Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
Steuerberaters, es ist sehr wichtig.«
»Tut mir auch Leid«, sagte Evelyn. »Aber Stephan ist noch mal weggegangen.«
Wer’s glaubte! Ich tat, als hätte ich sie nicht richtig verstanden. »Ruf ihn doch bitte! Es ist wirklich wichtig«, sagte ich grimmig. Das Gute an unserem altmodischen Telefon war, dass man es nicht beliebig durch die Wohnung tragen konnte. Stephan musste schon die weiße Lasterhöhle verlassen, um mit mir zu sprechen. Wahrscheinlich warer mit Evelyns Satinnachthemd an das Eisenbett gefesselt und konnte sich nicht so einfach losreißen. Pfui!
»Ich kann ihn nicht rufen, Olivia«, sagte Evelyn eine Spur ungeduldig. »Er ist nicht zu Hause.«
»Ja, aber wo ist er denn?«, fragte ich.
»Er hat gesagt, er muss noch arbeiten«, sagte Evelyn. Ich konnte förmlich hören, wie sie mit den Achseln zuckte. »Ruf ihn doch im Büro an.«
Ha! Auf den Trick fiel ich nicht herein. Im Hintergrund hörte ich ganz deutlich jemanden rumoren. Wahrscheinlich bemühte Stephan sich, seine Fesseln zu lösen.
»Ja, mach ich, danke«, sagte ich eisig. Sie sollte ruhig merken, dass ich im Bilde war. »Und entschuldigt bitte die späte Störung.«
»Das macht nichts«, sagte Evelyn. »Herr Kakabulke und ich waren sowieso noch bei der Arbeit. Er schleift die Türen vom Küchenschrank ab, und ich suche nach dem richtigen Weiß-Ton. Es darf kein hartes Weiß sein, ich denke eher an einen Stich ins Vanillefarbene, du nicht auch?«
Ich dachte an etwas ganz anderes. »Herr Kabulke ist noch bei der Arbeit?«, fragte ich ungläubig. »Bei der Affenhitze?« Die Uhr an der Apotheke gegenüber zeigte außerdem 22.20 Uhr an. Evelyn wollte mich wohl auf den Arm nehmen.
»Keine Sorge, er macht das unentgeltlich«, sagte Evelyn und senkte die Stimme. »Ich glaube, ihn zieht nichts nach Hause – seine Ehefrau ist wohl ein ziemlicher Drache.« Im Hintergrund hörte ich etwas poltern. »Alles in Ordnung, Herr Kakabulke?«
»Mir ist nur das Br-Br-Brett umgefallen«, sagte jemand, der haargenau wie Herr Kabulke klang. »Aber das kr-krkriegen wir schon hin.«
Entweder sie hatten einen eins a Stimmenimitator engagiert, oder Herr Kabulke war tatsächlich dort und schliff Schranktüren ab.
»Na dann, schönen Abend noch.« Etwas verwirrt legte ich den Hörer auf. Eine Weile starrte ich unschlüssig vor mich hin, dann wählte ich die Nummer vom Büro. Dort ging aber nur der Anrufbeantworter dran.
»Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an«, hörte ich Stephans Stimme. Trotz des drögen Textes klang sie ausgesprochen sexy. Ich lauschte ihr sehnsüchtig. »Sie können uns aber gerne Namen und Telefonnummer sowie den Grund Ihres Anrufes aufs Band sprechen, wir rufen Sie dann zurück.«
Ach nein, lieber nicht. Der Grund meines Anrufes war mir ja selber nicht so ganz klar. Wenn Stephan höchstpersönlich ans Telefon gegangen wäre, hätte ich vermutlich lediglich verlegen gesagt: »Ich wollte nur mal deine Stimme hören.«
Wo zur Hölle war der Mann? Vielleicht mit seinem Freund Adam Squash spielen. Aber wir hatten immer noch 30 Grad. Bisschen warm für Squash.
Auf Olivers Telefonkarte war immer noch Geld, also rief ich Elisabeth an. Glücklicherweise war sie noch wach. Kein Wunder bei den Temperaturen.
»Was machst du gerade?«, fragte ich ein bisschen weinerlich.
»Also, Hanna und ich sitzen im Kinderplantschbecken und trinken Rosé«, sagte Elisabeth. »Wir haben beschlossen, hier drin zu übernachten.«
»Klingt schön kühl«, sagte ich.
»Ja, komm doch auch vorbei«, sagte Elisabeth. »Für einen haben wir hier noch Platz. Wir haben auch jedeMenge Eiswürfel auf Vorrat. Wir werfen das Eis abwechselnd in den Gin Fizz und in unsere Bikinioberteile.«
»Gegenseitig?«
»Nein, jeder in seins«, sagte Elisabeth und kicherte.
Ich seufzte. »Elisabeth, Stephan ist nicht zu Hause. Und im Büro ist er auch nicht.«
»Ja, aber das heißt doch nichts«, sagte Elisabeth. Der Gin Fizz hatte sie offenbar in beste Laune versetzt. Normalerweise quiekte sie sofort genervt auf, wenn sie den Namen Stephan nur hörte. »Bei der Hitze macht er vielleicht einen Ausflug zum Baggersee. Oh, du meinst, er ist mit Evelyn unterwegs?«
»Nein«, sagte ich. »Die renoviert mit Herrn Kabulke unsere Küche.«
»Dann ist doch alles paletti«, sagte Elisabeth.
»Nein, ist es nicht.« Ich schniefte. »Irgendwie habe ich das Gefühl, Stephan überhaupt nicht mehr zu kennen. Ich weiß nicht mal, wo er sich heute Abend herumtreiben könnte.
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