Ein Vampir für gewisse Stunden: Argeneau Vampir 6
widerstrebend vorgetragen. Lucian musste lächeln, als er ihren leicht gequälten Gesichtsausdruck sah.
„Nein, nein”, versicherte er ihr. „Etienne wird für mich die Anrufe erledigen.” Sie wirkte daraufhin so erleichtert, dass er sie am liebsten geküsst hätte.
„Wir sind schon weg”, sagte Etienne und schob Rachel vor sich her aus dem Haus. „Ich rufe dich später an.”
„Danke”, erwiderte Lucian, aber das Wort kam ihm nur schwer über die Lippen, da er nicht daran gewöhnt war, so etwas zu sagen. Kopfschüttelnd ging er zur Tür und schloss sie, als die beiden abfuhren.
„Gehen wir doch nicht einkaufen?”, fragte Leigh überrascht, als er die Tür verriegelte.
„Wir gehen einkaufen”, antwortete er geduldig. „Aber ich dachte, Sie möchten lieber fahren, anstatt die zwanzig Meilen bis zur nächsten Mal zu Fuß zurückzulegen.”
„Oh ja, stimmt.” Sie war sichtlieh aus dem Häuschen, dass sie endlich würde einkaufen können. Typisch Frau, dachte er amüsiert, nahm diesen Gedanken aber sofort zurück. An seiner Leigh war überhaupt nichts typisch. Er drehte sich um und führte sie in die Küche.
„Also das ist neu”, erklärte sie, als er den Kühlschrank öffnete und ihr ganze Berge von Blutbeuteln zeigte.
„Das habe ich gestern Abend liefern lassen, nachdem die Putzfrauen gegangen waren.” Er nahm zwei Beutel heraus.
„Hm, gut, dass es nicht davor geliefert wurde.”
„Deshalb habe ich mit der Bestellung ja auch gewartet”, gab er zurück und reichte ihr einen Beutel.
Sie zog die Nase kraus, als er seine Zähne in den Kunststoff bohrte. Nach kurzem Zögern machte sie den Mund auf, und er sah, wie sie mit der Zunge über ihre Zähne strich. Erst da fiel ihm ein, dass sie noch nicht gelernt hatte, ihre Zähne willentlich hervortreten zu lassen. Das gehörte mit zu den Dingen, die er Ihr beibringen musste. Plötzlich stutzte er, denn er hatte ihr nur einmal dabei geholfen, als er ihr die blutige Bluse ins Gesicht gedrückt hatte. Aber beim zweiten Mal war es die blutig geschlagene Nase gewesen, die ihre Zähne reagieren ließ, denn er hatte sie sehen können, als Leigh an ihnen vorbei in den ersten Stock gelaufen war.
Heute Morgen hatte sie ihm gesagt, sie habe mehrere Beutel getrunken, doch er konnte sich nicht erklären, wie ihr das gelungen war. Er rechnete auch damit, ihr jetzt helfen zu müssen, nachdem er mit seiner Portion fertig war, doch auf einmal entspannte sie sich, und Sekunden später konnte er zusehen, wie ihre Reißzähne zum Vorschein kamen. Leigh lächelte zufrieden und hielt sich den Beutel an den Mund. Erstaunt und zugleich beeindruckt, dass sie ganz allein die Beherrschung über ihre Zähne erlangt hatte, musterte er sie.
Das war wirklich eine bemerkenswerte Leistung. Und dazu musste er sich auch noch vor Augen halten, dass es Morgan nicht gelungen war, sie vollständig zu kontrollieren. Laut Rachel war er nur in der Lage gewesen, ihren Körper zu führen, nicht aber ihren Geist. Leigh schien so einige interessante Fähigkeiten zu besitzen. Sie tranken jeder drei Beutel, und Leigh hätte noch nach einem vierten gegriffen, doch er versicherte ihr, das sei nicht nötig. Sie gingen zur Tür, die in die Garage führte, da stieß Leigh einen Entsetzensschrei aus: „Meine Handtasche! Ich habe sie oben liegen lassen!”
„Ich bin dann in der Garage”, rief Lucian ihr lachend nach, als sie auf der Stelle kehrtmachte und aus der Küche rannte. Er wurde gleich wieder ernst, als ihm bewusst wurde, dass er selbst auch etwas vergessen hatte. Kopfschüttelnd holte er die Kühltasche aus dem Schrank und packte mehrere Blutbeutel aus dem Kühlschrank hinein. Eben wollte er sie zum Wagen bringen, da bemerkte er ein Kratzen an der Hintertür. Er öffnete sie und ließ Julius ins Haus, den er kurz vor seinem Telefonat mit Bastien in den Garten gelassen und danach völlig vergessen hatte.
„Gut, dass du gekratzt hast, Kumpel, sonst hättest du erst Mal eine Weile draußen festgesessen”, sagte er und kraulte den Hund unterm Kinn, dann wandte er sich zum Gehen. „Benimm dich, während wir weg sind. Und renn mir ja nicht noch einmal mit einem Müll beutel durchs ganze Haus.”
Er hatte soeben die Kühltasche im Kofferraum verstaut, da kam Leigh zu ihm in die Garage.
„Fertig?”, fragte er, als er ihr die Beifahrertür aufhielt.
„Alles klar”, gab sie zurück, klopfte auf ihre Handtasche und stieg ein.
„Und?”, fuhr er fort, nachdem er ebenfalls Platz
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