mir wünsche, sind gesunde Kinder und einen Job, der mir auch noch in zwanzig Jahren Spaß macht. Und das sind nun mal Dinge, die man für Geld nicht kaufen kann.«
»Immerhin hast du schon den Job«, sagte ich und sah auf die Uhr. »Oh, bist du nicht gleich in den Nachrichten zu sehen? Oder hast du heute nicht gearbeitet?«
»Doch«, sagte Oliver. »Wenn es dir nichts ausmacht, können wir den Nachtisch auf dem Sofa essen, ja?«
Nachtisch gab es auch noch! Herrlich.
In den Nachrichten berichtete Oliver zur Abwechslung mal nicht über einen Brand. Er kommentierte den 30-Kilometer-Stau, der auf der A1 nach einem schweren Unfall entstanden war, und interviewte einige Stauinsassen, die seit mehreren Stunden dort festsaßen.
»Die haben mich mit dem Hubschrauber eingeflogen«, erklärte Oliver. »Deshalb sehe ich so grünlich im Gesicht aus.«
»Du siehst prima aus«, widersprach ich. »Vor allem eben, als du so nett gezwinkert hast.«
»Da ist mir irgendwas ins Auge geflogen«, sagte Oliver.
»Egal, es sah nett aus. Ich habe dich noch nie so groß gesehen. Auf diesem Riesenbildschirm ist dein Kopf ja größer als in Wirklichkeit.« Gebannt schaute ich auf den Fernseher. Mit windzerzaustem Haar fragte Oliver schließlich doch noch den Einsatzleiter der örtlichen Feuerwehr, wie lange die Räumungsarbeiten voraussichtlich noch dauern würden.
»Vati hat wohl Recht«, seufzte Oliver. »Ich interviewe wirklich immer nur Feuerwehrmänner.«
Ich kicherte. »Wenigstens heißt der hier mal nicht Kowalski.«
Oliver lachte auf. »Das ist nicht mein Traumberuf«, sagte er dann wieder ernst. »Aber ich habe auch keinerlei Ambitionen, aus irgendwelchen Krisengebieten dieser Welt zu berichten. Und Politik langweilt mich tödlich.«
»Aber du bist ein guter Reporter«, sagte ich. »Nicht so ein aalglattes Ohrfeigengesicht wie die meisten. Es wäre schade, wenn du den Beruf aufgäbest. Und ist es nicht allmählich langweilig mit den ganzen Feuerwehrmännern?«
»Schon«, sagte Oliver. »Aber ich will ja gar nicht unbedingt vor die Kamera. Am liebsten würde ich eine eigene Sendung produzieren, bei der ich kaum noch oder gar nicht mehr selber zu sehen wäre. Ich habe schon seit einiger Zeit eine Idee, von der ich glaube, dass sie funktionieren könnte. Das
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