Ein Vampir fuer alle Sinne
ihn jetzt darauf aufmerksam zu machen.
»Jedenfalls sagte sie etwas sehr Merkwürdiges«, redete er weiter. »Es kam aus heiterem Himmel.«
»Und was war das?«, wollte Jeanne Louise wissen.
»Dass es immer das Beste sei, auf sein Herz zu hören. Dass das manchmal nicht der einfachste Weg sei, aber mit Sicherheit der richtige«, zitierte Paul sie ernst.
Sie dachte kurz über seine Worte nach, schließlich fragte sie: »Und als du mich entführt hast, da hast du … auf dein Herz gehört?«
»Ich wollte dich«, sagte er. »Du bist mir am ersten Tag bei der Führung durch die Firma aufgefallen, und obwohl ich um Jerri trauerte, habe ich immer Ausschau nach dir gehalten. Ich unterbrach meine Arbeit zu unterschiedlichen Zeiten, um herauszufinden, wann du in Pause gehst. Nach einiger Zeit kannte ich deinen Tagesablauf, und ich wusste sogar, was du getrunken und gegessen hast«, fügte er ein wenig verlegen hinzu. »Anfangs wusste ich nicht, wieso ich dich so faszinierend fand. Du hast schwarze Haare, und ich stand schon immer auf blond. Und am Anfang war es ja gerade mal einen Monat her, dass meine Frau gestorben war, weshalb ich ein schlechtes Gewissen bekam, obwohl ich dich nur angesehen hatte. Aber ich … an jedem Tag freute ich mich auf die Pause, weil das bedeutete, dass ich dich wiedersehen würde. Ich fühlte mich … ich weiß nicht … irgendwie glücklich, glaube ich.« Mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen ergänzte er: »Und dann fielen mir deine Schuhe auf, und daraus entwickelte sich das Spiel, jeden Tag darauf zu achten, welche Schuhe du trägst. Ich versuchte dann immer zu erraten, welche Laune du jeweils hattest.«
Er stellte sein Glas auf den Nachttisch, rutschte im Bett ein Stück weit nach unten und legte sich hin, damit er zur Decke sehen konnte. »Es wäre zwar einfacher gewesen, Bev zu mir nach Hause zu locken, aber ich wollte dich. Ich wollte, dass du Livy kennen und lieben lernst … und ich wollte, dass du mich magst. Ich glaube, tief in meinem Innersten habe ich darauf gehofft, dass etwas in dieser Art passiert. Dass wir diese Verbindung zueinander und diese Leidenschaft haben.«
»Das haben wir ja auch«, entgegnete Jeanne Louise leise und nahm sich vor, ein paar Takte mit ihrer Tante zu reden, wenn das hier vorüber war. Die Frau hatte Pauls Gedanken gelesen und genau gewusst, was er plante. Sie hatte nichts dagegen unternommen, wenn man davon absah, dass sie Paul mit der Nase darauf gestoßen hatte, nicht Bev haben zu wollen, sondern den schwierigeren Weg zu wählen. Diese Frau war unglaublich, überlegte Jeanne Louise und stellte gleichfalls ihr Glas Eistee beiseite, jedoch auf den Nachttisch auf der anderen Seite des Betts. Dann drehte sie sich auf die Seite und stützte den Kopf in ihre Hand, damit sie Paul ansehen konnte.
Der schaute sie ebenfalls an und zog fragend eine Braue hoch. »Sehr glücklich scheinst du darüber nicht zu sein, dass du das jetzt weißt.«
»Doch, das bin ich«, beteuerte sie. Vor allem war sie glücklich, weil sie jetzt wusste, dass er nicht erst begonnen hatte, sich für sie zu interessieren, als er jemanden brauchte, der für ihn Livy wandeln sollte. Nein, er hatte sie ausgewählt, weil er schon vor über zwei Jahren von ihren Reizen angetan war. Aber das änderte nichts daran, dass sie jetzt erst mal einiges zu erklären hatte. »Paul, wir Unsterblichen haben genauso Gesetze wie die Sterblichen.«
Er stutzte, da sie für seine Begriffe sehr spontan das Thema gewechselt hatte, dennoch wartete er darauf, dass sie weitersprach.
»Wir dürfen von einem Sterblichen nicht so viel trinken, dass er stirbt. Das dient dem Schutz der Sterblichen, aber auch dem unserer Leute«, räumte sie ein. Dann erklärte sie: »Es würde für jede Menge Aufsehen sorgen, wenn auf einmal Leichen auftauchen, die keinen Tropfen Blut mehr in ihren Adern haben und Bisswunden aufweisen. Es könnte dazu führen, dass man auf die Existenz unseres Volks aufmerksam wird.«
Paul nickte bestätigend. »Und was passiert, wenn ein Unsterblicher gegen dieses Gesetz verstößt?«
»Dann wird er hingerichtet«, vertraute Jeanne Louise ihm an und ergänzte: »Da sind wir mit unseren Vorschriften sehr streng.«
Er kommentierte diese Erklärung mit einem kurzen Brummen, bevor er fragte: »Und eure übrigen Gesetze?«
»Wir dürfen nur Blutkonserven zu uns nehmen. Das soll ebenfalls dazu beitragen, dass wir nicht entdeckt werden. Wenn man dagegen verstößt – außer es handelt sich
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