Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
Vielleicht hat Evelyn ja auch gelogen, und er war doch zu Hause und wollte nur nicht mit mir sprechen. Er hat, glaube ich, eine Midlifecrisis.«
»Ach, das glaube ich nicht. Er ist eben einfach ein Mann, und Männer spinnen eben manchmal«, sagte Elisabeth. »Die Midlifecrisis kommt später, nicht wahr, Hanna?«
»Männer sind wie Blasen«, hörte ich Hanna im Hintergrund sagen. »Sie zeigen sich erst, wenn die Arbeit getan ist.«
»Sie hat ein bisschen viel getrunken«, sagte Elisabeth. »Und Evelyn renoviert echt eure Küche? Ist ja irre. Du hast wirklich Glück.«
»Ja, aber dafür habe ich vielleicht bald keinen Mann mehr.«
»Verlasse nie deinen Mann, er könnte wieder in Mode kommen«, grölte Hanna.
»Sie will ihn ja auch nicht verlassen, Hanna.«
»Das ist gut, denn eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Traktor«, sagte Hanna und hickste.
»Fahrrad, Hanna, Fahrrad.«
»Warum habe ich mich nur darauf eingelassen?«, seufzte ich. »Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl. Für eine Million habe ich meine Ehe weggeworfen.«
»Du bist so eine Schwarzseherin«, sagte Elisabeth. »Es gibt tausend ganz harmlose Möglichkeiten, die Stephans Abwesenheit erklären könnten.«
Es piepste in der Leitung. »Die Telefonkarte ist gleich leer«, sagte ich. »Aber sag mir nur eine von den tausend Möglichkeiten, dann bin ich zufrieden.«
»Also«, sagte Elisabeth, aber dann war leider die Leitung tot. Ich legte bekümmert auf. Ach, was war nur aus mir geworden! Ich fühlte mich wie der arme Ehemann von Demi Moore, als er begriff, dass die Million überhaupt nichts gebracht hatte – außer Kummer.
Aber dann hatte ich einen Gedankenblitz: Wenn Stephan nicht mit Evelyn im Bett lag und auch nicht im Büro arbeitete, dann war er vielleicht genau wie ich auf der Suche nach einer Telefonzelle, von der aus er mich anrufen konnte. Eigentlich logisch, oder?
Die zwei Männer, die gegenüber im irischen Pub am Eingang standen, kamen mir irgendwie bekannt vor. Ja, ganz sicher sogar: Die braun gebrannte Glatze des einen und die riesigen Ohren des anderen waren unverkennbar.
Plötzlich hatte ich es sehr eilig, nach Hause zu kommen.
*
»Du siehst scheiße aus«, sagte Petra am nächsten Morgen. Es war immer noch kochend heiß, über Nacht hatte es sich kaum abgekühlt. Niemand in Deutschland hatte wohl in dieser Nacht gut geschlafen, mit Ausnahme derjenigen, die eine Klimaanlage besaßen. Selbst Petra sah aus, als ob sie unter der Hitze litt. Obwohl es erst halb neun war, war ihre Wimperntusche bereits zerlaufen. Ihre Laune war offenbar ganz mies.
»Echt, super scheiße«, sagte sie. »Du musst wirklich mal was mit deinen Haaren unternehmen.«
»Ja, vielleicht kannst du mir ja bei Gelegenheit mal deinen Friseur empfehlen«, sagte ich. Sie hatte wieder kiloweise Kleinmädchenspangen im Haar.
»Boah, und die Schuhe«, sagte sie. »In diesen Tretern musst du doch unwahrscheinliche Schweißfüße haben! Ekelig.«
Nun, zu behaupten, dass meine Füße bei diesen Temperaturen den ganzen Tag nach Rosen dufteten, wäre wohl etwas übertrieben gewesen. Aber dafür gab es ja schließlich Duschen. Petra nebelte ihre Füße vermutlich abends und morgens mit dem antibakteriellen Oberflächenreiniger ein, den sie auch literweise im Laden versprühte.
»Ich versteh echt nicht, was dein Mann an dir findet«, sagte sie, womit sie mich wieder zu meinem Thema brachte. Stephan hatte natürlich nicht versucht, bei mir anzurufen, egal, wie logisch das auch gewesen wäre. Oliver hatte gesagt, dass das Telefon den ganzen Abend nicht geklingelt hatte, und es hatte ein bisschen mitleidig geklungen. Ich war wütend und deprimiert ins Bett gegangen.
»Frauen wie du sind eine Schande für das weibliche Geschlecht«, sagte Petra.
So ging es einfach nicht weiter.
Ich schob mich an Petra vorbei ins Büro. Stephan saß dort vor dem Computer. Seine Kalkulationen hatte ich allmählich satt! Aber es waren keine Kalkulationen auf seinem Bildschirm, sondern Stellenanzeigen. Jemand suchte einen Leiter für seine Marketingabteilung, so wie ich es von der Tür aus erkennen konnte.
»Was soll das?«, fragte ich ohne eine Begrüßung.
Stephan drehte sich zu mir um. »Mach die Tür zu, die ganze heiße Luft kommt sonst rein.«
Ich gab der Tür einen Tritt, damit sie ins Schloss fiel. Hier im Büro war es tatsächlich angenehm kühl, weil ein Ventilator die Luft herumwirbelte.
»Wo warst du gestern Abend?«, fragte ich.
»Gestern Abend?« Stephan
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