Ein unverschaemt charmanter Getleman
zur Lösung seiner Probleme zu heiraten, wenn sie nicht sicher gewesen wäre, ihn sich leisten zu können.
Aber Alistair wollte nicht, dass jemand - niemand, und ganz besonders nicht sie - ihn auch diesmal wieder aus seiner diffizilen Lage herauskaufte.
Vermochte er das Problem nicht selbst zu lösen, würde er den letzten ihm verbliebenen Rest seiner Selbstachtung verlieren. Er hätte weder Mirabels Liebe noch den Respekt seines Vaters oder Gordys Freundschaft verdient.
Dennoch fühlte er sich wie ein Schuft, ihr Angebot zurückzuweisen. Er hatte sie damit verletzt - wieder einmal. Sein Verstand war winzig klein zusammengeschrumpft, derweil sein männlicher Stolz wahrhaft ungeheuerliche Ausmaße angenommen hatte. Er hätte seine Entscheidung begründen sollen. Doch erst jetzt, als er allein in seinem Schlafzimmer war, begann alles langsam Gestalt anzunehmen. In ihrer Gegenwart hatte er zunächst nur Verdruss und Bestürzung und Wut empfunden. Er hatte kaum klar denken können, geschweige denn besonnen sprechen.
Trotz seines inneren Aufruhrs schlummerte er jedoch schon bald ein - tief genug, um abermals von Waterloo zu träumen. Der Traum war noch länger und lebhafter als in der Nacht zuvor. Mit jeder Nacht setzte er früher in der Schlacht ein und erhellte, was zuvor tief im Dunkel gelegen hatte. Mit jeder Nacht sah Alistair das Gemetzel in größerer Anschaulichkeit vor sich und durchlebte das Geschehene mit zunehmender Intensität. Und jede Nacht wachte er von seinen Albträumen auf - oder aber er weckte seinen Kammerdiener, der wiederum ihn weckte.
Auch in dieser Nacht beugte Crewe sich über ihn und schüttelte ihn behutsam. „Wachen Sie auf, Sir. Sie träumen wieder.“
Alistair setzte sich mühsam auf. „Wie spät ist es?“
„Fast Mitternacht, Sir.“
„Ist Lord Gordmor eingetroffen?“
Nein, Seine Lordschaft sei noch nicht eingetroffen, und Crewe hielt es für unwahrscheinlich, dass er in dieser Nacht noch eintreffen werde. Seit der Herr zu Bett gegangen war, habe sich das Wetter beträchtlich verschlechtert.
Alistair stand auf und schaute aus dem Fenster. Er sah gar nichts. Dafür hörte er den Regen rauschen und den Wind heulen, und er musste Crewe recht geben. Sosehr Gordmor auch in Bedrängnis sein mochte, er würde niemals das Wohlergehen seiner Leute oder seiner Pferde aufs Spiel setzen. Wahrscheinlich hatte er bei dem nächstgelegenen Gasthof haltgemacht, sobald das Wetter umgeschlagen war.
Hier konnten sie ohnehin kaum mehr Unterkommen. Miss Oldridge und ihr Gefolge hatten fast alle Zimmer in Beschlag genommen - abgesehen von einigen kleinen und dunklen Kammern, die an der Rückseite des Gasthauses gelegen waren und auf eine enge Gasse hinausgingen.
Als er es anklopfen hörte, nahm Alistair dennoch an, dass Gordys Besorgnis größer gewesen war als seine Besonnenheit. Da er nur seinen Freund erwartete, beeilte er sich auch nicht sonderlich, seinen Morgenmantel über sein Nachthemd zu ziehen, derweil Crewe bereits an die Tür gegangen war.
Alistair vernahm ein Flüstern.
Crewe erwiderte leise: „Ja, er ist wach, aber ..."
Da wurde er auch schon ohne viel Aufhebens zur Seite geschoben, und herein stürzte Mirabel, gewandet in zarte Rüschen und ... feine Spitze?
Als sie das schmale Zimmer schon halb durchmessen hatte, blieb sie auf einmal wie angewurzelt stehen. „Oh ... das hatte ich nicht bedacht. Ich hatte Crewe so verstanden, dass du noch nicht zu Bett gegangen seist.“ Sie errötete und sah beiseite.
Alistair schaute sich hilflos suchend um. Crewe lief eilends zu einem Stuhl nahebei, griff nach dem Morgenmantel und zog ihn seinem Herrn geschwind über. Dann murmelte er etwas von einer heißen Würzmilch und entschwand lautlos.
Nachdem er gegangen war, wandte Mirabel sich wieder Alistair zu. Sie trug einen Morgenmantel aus feinem, weiß schimmerndem Batist, der mit ausnehmend schöner Seidenspitze besetzt war, und darunter ein dazu passendes Nachthemd mit gerüschtem Saum. Sie sah aus wie eine Märchenprinzessin. Ungläubig ließ Alistair seinen Blick langsam von den zierlichen Seidenpantoffeln aufwärtswandern, über ihr bezauberndes, schmeichelndes Nachtgewand bis zu ihrem Gesicht.
Ihre Wangen schimmerten rosig, und das Kerzenlicht ließ zwei helle Sterne in ihren dämmerig blauen Augen funkeln. Ihr rotgoldenes Haar fiel ihr offen über die Schultern, und der feurige Strahlenkranz ihrer Locken umfing tanzend ihr Gesicht.
Ihre Hände hielt sie vor dem Bauch
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