Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
Hochzeit?«
Vivian schaute verlegen auf ihre Hände. »Gut möglich, dass er eine Mätresse hat oder hatte, die nachtragend ist.«
Damien runzelte leicht die Stirn, wies die Vermutung jedoch nicht als lächerlich zurück. Dazu kannte er die Gepflogenheiten der Männer seines Standes zu gut.
»Ich habe zwar nichts dergleichen gehört«, meinte er nachdenklich, »was aber nichts heißen muss. Manche sind sehr diskret, andere wieder nicht. Habt Ihr Grund zu der Annahme, dass mehr dahintersteckt?«
»Nein«, gab sie zu und atmete tief durch.
Er schaute sie leicht amüsiert an. »Und wenn schon. Mein jüngerer Bruder war eigentlich ein notorischer Frauenheld, und heute ist er ein treu ergebener Ehemann und Familienvater. Was ein Mann tut, solange er Junggeselle ist, und wie er sich verhält, sobald er die richtige Frau gefunden hat, das sind wirklich zwei sehr verschiedene Paar Stiefel. Bei den meisten zumindest, von den weniger ehrbaren Gentlemen wollen wir hier nicht reden, denn zu dieser Kategorie zählt Stockton meiner Einschätzung nach hundertprozentig nicht. Außerdem schwört Lily Stein und Bein, dass er absolut vernarrt in Euch sei. Vorsichtshalber werde ich mich trotzdem mal umhören, bezweifle allerdings, dass das etwas bringt.«
Vivian atmete tief durch. Wenigstens die Furcht nahm Northfield ihr, dass Lucien vor der Heirat geflohen war.
Doch was war mit ihm passiert?
Die erste Nacht an Land war nicht viel besser als die Zeit an Bord des Schiffes.
Nur dass ihm nicht mehr kalt, sondern viel zu heiß war. Er hockte in einer winzigen Zelle, vor deren einzigem Fenster verrostete Eisengitter befestigt waren. Von draußen drangen das Singen der Vögel und der süße Duft von blühenden Zitronenbäumen herein.
Ein Versprechen der Welt, die vor seinem Gefängnis wartete. Und ihn hatten sie wie ein Tier hier eingepfercht. So langsam glaubte Lucien den Verstand zu verlieren.
Er war von der Überfahrt völlig verdreckt, hatte sich weder waschen noch rasieren können und trug nach wie vor dieselben Sachen, in denen man ihn entführt hatte. Und war immer noch völlig ahnungslos, um was es ging. Auch der Nahrungsmangel machte sich zunehmend bemerkbar und schwächte ihn. Wenigstens hatten sie ihm wieder Wasser gegeben, und zum Glück gab es in diesem neuen Gefängnis keine Ratten.
Nicht mehr als ein schwacher Trost und doch ein Segen.
Diese Mistkerle. Meine Familie … Vivian … Was werden sie nur von mir denken?
Als die Tür aufging, döste er gerade. Richtig schlafen konnte er nicht, hatte auch keine Ahnung, wie viele Tage er inzwischen schon so vor sich hin vegetierte. Da er sich dennoch ständig in Alarmbereitschaft befand, sprang er sofort auf, als zwei Männer in die winzige Zelle drängten. Den einen erkannte er … Es handelte sich um einen der beiden Kerle, die ihn vom Schiff geholt hatten. Den anderen sah er zum ersten Mal.
»Der macht kaum einen gefährlichen Eindruck.«
Der Fremde war groß, dürr und elegant gekleidet mit einem blauen Mantel. Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem herablassenden Lächeln, und er kniff die dunklen Augen zusammen. Sein prüfender Blick war voller Verachtung.
»Zu viel Lärm um nichts, wenn du mich fragst. Der stellt wohl kaum eine solche Bedrohung dar, dass sich der ganze Aufwand lohnt.«
Lucien verhielt sich ruhig. Sein Verstand riet ihm zur Zurückhaltung, solange er nicht wusste, was hier gespielt wurde.
»Er ist nicht so harmlos, wie er aussieht.« Der Raubeinige kratzte sich am Kinn. »Hat einem der Jungs den Arm gebrochen, jawoll, als wir ihn an Bord brachten. Ich würd mich lieber von ihm fernhalten, Chef.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Blaumantel und wich einen Schritt zurück. »Das Treffen findet in einer Stunde statt. Bis dahin solltest du etwas für sein Aussehen tun.«
Mit zusammengebissenen Zähnen fragte Lucien: »Welches Treffen?«
»Artemis. Ich bin sicher, Ihr seid mit diesem Namen vertraut, Mylord«, entgegnete Blaumantel. »Er wünscht mit Euch abzurechnen.«
Artemis? Der Name sagte ihm nichts.
»Das ist doch Wahnsinn. Ich kenne den Namen überhaupt nicht«, stieß Lucien hervor.
»Vielleicht gebt Ihr Euch ja absichtlich so begriffsstutzig.«
»Ich kenne ihn nicht.«
Ein letzter verächtlicher Blick traf ihn. »Ihr könnt mit ihm gerne über dieses Thema streiten.«
Was zum Teufel war hier los? Sollte das ein Scherz sein?
Wenn ja, dann war es ein ganz übler.
»Was für ein Name ist das überhaupt, Artemis? Ich habe
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