Ein unverschaemt charmanter Getleman
küssen, bis sie den Verstand verlor.
„Es waren ganz vorzüglich gearbeitete Handschuhe“, meinte er dann jedoch mit gespieltem Bedauern. „Es wird mir nie möglich sein, ein zweites solches Paar zu finden, und Crewe wird mir nie vergeben. Aber wenn mein Opfer das Geschäft belebt, sollte ich wohl nicht länger klagen.“
„Sie können dessen gewiss sein, dass jedes von Ihnen unterstützte Geschäft ein Erfolg sein wird“, versicherte sie ihm. „Ausländische Adelige tummeln sich hier mittlerweile wie die Fliegen, aber eine solch heldenhafte Persönlichkeit wie Lord Hargates Sohn ...“
„Ich bin nicht heldenhaft“, erhob er umgehend Einspruch und versuchte, seine Worte unbeschwert klingen zu lassen. „Das ist wahrlich Unsinn.“
Sie blieb stehen und wandte sich ihm zu. „Es ist kein Unsinn. Wie kommen Sie darauf, so etwas zu denken?“
Sie befanden sich auf der South Parade, nahe schon bei Wilkerson's Hotel, und waren für alle neugierigen Passanten gut zu hören und zu sehen. Alistair wusste, dass er nun besser in sein Hotel zurückkehren und Miss Oldridge ihres Weges gehen lassen sollte, doch er war nicht bereit, sie gehen zu lassen. Noch nicht. Denn er wollte, dass sie ihn verstand.
Er musste daran denken, was sie hinsichtlich seines verletzten Beines gesagt hatte - dass die Umstände so oder so gegen ihn gewesen waren. Ihre Worte hatten ihm erst aufgezeigt, dass er ebenso gute Gründe hatte, den Ärzten gegenüber Nein zu sagen, wie er Gründe gehabt hatte, Ja zu sagen. Er wünschte sich nur, deshalb Nein gesagt zu haben, weil er seine Überlebenschancen genauestens abgewogen hatte, und nicht deshalb, weil er schlicht von Angst überkommen worden war. Diese Angst würde er sich nie vergeben können.
Aber dies - sofern es denn alles war, was sich seiner Erinnerung entzogen hatte - war sein Geheimnis.
Sein angebliches Heldentum hingegen war Allgemeingut geworden und bereitete ihm damit fast täglich Probleme. Es war wie ein Stachel, der tief zwischen seinen Rippen steckte und sich mit der Zeit immer tiefer eingrub. Vielleicht würde er es besser ertragen können, dachte Alistair, wenn zumindest eine Person - die eine, die ihm am meisten bedeutete -die Wahrheit wüsste. Er wünschte, er könne ihr alles erzählen, aber das konnte er nicht. Doch zumindest einen Teil konnte er ihr erzählen.
Er sah sich suchend um, aber nirgendwo in diesem malerischen Kurort würden sie ungestört sein können, ohne sogleich Anlass zu Gerede zu geben.
Wenig überrascht war er, als sie ihm zur Hilfe kam. Wahrscheinlich hatte sie erraten, was er wünschte.
„Haben Sie denn schon den Blick über Matlock Bath gesehen, den man von etwas weiter oben am Hang hat?“, fragte sie ihn. Sie deutete mit dem Kopf in Richtung der Straße, die an Wilkerson’s Hotel vorbei und zu den Heights of Abraham hinaufführte. „Man hat eine vortreffliche Aussicht, muss allerdings einen kleinen Anstieg in Kauf nehmen.“
Sie machte sich auf den Weg, und er folgte ihr.
Sobald sie außer Hörweite des kleinen Ortes und seiner Anwohner waren, meinte sie: „Ich weiß nicht, aus welchem Grund Sie die Schlacht von Waterloo Nacht für Nacht erneut durchkämpfen müssen. Aber ich wünschte, ich wüsste irgendeinen Würztrank oder einen heilsamen Sirup, der Ihnen zu einem friedvollen Schlaf verhelfen könnte. Mein Vater glaubt, dass Laudanum die Lösung sei. Vielleicht sollten Sie sich bei einem Apotheker erkundigen und um eine geringe Dosis nachfragen. Es mag sein, dass Sie nicht mehr so gereizt auf das Thema reagierten, wenn die Schlacht Sie nicht noch bis in Ihre Träume verfolgte.“
Die Schlacht war längst nicht alles, was ihm den Schlaf raubte. Aber von dem anderen durfte er nicht sprechen -davon, wie sehr er sich nach ihr sehnte, nach ihr verlangte, den Klang ihrer Stimme vermisste, ihren Duft, ihre Berührung ...
„Ich bin deshalb gereizt, weil ich stets zum Helden stilisiert werde“, sagte er. „Recht lange habe ich das hingenommen und ertragen, weil ich mich nicht daran erinnern konnte, was an jenem Tag geschehen war. Ich musste mich auf die Berichte anderer verlassen. Doch nun, da ich mich wieder erinnere, ist es mir unerträglich, dass Sie eine falsche Vorstellung von mir haben. Ihre gute Meinung weiß ich wohl zu schätzen - oh, und Ihre Zuneigung natürlich auch, wenngleich ich das besser nicht erwähnen sollte -, aber gerade weil ich beides so sehr schätze, ist es mir unerträglich, es unter falschen Voraussetzungen
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