Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
Riechsalz. Als ihre Röcke einen Rhododendron streiften, rieselten Tropfen auf sie nieder. Die großen pinkfarbenen Blüten glänzten vor Nässe.
Trotz der Abwesenheit des Dukes waren die Gärten perfekt gepflegt worden. In dieser Hinsicht gab es kaum etwas für sie zu tun, aber sie sollte ja auch bei den Experimenten helfen.
Ein Husten erklang ganz in der Nähe, und sie merkte, dass die Krankheit immer schneller voranschritt. Die Anfälle kamen häufiger und waren kräftezehrender als noch vor ein paar Wochen bei ihrer Rückkehr aufs Land. Sie blieb stehen und wartete, bis der Husten verklungen war. Erst dann ging sie zu ihm, denn nach wie vor war er sehr bedacht darauf, seine Krankheit, so gut es ging, zu verbergen. Bei der Rückkehr aus London war er deshalb sogar in einer eigenen Kutsche gefahren.
Es war an der Zeit, ihm davon zu erzählen.
Obwohl sie sich absolut nicht sicher war, wie er diese Nachricht aufnehmen würde, musste sie es tun. Wenn sie noch länger wartete, würde ihr die Entscheidung ohnehin abgenommen. Sie waren jetzt seit einem Monat hier, und mit jedem Tag war die Gewissheit gewachsen, dass sie ein Kind erwartete. Sie hatte alle Symptome einer Frühschwangerschaft wie Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit. Inzwischen verschlief sie bisweilen sogar die Nachmittage.
Schwanger. Jenes leidenschaftliche Zwischenspiel beim Picknick war nicht ohne Folgen geblieben. Hätte er sich darüber gefreut? Sie glaubte ja, denn wünschte sich nicht jeder Mann einen Sohn?
Immer öfter stellte sie fest, dass sie von Lucien in der Vergangenheitsform dachte. Das entsetzte sie und verstärkte ihren Kummer.
»Euer Gnaden, ob ich wohl einen Moment Eurer Zeit beanspruchen darf?«
Der Duke, der sich gerade mit einer Gartenschere über einen blühenden Busch beugte, richtete sich auf und nickte. »Guten Tag, meine Liebe. Der Regen kam gerade zur rechten Zeit, nicht wahr?«
»Es war perfekt«, sagte sie zerstreut. Sie durfte sich jetzt unter keinen Umständen in ein Gespräch über Botanik oder landwirtschaftliche Anbauzyklen verwickeln lassen, sonst erzählte sie ihm vielleicht nie davon.
»Lucien hätte sich sehr darüber gefreut, weil das eine gute Ernte und damit einen guten Ertrag verspricht.«
»Da Ihr von Lucien sprecht«, unterbrach sie ihn. »Ich wollte ohnehin mit Euch über ihn sprechen.«
Das schmale Gesicht des Dukes zeigte keine Regung. »Gibt es eine Nachricht von ihm?«
»Über seine Rückkehr? Nein.« Sie hasste es, die Worte zu hören, und noch mehr verabscheute sie es, sie auszusprechen. »Es tut mir leid. Ich wollte keine vergebliche Hoffnung wecken.«
»Verstehe.« Er schob die Gartenschere in die Tasche seiner Schürze, mit der er seine Kleidung schützte. Plötzlich wirkte er sehr müde. »Ich habe immer noch Hoffnung, Vivian. Nicht sehr vernünftig, nehme ich an.«
»Ich ebenfalls«, sagte sie leise.
»Worüber wolltest du mit mir reden?«
Mit dieser direkten Frage konfrontiert, begann sie zu stottern und wusste nicht, wie sie es sagen sollte. »Ich … also ich …«
Der Duke blickte sie freundlich an. »Ja?«
»Ich glaube, ich werde sein Kind bekommen.«
Jetzt war es an dem Duke of Sanford, sprachlos zu sein. Vivian konnte seinen Gesichtsausdruck schwer deuten und fügte entschuldigend hinzu: »Wir wollten schon bald darauf heiraten.«
Himmel! Das machte es kaum besser, oder?
Sie nahm einen neuen Anlauf und schaute den Duke zerknirscht an. »Ich vermute, das war leichtsinnig von uns.«
Auch nicht gut. Das klang ja, als wolle sie sich für ihr liederliches Verhalten entschuldigen. Und dabei bereute sie gar nichts, was an diesem wunderbaren Nachmittag geschehen war. Selbst jetzt nicht.
»Ich … ich meine …«, stammelte sie, und ihre Wangen brannten. »Was ich damit sagen will …«
»Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Mein Sohn hat dich verführt.« Er wandte sich ab und blickte in den Garten hinaus.
Sie konnte das so nicht stehen lassen, das wäre billig und unwahrhaftig. »Nein, wir wollten es beide«, erwiderte sie möglichst selbstsicher. »Er hat mich nicht überredet oder mich gegen meinen Willen dazu gedrängt. Es ist … einfach passiert.«
»Verstehe.« Dann glitt ein Leuchten über sein Gesicht. »Ich vermute, diese Entwicklung ist für dich unangenehm, aber für mich ist es eine wunderbare Nachricht. Vielleicht habe ich meinen Sohn verloren, doch zu wissen, dass etwas von ihm bleibt, dass er nicht vollends von uns gegangen ist, das macht mich glücklich.
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