Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
etwas selbstbewusster hinzu: »Aber glücklicherweise bin ich ja hier die Chefin.«
»Ist schon gut«, sagte Petra. Den Teil mit der Chefin hatte sie offenbar nicht gehört. »Eben war wieder diese eingebildete Ziege da. Wollte wissen, wo du warst. Ich habe ihr gesagt, dass ich kein verdammtes Auskunftsbüro bin.«
»Welche Ziege?«, fragte ich voller Ärger über mich selber. Ich musste endlich lernen, dieser Person Paroli zu bieten, sonst vergraulte sie uns noch alle Kunden. Jedenfalls die weiblichen.
»Was weiß ich denn, wie die heißt!«, sagte sie pampig.
Ich nahm all meinen Mut zusammen. »Hör mal, Petra, du musst dir angewöhnen, ein bisschen höflicher zu den Kundinnen zu sein.« Und zu mir auch, hätte ich gerne hinzugefügt, aber mein Herz klopfte jetzt schon viel zu schnell. Ich war einfach nicht zum Vorgesetzten geboren. Situationen wie diese ließen meine Handflächen unangenehm feucht werden.
»Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auchwieder hinaus«, sagte Petra kein bisschen beeindruckt. »Ach, da kommt sie ja schon wieder.«
Die Ziege war Evelyn, die es schaffte, in Jeans, T-Shirt und Pferdeschwanz unübertreffbare Noblesse zu verbreiten. Ich war fast ein bisschen froh, sie zu sehen.
»Guten Morgen«, sagte ich.
»Na endlich«, erwiderte Evelyn. »Ist das Auto nicht angesprungen?«
»Woher weißt du das?«
Evelyn winkte ab. »Weil es das jeden Morgen tut. Beziehungsweise nicht tut. Was meinst du, warum ich den Z4 so liebe?«
»Häm, häm.« Petra räusperte sich auf eine besonders unverschämte Art und Weise.
»Ach ja«, sagte ich. »Ich habe euch ja noch nicht miteinander bekannt gemacht. Evelyn, das ist Petra Schmidtke, unsere Verkäuferin. Evelyn Gaertner ist meine Schwägerin, Petra.«
»Und was macht die hier?«, fragte Petra ungalant.
»Sie, äh …« Ich stockte. Ja, was machte die hier eigentlich? Wollte sie jetzt den ganzen Tag in der Gärtnerei herumlungern?
»Ich arbeite von jetzt an ebenfalls hier«, sagte Evelyn. »Allerdings nicht im Verkauf, das ist mir zu anspruchslos.«
»Nicht?«, fragte ich schwach.
»Nein«, sagte Evelyn bestimmt. »Stephan und ich sind uns einig, dass ich mir mein Betätigungsfeld selber suche. Wir haben gestern bei einem Glas Wein ausgiebig darüber geplaudert.«
Aha, genau wie ich gedacht hatte. Ich musterte Evelyn scharf. Aber sie zeigte nicht den leisesten Anflug von Verlegenheit.
»Schließlich muss ich mich ja irgendwie nützlich machen, oder?«, sagte sie. »Ich habe da schon einiges im Sinn.«
»Tatsächlich?«, fragte ich alarmiert. Ich meine, Evelyn war sicher eine wunderbare Einkaufsleiterin für Damenoberbekleidung, aber von Pflanzen hatte sie ungefähr so viel Ahnung wie Petra. Möglicherweise sogar noch weniger.
»Hast du denn keine richtige Arbeit?«, erkundigte sich Petra.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben«, sagte Evelyn kalt. Sie hatte definitiv kein Problem damit, die Chefin heraushängen zu lassen. Dabei war sie es in Petras Fall nicht einmal. »Und, nein, ich habe zurzeit keine richtige Arbeit. Ich nehme gerade ein Sabbatical.«
Petra verdrehte die Augen. Ich wette, sie wusste nicht, was ein Sabbatical war und wollte irgendwas Gemeines sagen. Glücklicherweise kam gerade jetzt ein Kunde herein, und glücklicherweise war es ein Mann, so dass Petra mit lieblichem Lächeln und wippendem Hinterteil auf ihn zu scharwenzelte.
»Ich habe mich schon mal auf eigene Faust umgeschaut«, sagte Evelyn zu mir. »Aber es wäre schön, wenn du mich einmal herumführen und mir alles erklären könntest. Stephan meinte, er kennt sich da nicht so gut aus.«
Das stimmte allerdings. Der gute Mann hatte rein gar nichts von seiner halben Gärtnerlehre behalten. Er war ausschließlich für die betriebswirtschaftliche Seite unseres Unternehmens zuständig.
»Wir sind mal nebenan. Arbeiten«, sagte ich zu Petra.
»Ja, ja«, sagte Petra.
Eifrig nahm ich Evelyn am Arm und zog sie aus dem Laden. Es war nett, dass sie sich für meine Pflanzen interessierte. Allerdings durfte ich alles andere darüber nicht vergessen.
»Und, wie war deine erste Nacht?«, fragte ich, viel freundlicher, als ich es eigentlich meinte.
»Frag nicht«, sagte Evelyn ziemlich unfreundlich. »Sonst frage ich dich, wo der muffige Geruch in eurem Gästezimmer herrührt.«
»Also,
eure
Gästecouch ist wirklich bequem«, sagte ich, fast ein bisschen verlegen, weil man das von unserer anscheinend nicht behaupten konnte.
»Das
Weitere Kostenlose Bücher